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Christian Kroepfl (c) beigestellt

Christian Kröpfl über Circular Design: »Eine Runde Sache mit Ecken und Kanten«

Interview
Design

Der Designer, Architekt, Kurator und Querdenker ist ein Wegbereiter auf vielen Ebenen der Nachhaltigkeit. Circular Design ist für ihn mehrfach zukunftsweisend. Im Interview erzählt Kröpfl, was es mit Luxusmöbeln im Wald auf sich hat und wieso die Wegwerfmentalität längst obsolet ist.

Er ist das personifizierte Engagement für Kreislaufwirtschaft im Design­bereich. Aber auch die nachhaltige Architektur sowie die Herstellung und die Nutzung von ebenso hochwertigen wie funktionalen Möbelstücken liegen ihm am Herzen. Und das schon seit Beginn seines kreativen Schaffens. Geht es um zeitgemäßes Circular Design, kommt man an Christian Kroepfl jedenfalls nicht vorbei. Der Architekt und Designer ist Österreichs Vorreiter auf diesem Gebiet und zugleich aktiver Botschafter für Nachhaltigkeit: Von Lustenau und Wien aus entwickelt er Marken und Möbelkollek­tionen für heimische und internationale Unternehmen und vernetzt zudem als Kurator großer Design-Events und Ausstellungen die ganze Branche, indem er sie mit kreativen Konzepten zu ökologisch und sozial nachhaltigen Gestaltungsstrategien animiert – gerade erst im AußenwirtschaftsCenter in Paris, im März 2025 bei der »Wohnen & Interieur« in Wien. Die Arbeiten des gebürtigen Vorarlbergers werden weltweit ausgestellt, wurden schon in verschiedene Sammlungen aufgenommen und mit mehr als 50 nationalen und internationalen Designpreisen ausgezeichnet.

Was meinen Sie, ist Circular Design ein Trend oder eine Notwendigkeit?

Beides. Und das ist gut so. Denn dass man Dinge wiederver­wendet und dem Kreislauf zuführt, ist leider noch keine Selbstverständlichkeit.

Wofür genau steht Circular Design?

Im Circular Design werden Prinzipien der Weiternutzung, also etwa Re-Use, und der sozialen Interaktion in allen Produktlebens­zyklen mitgedacht. Wichtig sind hier nicht nur ökologisch, sondern auch sozial nachhaltige und partizipative Gestaltungsstrategien. Dazu gehören lange Lebensdauer, Materialreduktion, wenig Abfall bei der Herstellung und möglichst auch Regionalität, etwa Material aus der Umgebung sowie Holz aus nachhaltiger Bewirtschaftung. Und auch die implizit mitgedachte Reparaturfähigkeit. Circular Design ist eine runde Sache im Sinne der Kreislaufwirtschaft, hat aber noch ihre Ecken und Kanten.

Inwiefern? Das klingt nach einigen Tücken …

Gerade bei industriellem Design gibt es noch viele Bereiche, wo nicht Langlebigkeit angestrebt, sondern die Wegwerfmentalität gefördert wird. Insbesondere in der Modebranche, aber auch zum Beispiel bei Matratzen, die noch massenhaft und zu Lasten der Umwelt entsorgt werden, statt einzelne Komponenten wiederzuverwerten. Die Circular-Design-Herangehensweise hingegen reduziert durch Upcycling nicht nur die Abfallmenge, sondern führt auch zu neu gedachten, innovativen Designs.

Wie erleben Sie hier die Möbelbranche?

Ambitioniert, aber noch zu sehr zurück­haltend. Man hört den Pessimist:innen leider eher zu, als dass man die Argumente der Optimist:innen verinnerlicht. Immerhin: Bei ungen Designer:innen ist Nachhaltigkeit bereits eine Haltung, die in ihrem Bewusst­-sein verankert ist und im schöpferischen Prozess dann zutage kommt. Das macht zuversichtlich.

 

Metallfreie Eleganz: »finiix« ist Österreichs erste CO2-
neutrale Möbelkollektion, die Christian 
Kroepfl gemeinsam mit Andrés Fredes für guut entwickelt hat. guut.at

Metallfreie Eleganz: »finiix« ist Österreichs erste CO2- neutrale Möbelkollektion, die Christian Kroepfl gemeinsam mit Andrés Fredes für guut entwickelt hat. guut.at

(c) Kapelari
Nachhaltiges Multitalent: »nivoo« ist ein nachhaltiger Schreibtisch für alle zwischen drei und 99 Jahren. Aus Eschenholz und farbigem MDF gefertigt, wird er ­metallfrei gesteckt und mit Schnur, Dübeln und Holzschrauben versteift und gesichert.

Nachhaltiges Multitalent: »nivoo« ist ein nachhaltiger Schreibtisch für alle zwischen drei und 99 Jahren. Aus Eschenholz und farbigem MDF gefertigt, wird er ­metallfrei gesteckt und mit Schnur, Dübeln und Holzschrauben versteift und gesichert.

