„Manche möchten schneller sterben oder länger lieben“
Anja Bihlmaier gilt als eine der bedeutendsten Dirigentinnen ihrer Generation. Wie magische, musikalische Momente ihre Technik zu dirigieren ändern können und wie man sich als Frau im Klassikbetrieb durchsetzt, erzählte sie der BÜHNE.
Wie funktioniert dirigieren? Worauf kommt es im Zusammenspiel mit den Musikerinnen und Musikern an? Und warum gibt es auch heute noch viel weniger Dirigentinnen als Dirigenten? Im Moment gibt es kaum eine bessere Gesprächspartnerin zu diesen Fragen als Anja Bihlmaier. Sie ist eine der bedeutendsten deutschen Dirigentinnen ihrer Generation. Sowohl im Bereich Oper als auch in der nationalen und internationalen sinfonischen Konzertlandschaft feierte sie in den vergangenen Jahren große Erfolge. Ab Sommer 2021 ist sie Chefdirigentin des Residentie Orkest Den Haag. Seit August 2020 ist sie erste Gastdirigentin der Sinfonia Lahti, Finnland.
Zur Zeit dirigiert sie Mozarts Zauberflöte an der Wiener Volksoper. Die BÜHNE traf die 42-Jährigen in einer Probenpause und sprach mit ihr über Mozarts Magie, Proben, die sich wie ein Date anfühlen, Dirigentinnen-Quoten und die körperlichen und mentalen Strapazen des Dirigierens.
Sie haben in den vergangenen Jahren mit wahnsinnig vielen Orchestern und Sängern zusammengearbeitet. Wie ist das, wenn man als Dirigentin das erste Mal die Musikerinnen und Musiker tritt?
Anja Bihlmaier: Es ist wie ein Date. Da ist Vorfreude, man ist gespannt. Aber man bekommt meistens schon nach ein paar Minuten gemeinsamen Musizierens ein Gefühl füreinander. Für mich ist das immer sehr beglückend.
Aber ein Date kann ja auch schief gehen?
Anja Bihlmaier: Ja, schon. Aber ich habe glücklicherweise erst einen schwierigen Moment erlebt. Das war in Sizilien und dort fehlte mir die Disziplin im Orchester. Das war auch das einzige Mal, bei dem ich den Eindruck habe, dass die Musiker nicht daran gewöhnt waren, von einer Frau dirigiert zu werden. Und es war auch das erste und hoffentlich letzte Mal, dass ich eine Probe abgebrochen habe.