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Die jüdische Familie Schuster trifft anlässlich des Begräbnisses von Professor Josef Schuster zusammen. Dieser hat sich das Leben genommen, weil er fand, Österreich sei „noch viel schlimmer als vor fünfzig Jahren“. Denn er erlebte die Bevölkerung auch 50 Jahre nach der Machtübernahme Hitlers weiterhin als antisemitisch, fremdenfeindlich und undemokratisch, sodass er keinen Ausweg als den Freitod für sich sah. Nun lassen die Hinterbliebenen sein Leben Revue passieren: Einst wurde der Professor von den Nazis verjagt, kam jedoch auf Bitten des Wiener Bürgermeisters zurück. Die Einstellung vieler Österreicher erschien ihm aber unerträglich. Er stürzte sich aus dem Fenster – hinaus auf den Heldenplatz, wo einst Adolf Hitler seine geschichtsträchtige Rede hielt.

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Werkgeschichte

Claus Peymann, damals Burgtheaterdirektor, gab Thomas Bernhard anlässlich des „Bedenkjahrs“ 1988 den Auftrag, ein Stück zu schreiben, das sich mit dem „Anschluss “ Österreichs an das Deutsche Reich beschäftigen sollte. Dieser lehnte zuerst ab und schrieb dann doch „Heldenplatz“. Es war die Zeit, als die Diskussion um Österreichs Rolle im Zweiten Weltkrieg erstmals tiefgehend geführt wurde, nicht zuletzt wegen der Affäre rund um Kurt Waldheim.

Über Zeitungsartikel gelangten polemische Sätze wie „Der Judenhass ist die reinste, die absolut unverfälschte Natur des Österreichers“ oder „Österreich selbst ist nichts als eine Bühne, auf der alles verlodert, vermodert und verkommen ist...“ und „sechseinhalb Millionen Debile und Tobsüchtige“ bereits vor der Uraufführung unautorisiert und ohne Kontext an die Öffentlichkeit. Das sorgte für den größten Skandal in der Theatergeschichte des Landes. Von „Österreich-Besudelung“ war die Rede. Bernhard nannte man „Nestbeschmutzer“ und Provokateur. Auch kam die Diskussion auf, ob das Burgtheater als nationale Kulturinstitution der richtige Platz für eine Aufführung des Stücks sei. Selbst hochrangige Politiker protestierten. Eine Reihe von Autoren, darunter Elfriede Jelinek, Peter Turrini und Gerhard Roth, ergriffen andererseits für Peymann und Bernhard Partei und sprachen sich dafür aus, Schriftsteller nicht zu diffamieren.

Aufführungsgeschichte

Bei der Uraufführung am 4. November 1988 in der Regie von Claus Peymann gab es Demonstrationen vor dem Burgtheater. Die Aufführung fand unter Polizeischutz statt. Sie wurde von Pfeif-Orgien und Störaktionen begleitet, bekam am Schluss aber auch 32 Minuten Applaus. „Heldenplatz“ wurde zu einer der erfolgreichsten Inszenierungen am Burgtheater.

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Prominente Namen

Bei der Uraufführung spielte Wolfgang Gasser den Bruder des Verstorbenen. Er erhielt in der Folge die Kainz-Medaille. Kirsten Dene und Elisabeth Rath waren als dessen Töchter besetzt. Anneliese Römer verkörperte Frau Zittel, die Wirtschafterin des Verstorbenen. Die Uraufführung war Thomas Bernhards letzter öffentlicher Auftritt, er starb wenige Monate später am 12. Februar 1989. Claus Peymann sprach von einem "Premierentriumph" als "letztes großes, beglückendes Geschenk" für seinen engen Weggefährten.

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