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Zwischen den Stühlen ... und zwar im besten Sinn: Gemeinsam mit Lukas Schrenk schreibt Nils Strunk Textfassung und Musik und führt Regie.

Zwischen den Stühlen ... und zwar im besten Sinn: Gemeinsam mit Lukas Schrenk schreibt Nils Strunk Textfassung und Musik und führt Regie.
Foto: Marcel Urlaub

Nils Strunk auf Gullivers Reisen durchs Burgtheater

Burgtheater

Nils Strunk und Lukas Schrenk laden zu einem musikalischen „Spektakel für alle“. Die unbändige Theaterliebe der beiden Multitalente fließt diesmal in den Klassiker „Gullivers Reisen“.

Es ist nicht einfach, die beiden Theatermacher Nils Strunk und Lukas Schrenk in einem ruhigen Moment zu erwischen. Denn sie sind schnell. In ihren Entscheidungen auf der Probe, auf ihren Pendelstrecken zwischen Burgtheater und Probebühne wie auch beim Formulieren ihrer Antworten auf Interviewfragen. Wobei Letzteres vor allem für Nils Strunk gilt. Schwer zu fassen ist auch, wie sich all die Dinge, die sie tun, ohne passende Zeitreiseinstrumente nebeneinander ausgehen.

Bei aller Unbegreifbarkeit ihr Arbeitspensum betreffend, ist das kongeniale Duo, das Wien bereits mit mehreren Inszenierungen beglückte, aber auch unglaublich nahbar und offen, wenn es darum geht, über seine Arbeit und seine Liebe zum Theater zu sprechen. Offen steht uns an diesem sonnigen Oktobertag zudem auch die Tür zur Probebühne des Burgtheaters, wo Strunk und Schrenk gerade an „Gullivers Reisen“ arbeiten. Dass sie später im Interview – im Zusammenhang mit ihrer Theaterarbeit – häufig das Adjektiv „einladend“ verwenden werden, passt gut zu dieser seltenen Möglichkeit, einen kurzen Einblick in den Entstehungsprozess eines Stücks zu bekommen.

Lukas Schrenk und Nils Strunk haben Textfassung und Musik zusammen geschrieben, auch für die Regie zeichnen sie gemeinsam verantwortlich. Im Laufe der Probe springt Lukas Schrenk außerdem für einen Kollegen ein und Nils Strunk hüpft zwischendurch auf den Klavierhocker. Einmal mehr wird klar: Die Mehrfachverantwortung führt bei den beiden Künstlern nicht dazu, dass sie zwischen den Stühlen sitzen, sondern dazu, dass sie sich auf sehr organische – und natürlich auch flinke – Weise zwischen ihnen hin und her bewegen. Gerade hätten sie eine Szene geprobt, die noch „sehr in den Kinderschuhen steckt“, wie Nils Strunk und Lukas Schrenk im Interview nach der Probe betonen.

„Wir schreiben immer Stücke, die wir selbst
auch gern spielen und sehen würden.“ Lukas Schrenk, Schauspieler, Regisseur & Autor
Foto: Marcel Urlaub
„Wir schreiben immer Stücke, die wir selbst auch gern spielen und sehen würden.“ Lukas Schrenk, Schauspieler, Regisseur & Autor

„Es ist auch eine Überforderung. Und manchmal ist es auch chaotisch, aber das darf es auch sein“, hält Nils Strunk fest und zitiert Heiner Müller: „Theater ist kontrollierter Wahnsinn.“ Letztendlich rühre ihre Hingabe vor allem daher, dasssie genau das Theater machen möchten, das sie selbst auch sehen wollen, sind sich die beiden Multitalente einig. „Wir probieren die Texte auch immer selber aus, was nicht bedeutet, dass die Schauspieler*innen das genauso spielen müssen, sondern wir freuen uns über andere Angebote. Gleichzeitig schreiben wir aber immer Stücke, die wir selbst auch gern spielen würden“, sagt Lukas Schrenk.

Auf der Probebühne.
Foto: Marcel Urlaub
Auf der Probebühne.

Das große Besteck

„Gullivers Reisen“ sei zum „ergötzlichen Kinder- und Märchenbuch“ gestempelt worden, schrieb Hermann Hesse über Jonathan Swifts aus vier Abenteuern bestehende Geschichte. „Es ist ein satirischer und zeitloser Roman, der viel über das Zusammenleben von Menschen in verschiedenen Gesellschaftsformen erzählt. Gleichzeitig ist ‚Gullivers Reisen‘ auch eine aufregende Fantasy-Erzählung und ein Titel, zu dem viele Menschen eine Idee haben, obwohl sie vielleicht nicht den ganzen Roman gelesen haben“, bringt es Lukas Schrenk auf den Punkt.