(c) Dr.Photo
Kunst und Natur im Einklang:
Das »KT11«-Design von Christian Kroepfl für palatti vereint moderne Ästhetik mit Alltagsfunktionalität: Auf einem 
reduzierten Stahlträger schwebt eine elegante, schlichte Platte aus massivem Holz – sie erinnert an das Blätterdach eines Akazienbaums in der Serengeti. palatti.eu

Kunst und Natur im Einklang: Das »KT11«-Design von Christian Kroepfl für palatti vereint moderne Ästhetik mit Alltagsfunktionalität: Auf einem reduzierten Stahlträger schwebt eine elegante, schlichte Platte aus massivem Holz – sie erinnert an das Blätterdach eines Akazienbaums in der Serengeti. palatti.eu

(c) Christian Kroepfl
Zeitlos langlebig: Der »Sidetable LIZ« verkörpert den Einsatz von Materialien in  angemessener Form und 
Funktion: praktisch, elegant 
und zurückhaltend. Zeitlos.

Zeitlos langlebig: Der »Sidetable LIZ« verkörpert den Einsatz von Materialien in angemessener Form und Funktion: praktisch, elegant und zurückhaltend. Zeitlos.

(c) Christian Kroepfl
Zirkulärer Luxus: James-Bond-Style: Eingebettet in eine präzise gefertigte Holzschale genießt man beim Sofa »Lobster« die Weichheit und den Geruch von edlem Leder.

Zirkulärer Luxus: James-Bond-Style: Eingebettet in eine präzise gefertigte Holzschale genießt man beim Sofa »Lobster« die Weichheit und den Geruch von edlem Leder.

(c) Christian Kroepfl
Der Architekt und Designer animiert die Bau- und Möbelbranche, sich in die Kreislaufwirtschaft einzuklinken. Bei den eigenen Arbeiten setzt er schon lange auf Nachhaltigkeit und entwickelt immer wieder beeindruckende und international preisgekrönte Designstücke.

Der Architekt und Designer animiert die Bau- und Möbelbranche, sich in die Kreislaufwirtschaft einzuklinken. Bei den eigenen Arbeiten setzt er schon lange auf Nachhaltigkeit und entwickelt immer wieder beeindruckende und international preisgekrönte Designstücke.

(c) Christian Kroepfl

Ihre eigenen Designs und Kollektionen, die Sie für namhafte Möbelhersteller entwerfen, haben Circular Design quasi schon in der DNA …

Für mich stehen bei der Gestaltung vor allem die Fragestellung nach der Funktionalität und der Qualität sowie die Verwendung von natürlichen und nachhaltigen Materialien im Mittelpunkt des Entwicklungsprozesses. Es geht um die Klarheit des Designs und die bewusste Beschränkung auf das Wesentliche: schlicht, raffiniert und dabei unaufgeregt. Gutes, hochwertiges Design duldet keine Hierarchien oder Kompromisse im Zusammenspiel von Form und Funktion. Bei Circular Design geht es zudem darum, dass die Produktion in einer Kooperation von Menschen und Natur stattfindet.

Ein konkretes Beispiel dazu?

Ja, etwa die »finiix«-Möbelkollektion, eine Kooperation von mir und dem Designer Andrés Fredes für die guut GmbH. Um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren und den Lebenszyklus der Möbel zu maximieren, wurde eine Eco-Designrichtlinie entwickelt. Der Leit­­- faden basiert auf den Ergebnissen des Forschungsprojekts KATCH-e und den daraus resultierenden zirkulären Designstrategien. Die Möbel wurden letztendlich so gestaltet, dass, wenn man sie im Wald abstellt, sie dort komplett und rückstandsfrei verfallen würden.Diese Kollektion – sie besteht aus einem Bett, verschiedenen Beistelltischen, Sideboard, Bar, Turm und Schrank – wurde sogar als CO2-negativ berechnet, was für die Verbraucher:innen heute aber eher noch verwirrend ist. Auf dem Markt ist sie nun als CO2-neutral ausgewiesen.

Die Klimakrise und das gestiegene Umwelt­bewusstsein führen also dazu, dass auch Designer:innen mit einem anderen Bewusstsein und Ziel als bisher an ihre Arbeit herangehen …

Die Veränderungen, die auf uns zukommen, sind ein grundlegender Teil einer neuen Ära. Dieser Umbruch bietet die Chance, nachhaltiges Design aus seinem Nischendasein zu befreien und österreichisches Design stärker ins internationale Rampenlicht zu rücken. Nachhaltigkeit und Ästhetik sind kein Widerspruch. Hier kommt künftig nicht nur Circular Design, sondern das sogenannte Mitigation Design noch mehr zum Tragen. Das bedeutet? Es geht darum, präventive und schadensmindernde Maßnahmen bereits in der Planungsphase eines Projekts zu berücksichtigen.

Ob es nun Architektur oder Produktdesign ist. Welche Rolle spielen all diese Ansätze bei Ihrer Arbeit als Kurator diverser Ausstellungen?

Mein Fokus ist immer die Nachhaltigkeit. Ich nutze Messen und Events als Kommuni­ka­tionskanal für die Öffentlichkeit und für die Bau- und Möbelbranche, wobei mir der niederschwellige Zugang enorm wichtig ist. Es geht nicht nur ums Verkaufen der Pro­dukte, sondern darum, die Menschen zu vernetzen, den Austausch innerhalb der kreativen Branche zu fördern und neue Kontakte zu knüpfen. Und darum, dass nachhaltiges Design auch in Österreich mehr Kraft bekommt.

Erschienen in
Ausgabe 02/2024

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Susanna Pikhart
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