„Es wirkt nun einmal wie eine Trutzburg, gleich einer Festung“, sagte der bekannte Burgschau- spieler, als wir die Frage erörterten, wie man den Altersdurchschnitt des Publikums an der Burg und ihren Filialen senken könnte. Bei den Wiener Festwochen oder im Volks- theater mit seiner Performance-Orientierung und der „Roten Bar“ gibt’s im Publikum ein höheres Aufkommen an Piercings und Dreadlocks. Herrlich waren die Zeiten, als im Akademietheater die Gang rund um den Regisseur Nicolas Stemann eine Mammut-Jelinek-Lesung veranstaltete, die man immer wieder mit einem Kantinenbesuch unterbrechen konnte. Die Rückkehr solcher Aktionen wäre so wünschenswert. Und vielleicht ein etwas lockererer Barbetrieb im großen Haus hilfreich, wo man nach dem Bühnenspiel noch ein wenig gemeinsam chillen und sich über das Stück aufregen kann. Ein kleiner Gastro-Relaunch könnte auch nicht schaden.

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Manchmal habe ich das Gefühl, dass es dort seit meiner Kindheit (und die ist wirklich lange her) die gleichen Brötchen und Petits Fours gibt. In feinen, kleinen Off-Höhlen wie dem Bronski & Grünberg, wo man im 50-sehr-plus-Segment eher zu den Minderheiten gehört, bekommt man seinen Glauben daran zurück, dass das Weiterleben des Theaters dank dem starken Zulauf von Millennials und GenZlern gesichert ist. Was auch damit zu tun hat, dass man dort nach der Vorstellung noch entspannt an der Bar, die kitschige Wohnzimmer- Atmosphäre besitzt, lungern kann und so irgendwie ein Gesamtpaket geliefert bekommt.

Ich denke an die Volksbühne in Berlin, wo man, auch ohne eine Vorstellung zu besuchen, in der Kantine essen gehen und bei einem Vier-Euro-Gericht einer kostümierten Schauspielerin, die ihren Auftritt abwartet und auf einem Monitor das Bühnengeschehen verfolgt, in die Hafermilch blicken kann. Auch im Berliner Ensemble wird man nach dem Fall des Vorhangs nicht gleich aus dem Haus gescheucht und kann noch in Ruhe Schauspielerinnen und Schauspieler bei der Schorlen- und Rhabarbersaftvernichtung beobachten.

Vielleicht ist es aber auch an der Zeit, neue, schräge Spielstätten zu erkunden. Wenn die Millennials nicht in die bombastischen Tempel der Schauspielkunst pilgern, dann muss das Theater vielleicht zu ihnen kommen. So wie in den 1970er- und 1980er- Jahren, als es ultrahip war, auf Autofriedhöfen, in stillgelegten Fabriken, Remisen, Bahnhöfen oder Schlachthöfen laute Kunst zu machen.

Der Hype und der Kartenandrang rund um die Wiederaufnahme des „Festbanketts“ der Theatergruppe Nesterval im Februar im Wien Museum zeigte, dass der Hunger nach solchen Ereignissen jenseits des Trampelpfades groß ist. Fantastisch die Idee, eine fiktive Gastgeberin, eine Salonnière im besten Sinn, Magda Nesterval, an einer Tafel Ikonen der österreichischen Kultur wie Klimt, Falco, Eugenie Schwarzwald oder Romy Schneider versammeln zu lassen. Um Abendkleidung und eine Maske wird auf der Website gebeten, in Jeans und Turnschuhen darf man der illustren Runde nicht beiwohnen. Mag übertrieben erscheinen, ist aber dennoch begrüßenswert, denn die Tendenz zur Loungewear irgendwo zwischen Pyjama und Jogginghose in den Staatstheatern hat auch einen schalen Beigeschmack.

Noch eine gute Nachricht: Es gibt ein Restaurant mit dem illustren Namen „Trude & Töchter“ im Wien Museum, also alles sehr aufregend!

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Zur Person: Angelika Hager

Sie leitet das Gesellschaftsressort beim Nachrichtenmagazin „profil“, ist die Frau hinter dem Kolumnen- Pseudonym Polly Adler im „Kurier“ und gestaltet das Theaterfestival „Schwimmender Salon“ im Thermalbad Vöslau (Niederösterreich).