Mythos Rauhnächte: Wie der Jahreswechsel zur inneren Einkehr verhilft
Spätestens, wenn sich das alte Jahr an Silvester buchstäblich in Rauch auflöst, beginnen viele, sich Vorsätze und Pläne für die folgenden 12 Monate vor Augen zu führen. Die Rauhnächte sind der perfekte Rahmen dafür, sich zu fokussieren und völlige Klarheit in Zeiten der Dunkelheit zu gewinnen.
Wie wollen wir das alte Jahr ausklingen lassen? Was nehmen wir mit aus den vergangenen 12 Monaten und wie soll unser neues Jahr im Detail aussehen?
Es sind Fragen wie diese, die rund um den Jahreswechsel bei fast jedem auftauchen. Immerhin bedeutet jeder Januar auch ein Neuanfang und der Abschluss eines 12-Monate-Zyklus'. Insbesondere an den Tagen nach Weihnachten, wenn die Besinnlichkeit langsam davonfliegt, erleben viele eine Gefühlsachterbahn zwischen Unsicherheit, Hoffnung, Tatendrang und Sinnessuche. Die mystischen und geheimnisvollen zwölf Nächte zwischen dem Fest und dem Dreikönigstag werden seit jeher auch als Rauhnächte bezeichnet.
Angst führte zu Ritualen
Tatsächlich waren die Tage »zwischen den Jahren« früher besonders ungemütlich und rau, geprägt von Eis, Schnee und Sturm sowie winterlicher Dunkelheit. Darauf geht der Name Rauhnächte zurück. Im Mittelalter war diese Zeit besonders angstbesetzt, man glaubte, dass Dämonen über den Himmel ziehen, die Welt verdunkeln und das schlechte Wetter mit sich bringen. Um sich die schlechten Omen und negativen Geister vom Leib zu halten, wurden Rituale und Bräuche erfunden, die noch bis heute zum Teil Bestand haben und stetig weiterentwickelt wurden.
Räuchern
Schon früher sollen Bauern ihre Ställe und das Wohnhaus mit Kräutern ausgeräuchert haben, um Geister zu vertreiben. Noch heute gilt Räuchern als eines der beliebtesten Rituale in den Rauhnächten. So sollen schlechte Energien aus dem Vorjahr beseitigt werden, damit sie nicht in das neue Jahr überführt werden. Auch der Körper soll durch das Räuchern bereinigt werden, insbesondere nach der konsumvollen Zeit im Dezember.
Zum Räuchern eignen sich Salbei- oder Weihrauch-Bündel. Diese werden entzündet und in leicht schwungvollen Bewegungen durch jedes Zimmer des Hauses oder der Wohnung geführt. Räucherschalen sind perfekt für Räucherstäbchen oder Räucherpulver.
Journaling und Visionboards
Die Zeit zwischen den Jahren eignet sich dazu, seine Gedanken zu fokussieren, innerlich einzukehren und Pläne für die kommenden zwölf Monate zu schmieden. Beim Journaling werden ebendiese Gedanken gebündelt und wie in einer Art Tagebuch festgehalten. Vorgegebene Fragen können den Prozess vereinfachen und zum Reflektieren anregen.
Wer etwas mehr Zeit hat, kann sogenannte Vision- oder Moodboards für die unterschiedlichen Bereiche des eigenen Lebens erstellen, zum Beispiel Job, Beziehung, Hobbys oder Interieur. Ausgedruckte Fotos oder ausgeschnittene Bilder aus Zeitschriften sowie Stichpunkte helfen, sich seiner eigenen Wünsche und Ziele bewusster zu werden und diese zu visualisieren.
Orakelkarten
Das wohl bekannteste Rauhnächte-Ritual ist das Orakel. Dafür werden 13 kleine Zettel mit Manifestationen für das neue Jahr beschriftet. Wichtig: Die Wünsche und Ziele sollten so verfasst werden, als wären sie bereits eingetroffen. Die fertigen Zettel werden dann gefaltet und in eine Schale gelegt.
Während der Rauhnächte wird an jedem Abend ein Zettel aus der Schale gezogen und über einer Flamme verbrannt, ohne ihn vorher zu öffnen und zu lesen. Es heißt, das Universum samt seiner Geister würde sich höchstpersönlich um die Erfüllung kümmern. Dabei stehen jeder Zettel und jede Rauhnacht für einen Monat des Folgejahres.
Ein Zettel bleibt mit Abschluss der Rauhnächte übrig. Brauchtumsforscherin Lisa Maubach erklärt dazu: »Den 13. behält man - für die Erfüllung dieses Wunsches ist man selbst zuständig.«