Sieben Fragen an Kristina Sprenger: Schon mal einen Truthahn im Mistkübel entsorgt?
„Single Bells“, der Kultfilm der 90er, kommt als Theaterstück auf die Bühne – zuerst in Wien und dann in ganz Österreich. Kristina Sprenger spielt das Luiserl. Wir haben mit ihr über das Stück, die Gefahren der KI und die Theaterzukunft gesprochen.
1. Schon einmal einen Truthahn im Mistkübel entsorgt und dann doch wieder herausgenommen und ins Rohr geschoben?
Einen Truthahn nicht, aber ein Hendl. Und das ist auch nicht dem Weihnachtsfest zum Opfer gefallen, sondern meinem Hund, der Vroni. Die hat das Brathendl erwischt und da war dann nicht mehr viel über. Ich habe die Reste entsorgt und auch im Mistkübel gelassen ... (lacht)
2. Wie groß ist der Druck, das Luiserl zu spielen, deren Rolle nahezu jeder TV-Zuseher auswendig kennt?
Wir versuchen alle, niemanden zu kopieren – schon gar nicht die großartigen Kolleg*innen, die diesen Film so erfolgreich gemacht haben. Das Bühnenstück ist ein ganz neues Projekt. Der Film wurde 1997 gedreht – es sind also doch ein paar Jährchen ins Land gegangen –, aber der Film hat es geschafft, ein Klassiker zu werden, bei dem man die Ästhetik ausblendet und ganz bei der Geschichte bleibt. Und genau das werden wir auch tun. Wir werden die Zitate verwenden, die jeder im Kopf hat, aber ich glaube, man kann alle Figuren neu erzählen und ihnen trotzdem treu bleiben.
3. Warum hat gerade Weihnachten ein derartiges Eskalationspotenzial?
Weihnachten, Hochzeiten und andere große Feiern sind oft ein Risiko, weil man den Anspruch hat, einen perfekten Abend gestalten zu wollen. Alles muss wunderbar, harmonisch und großartig sein – und je größer der Anspruch, desto höher das Potenzial zu scheitern. Ich meine, sind wir doch ehrlich: Die lustigsten Abende sind jene, die spontan entstehen. Angeordnete gute Laune funktioniert nicht oder nur selten. (lacht)

4. Es gibt beruflich mehrere Kristina Sprengers: die Schauspielerin, die Intendantin von Berndorf, die Obfrau des Theaterfests Niederösterreich und dann noch die Geschäftsführerin in der Firma ihres Mannes ...
In der Firma meines Mannes habe ich recht wenige Aufgaben, daher würde ich das einmal ausblenden. (lacht) Beim Theaterfest haben wir 19 Spielorte und 19 Intendant*innen. Eines meiner Talente ist, dass ich eine Zusammenführerin bin. Es gibt in unserer Welt viele Befindlichkeiten, aber ich kann mich gut zurücknehmen und auch den solidarischen Prozess anregen. Vielleicht kommt das Talent auch daher, dass ich ein Sandwichkind zwischen zwei Schwestern und immer eine Mediatorin innerhalb der Familie war – diese Erfahrung kommt mir jetzt sehr zugute. Und als Intendantin finde ich es großartig, dass ich gestalterisch arbeiten darf: das Stück auswählen, die Regisseure, die Besetzung. Es ist viel Verantwortung, weil man ja auch für den Verkauf Verantwortung trägt. Das ist etwas, das man wollen muss – und mir liegt das nicht nur, ich will.

6. Keine Sorge, dass es bald eine digitale Kristina Sprenger geben wird?
Doch. Unsere Stimme, unser Gesicht, das Recht auf Individualität, das ist alles in Gefahr und reproduzierbar. Die KI kann eine berühmte Stimme wie die von Gregor Seeberg bereits imitieren. Einer Kollegin wurde angeboten, ihre Stimme für 60.000 Euro an ein Studio zu verkaufen. Das ist unheimlich und da muss es auch politische Lösungen geben, da müssen Weichen gestellt werden, bevor es zu spät ist und wir Schauspieler unsere Rechte verlieren.
7. Macht uns Theater schöner?
(lacht) Wenn eine Kunstform es schafft, dass wir einen Perspektivenwechsel vollziehen, dann macht das was mit uns. Vielleicht lernen wir dann, mehr Geduld und Verständnis mit anderen zu haben und uns selber nicht so ernst zu nehmen. Vielleicht ist es aber auch nur ein lustiger Abend. Zwei Stunden, in denen man hemmungslos lacht und den Alltag vergisst. Das erhöht unsere Lebensqualität und macht vielleicht nicht uns selber, aber unser Leben schöner.