Auf der Suche nach geeigneten Stoffen für das Kinder- und Jugendtheater kommt man an Cornelia Funkes Büchern nicht vorbei. „Herr der Diebe“ vereinigt die Poesie des Schauplatzes Venedig mit der harten sozialen Realität von Straßenkindern.

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Reichtum trifft auf Armut, Gefühlskälte auf Freundschaft und Zusammenhalt. Die anrührende Waisenkind-Geschichte verbindet sie mit der klassischen Struktur eines Krimis. Die Geschwister Prosper und Bo werden gesucht und verfolgt mit allen Wirrungen und Irrungen, die man sich zwischen Gassen und Kanälen Venedigs vorstellen kann – Erwachsenen beim Scheitern zuzusehen kann eben richtig lustig sein.

Die Bande, der sie sich anschließen, besteht aus sehr unterschiedlichen Temperamenten mit entsprechendem Konfliktpotenzial. Das ist sehr gut komponiert. Die Autorin findet für all das einen eigenen Ton: Direkte Jugendsprache wechselt sich ab mit bildreichen Erzählpassagen. Faszinierend ist die Fähigkeit der Autorin, den Realismus mithilfe fantastischer Zugaben ins Märchenhafte zu überführen. Damit schließt sie unsere Wahrnehmung auf und weitet unseren Blick auf die Welt des Magischen. Wie großartig ist zum Beispiel ihre Erfindung des Karussells, das erwachsene Passagiere zu Kindern und Kinder zu Erwachsenen werden lässt.

Die Autorin denkt die „Peter Pan“-Geschichte einfach andersherum. Scipio, Bandenmitglied, aber Sohn aus gutem Hause, wünscht sich nichts mehr, als endlich erwachsen zu werden, um seinem herzlosen Vater Paroli bieten zu können. Ein autonomes Leben ohne die Bevormundung der Erwachsenen ist nicht erst seit „Pippi Langstrumpf“ ein Kindertraum oder zumindest ein Denkmodell, das Freude bereitet. Die Erwachsenenwelt wird allerdings nicht nur als kalt und überheblich beschrieben.

Emmy Werner

Schlagzeile 1984: „Frau führt Regie!“

Emmy Werner ist ein Kind des Theaters, das sie über Jahrzehnte geprägt hat. Erst Pionierin, dann Prinzipalin, förderte sie junge ­Autor*innen, forderte Politiker und evaluierte gesellschaftliche Verhältnisse. Unbeirrbar lebensklug. Standhaft humanistisch. Weiterlesen...

In der Figur des Detektivs Victor und der Fotografin Ida verbinden sich die Generationen am Ende zu einem liebevollen und utopischen Lebensmodell unter einem Dach.

Vielleicht ist es für die Erwachsenen hilfreich, sich hin und wieder ihrer Kindheit zu besinnen. Oder noch besser: sich eine kindliche Sicht zu bewahren. Den Kindern wünsche ich allerdings nicht, ihre Kindheit zu überspringen, liegt doch genau in diesem Lebensabschnitt die Freiheit, eben noch keine Verantwortung tragen zu müssen. Aber das Bedürfnis, Gesellschaft mitzugestalten, sich auf Augenhöhe Gehör zu verschaffen gegen Ignoranz, Ungerechtigkeit und Unterdrückung, ist jede Unterstützung wert.

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Zur Person: Rüdiger Pape

Der 1960 geborene Theatermacher bringt Stücke für ­Kinder, Jugendliche und ­Erwachsene auf die Bühne. Am Burgtheater inszenierte er zuletzt „Des Kaisers neue Kleider“. „Herr der Diebe“ – für alle ab 6 Jahren – ist ab 25. November im Kasino zu sehen.

Zu den Terminen von Herr der Diebe!