Nach etwas mehr als vierzig Jahren im Beruf – nicht nur als Schauspieler, sondern unter anderem auch als Regisseur und Schauspieldirektor – hat Stefan Suske stets einen mit Erfahrungen und Erlebnissen vollgepackten Rucksack bei sich. Das bedeutet jedoch nicht, dass darin kein Platz mehr für Neues ist. Ganz im Gegenteil. Gerade erst hat ihn der großgewachsene Schauspieler mit Eindrücken aus der Probenarbeit mit dem belgischen Regisseur Luk Perceval befüllt. Das Besondere daran: Die erste Probenphase seines Shakespeare-Abends „Rom“, der ab April 2024 im Volkstheater zu sehen ist, wurde live auf Twitch gestreamt - und ist dort auch nach wie vor abrufbar. „Für uns Schauspieler*innen war das totales Neuland“, erinnert sich Stefan Suske.

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Luk Perceval

Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut

Sich Zeit zu nehmen sei für ihn mittlerweile ein Akt der Anarchie geworden, erzählt der preisgekrönte belgische Theatermacher Luk Perceval. Bei Theaterproben zum Beispiel, die ihm als Ort des Austauschs zwar heilig sind, aber niemals unantastbar sein sollten. Weiterlesen...

„Der anfängliche Druck hat sich jedoch schnell in Spaß verwandelt“, fügt er hinzu. Dass Dinge missglücken, gehört einfach zum Probenprozess dazu.“ Es kristallisierte sich sogar immer deutlicher heraus, dass gerade die Momente des Scheiterns für die Zuschauer*innen besonders interessant waren. „Auch bei Vorstellungen kann aus einer scheinbar verpatzten Szene eine großartige Stimmung entstehen“, fügt der Schauspieler lachend hinzu und erinnert sich dabei an eine Molière-Inszenierung, in der er für einen erkrankten Kollegen einsprang und aufgrund eines Texthängers eine Szene zweimal spielen musste. „Das Publikum hat es geliebt, weil es genau diese Augenblicke sind, die den Live-Charakter des Theaters ausmachen.“

Stefan Suske Volkstheater
In den Alpen // Après les alpes. Stefan Suske in Claudia Bossards fulminantem Doppelabend im Volkstheater. Der großgewachsene Schauspieler ist in dieser Spielzeit außerdem in der Inszenierung „Einsame Menschen“ zu sehen.

Foto: Marcel Urlaub

Ins Theater ist Stefan Suske eher reingerutscht, erzählt er im Interview, das im holzvertäfelten Sitzungszimmer des Volkstheaters stattfindet. Die Stimmung ist gelöst, der Schauspieler ist in Redelaune. Mit ruhiger Stimme beginnt er seinen Karriereweg nachzuzeichnen: „Ich habe in Graz Medizin studiert und bin in einem Kreis von sehr offenen und kunstaffinen Menschen gelandet. Wir hatten einen Keller zur Verfügung, in dem wir uns in allen möglichen Sparten ausgetobt haben. Während dieser Zeit habe ich gemerkt, dass es mir großen Spaß macht, mich intensiv, aber nicht ewig lange mit einer Sache zu befassen. Ich habe mir eine Auszeit vom Medizinstudium gegönnt und mich in Graz an der Schauspielschule beworben.“

Angezogen fühlte sich Stefan Suske jedoch nicht nur von der Schauspielerei, sondern vom Theater in seiner bunten, sprudelnden Gesamtheit. „Eigentlich wollte ich Bühnenbildner werden. Ich glaube, dass ich mittlerweile fast alles ausprobiert habe, was man am Theater machen kann.“ Auch Schauspieldirektor war Stefan Suske bereits – von 2004 bis 2007 am Stadttheater Bern. „Das waren drei ziemlich turbulente Jahre“, resümiert der Schauspieler, der sich selbst als Ensemblemensch bezeichnet. „Ich komme aus einer Großfamilie, vielleicht hat es damit zu tun“, ergänzt er lachend.

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Ans Volkstheater wollte er schon zu Beginn seiner Karriere – „2015, als ich es längst aufgegeben hatte, klappte es dann endlich.“ Das aktuelle Ensemble findet er wunderbar. „Ich schätze die ellbogenfreie Zusammenarbeit. Dass beim Applaus alle gemeinsam an die Rampe gehen, ist keine symbolische Geste, sondern gelebte Realität. Das finde ich schön.“