Der Roman erzähle auch viel über das Altern, ergänzt Nils Strunk. „Am Ende des Texts treffen wir auf einen alten Menschen mit jugendlichem Idealismus, der ihm allerdings wieder genommen wird. Zuerst denkt er, die Welt mithilfe jener Erkenntnisse, die er auf seiner Reise gewonnen hat, zu einem besseren Ort machen zu können, dann bleibt jedoch alles genauso wie zuvor.“

Nach „Die Zauberflöte“ und „Schachnovelle“ in der BURG, „Killing Carmen“
in der Wiener Volksoper und „Die komische Tür“ im Dschungel Wien bringen
Nils Strunk und Lukas Schrenk nun „Gullivers Reisen“ in Wien auf die Bühne.
Foto: Marcel Urlaub
Nach „Die Zauberflöte“ und „Schachnovelle“ in der BURG, „Killing Carmen“ in der Wiener Volksoper und „Die komische Tür“ im Dschungel Wien bringen Nils Strunk und Lukas Schrenk nun „Gullivers Reisen“ in Wien auf die Bühne.

Musikalisch hätten sie unterschiedliche Inspirationsquellen angezapft, halten die beiden Theatermacher fest. „Wir schreiben bei dieser Arbeit nichts um. Das ist natürlich ein Wagnis, weil ich mich andauernd frage, ob ich das überhaupt kann. Oder ich nicht doch Mozart dafür brauche. Am Ende ist es aber einfach jene Musik, die aus uns raussprudelt“, so Strunk.

Das Stück

basiert auf Jonathan Swifts 1726 erschienenem Roman „Gullivers Reisen“, der aus vier Teilen besteht. Jeder Abschnitt beschreibt ein anderes Abenteuer, in das sich der titelgebende Protagonist Lemuel Gulliver Hals über Kopf hineinstürzt. Der satirische Text, mit dem Swift die gesellschaftlichen Missstände seiner Zeit kritisierte, wurde vor allem – oft in verkürzter Form – als Jugendbuch rezipiert. Nils Strunks und Lukas Schrenks Bearbeitung ist ein musikalisches Spektakel für alle. Das bedeutet: ideal ab acht Jahren! Verpflichtend ab 21! Verjüngend ab 40!

Nur Sog, kein Druck

Das gelte im Übrigen für den ganzen Abend, der als „Spektakel für alle“ gedacht ist. Das bedeutet: Theaterzauber in Hülle und Fülle. Oder wie Nils Strunk es formuliert: „Der dicke Pinsel, das große Besteck.“ Unterhaltung sei für sie außerdem alles andere als ein Schimpfwort, erklären die beiden beinahe unisono.

„Unterhaltung heißt für mich, wach auf seinem Stuhl zu sitzen und dem, was da oben auf der Bühne passiert, gebannt zu folgen“, bringt es Nils Strunk auf den Punkt.

Unsere Empfehlung lautet: Ideal ab 8 Jahren! Verpflichtend ab 21! Verjüngend ab 40!
Foto: Marcel Urlaub
Unsere Empfehlung lautet: Ideal ab 8 Jahren! Verpflichtend ab 21! Verjüngend ab 40!

Die Frage, wie man so eine intensive Arbeitsbeziehung frisch hält, stelle sich ihnen zum gegebenen Zeitpunkt glücklicherweise nicht. „Ich hatte noch nie das Gefühl, einen Kompromiss machen zu müssen, sondern finde eher, dass durch die Zusammenarbeit alles stimmiger wird. Es war noch nie so, dass ich lieber etwas alleine gemacht hätte, weil es mir dann mehr entsprochen hätte. Außerdem teilt man auch den Druck, die Verantwortung, die organisatorische Arbeit und die Sorgen“, sagt Lukas Schrenk.

Nils Strunk quittiert die Aussagen seines Kollegen mit einem Nicken. „Ich könnte das alleine gar nicht. Ich sage es, wie es ist. Deshalb kann ich allen, die sich gut verstehen, nur empfehlen – arbeitet im Duo, gründet eine Band!“

Das Stück verspricht ein „Spektakel für alle“ zu werden.
Foto: Marcel Urlaub
Das Stück verspricht ein „Spektakel für alle“ zu werden.

Nach vier erfolgreichen Produktionen genießen Strunk und Schrenk bei der Stoffauswahl gerade sehr viel Freiheit. „Momentan fühlt es sich total nach Sog und nicht nach Druck an“, fasst Nils Strunk seinen Gefühlsstatus zusammen. „Wir empfinden immer noch eine kindliche Freude darüber, dass wir das alles gerade machen dürfen“, fügt Lukas Schrenk hinzu. Man glaubt es ihm sofort.

Nach dem Gespräch müssen die beiden schnell los. Hätten sie eine Form von Zeitmaschine zur Verfügung, würden sie bestimmt drei Stücke parallel auf die Bühne zaubern. Aktuell müssen sie sich jedoch mit ihren Fahrrädern begnügen. Immerhin ist bei so viel Momentum nicht mit Gegenwind zu rechnen. Wobei sich der Wind in Wien auch schnell drehen kann, wie Nils Strunk weiß: „Nach der ‚Zauberflöte‘ wurde ich schon auch auf der Straße beschimpft. Dafür liebe ich Wien aber auch – für genau diese Lebendigkeit.“

Hier geht es zu den Spielterminen von "Gullivers Reisen" im Burgtheater!

Erschienen in
Bühne 09/2025

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Universitätsring 2
1010 Wien
Österreich
Foto beigestellt
Sarah Wetzlmayr
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