Zum Inhalt springen

Nina Spijkers studierte Regie in Amsterdam und gab 2015 ihr Debüt mit Sarah Kanes „Phaedraʼs Love“. Ihre Inszenierungen, zum Beispiel 2016 Schillers „Don Karlos“ und 2017 Tschechows „Iwanow“, brachten ihr frühen Erfolg. 2023 realisierte sie an der Volksoper „Die lustigen Weiber von Windsor“. Nun folgt mit „Eine Nacht in Venedig“ ihre erste ­Operetten-Regie.

Nina Spijkers studierte Regie in Amsterdam und gab 2015 ihr Debüt mit Sarah Kanes „Phaedraʼs Love“. Ihre Inszenierungen, zum Beispiel 2016 Schillers „Don Karlos“ und 2017 Tschechows „Iwanow“, brachten ihr frühen Erfolg. 2023 realisierte sie an der Volksoper „Die lustigen Weiber von Windsor“. Nun folgt mit „Eine Nacht in Venedig“ ihre erste ­Operetten-Regie.
Foto: Lowiegraphy

Paradoxes Begehren

Volksoper

Lustvolle Intrigen hinter raffinierten Masken: Regisseurin Nina Spijkers verdichtet „Eine Nacht in Venedig“ zur popkulturellen Komödie, ohne den Operettencharme von Johann Strauss zu schmälern. Im Mittelpunkt: die Musik.

Finale furioso. Das Jubiläumsjahr zum 200. Geburtstag des Walzerkönigs neigt sich langsam dem Ende zu, was selbst unverbrüchlichen Adoranten nicht ganz unrecht ist. Allmählich schleicht sich doch so etwas wie ein Gefühl der Überzuckerung ein, was freilich nicht an den Qualitäten von Johann Strauss liegt, sondern lediglich an der Menge des Gezeigten.

„Eine Nacht in Venedig“ verspricht nun ein krönendes Feuerwerk im Partyreigen zu werden, wofür Nina Spijkers die ideale Pyrotechnikerin abgibt. Denn die Regisseurin bewies schon mit ihrer Inszenierung von „Die lustigen Weiber von Windsor“ eine feine Humorklinge, ohne den Klangfokus zu verlieren.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass es zuerst einmal die Partitur war, die sie an ihrer ersten Wiener Operette interessiert hat. „Dieses Stück ist voller schöner Musik in unterschiedlichsten Atmosphären. Manche Melodien sind amüsant und fröhlich, sie setzen sich in deinem Kopf fest und entwickeln sich zu Ohrwürmern. Andere erwecken wiederum tiefe Gefühle von Sehnsucht und Liebe. Die eklektische Natur der Musik macht mir große Freude. Außerdem gibt es in dieser Operette eine ganze Reihe von Charakteren, denen gleichermaßen viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, wodurch sich für das Publikum viele Identifikationsmöglichkeiten bieten.“

Sie wolle dem Werk unbedingt gerecht werden und empfinde gerade im Strauss- Jubiläumsjahr eine große Verantwortung.

„Aber ich bin wirklich gut vorbereitet auf diese Arbeit, denn ich hatte zwei Jahre Zeit dazu. Ein bisschen fühle ich mich wie ein Eichhörnchen, das fleißig Ideen gesammelt hat, die nun alle herauswollen“, lacht sie. Ihre Intention sei es, die klassische Operettenwelt – etwa in Form der Kostüme – mit Referenzen an die Populärkultur zu verschmelzen.

„Das Duett von Ciboletta und Pappacoda ist beispielsweise vom Film ,La La Land‘ inspiriert.“

Das Stück

Der Herzog von Urbino, ein Lebemann und Frauenheld, möchte den Karneval nutzen, um amouröse Eroberungen zu wagen. Konkret hat er Barbara, Gattin des Senators Delaqua, ins Auge gefasst. Mehrere Pläne, dies zu verhindern oder zu befördern, durchkreuzen einander – und so steht der Herzog schließlich gar vor drei Barbaras.

Batman und das Spiegelei

Die Geschichte rund um den Herzog von Urbino, der sich im Karneval gern mit Barbara, der Frau des venezianischen Senators Delaqua vergnügen würde, was insofern zum Scheitern verurteilt ist, als alle ihr eigenes Vergnügungssüppchen kochen, ist ein hochkomisches Lehrstück über Hedonismus und Eskapismus.

„Wir haben uns beim Bühnenbild an alten Pop-up-Büchern orientiert, weil uns das Erzählen der Geschichte so wichtig ist. Wenn man dieses Buch aufklappt, wird Venedig in einem Mix aus Historie und Moderne zu pulsierendem Leben erweckt. In einer Nummer des Makkaronikochs Pappacoda etwa tanzen auch Batman, Super Mario und ein Spiegelei. Dabei geht es lediglich darum, die Lust an der Verkleidung, die wir alle kennen, darzustellen.“

Sie wolle dem Werk keinerlei aktivistische Botschaft zugrunde legen, betont Nina Spijkers.

„Ich möchte den Menschen einen möglichst unterhaltsamen Abend bieten. Aber vielleicht ist auch das schon Aktivismus, denn Spaß und Humor sind wirksame und notwendige Waffen gegen die Unterdrückung. Und dafür ist Kunst doch da. Natürlich kann man den Zustand der Welt nicht leugnen, aber wir brauchen manchmal alle das Lachen und die Freude, um der Realität zu entfliehen und unsere Batterien wieder neu aufzuladen.“

Keine Lust auf Venedig

Nina Spijkers war noch nie in der Lagunenstadt. „Ich glaube, jeder hat eine Utopie von Venedig im Kopf, weil diese Stadt schon so oft Schauplatz romantischer Geschichten war, und ich möchte mir diese perfekte Vorstellung nicht von der Realität zerstören lassen. Außerdem reise ich eher, um von den Menschen wegzukommen (lacht). Ich bin mehr der nordische Typ, ich habe es gern kalt und bevorzuge Island, Schottland oder Skandinavien.“

Als Tochter eines bekannten holländischen Schauspielers hatte sie bereits mit sechs Jahren, als sie „Hamlet“ sah, ihr berufliches Erweckungserlebnis.

Zum Theater zu gehen, sei mehr oder weniger ihre Bestimmung gewesen. Was sind – neben dem Ungemach, vor Ideen zu sprudeln – die größten Herausforderungen ihres Berufs? Nina Spijkers lacht.

„Man muss als Regisseurin mutig genug sein, durch die Augen des Publikums auf seine Arbeit zu schauen. Also das zu sehen, was da ist, und nicht das, was man zu sehen erhofft. Und wenn man erkennt, dass etwas nicht richtig ist, muss man die Courage haben, es zu ändern. In dieser Weise ehrlich zu sich selbst zu sein, ist wirklich hart.“

Welche Musik hört sie eigentlich privat?

„Im Moment sehr viel Radiohead, weil ich ,Hamlet‘ als Musical mit deren Musik plane. Und ich höre die unterschiedlichste Musik mit meiner Tochter, die zweieinhalb Jahre alt ist. Warum auch immer, hat sie aktuell ein Faible für Mozart …“

Hier geht es zu den Spielterminen von Eine Nacht in Venedig in der Volksoper!

Erschienen in
Bühne 08/2025

Zum Magazin

Mehr zum Thema
1 / 11