Zum Inhalt springen
© D3CO

»Luxus mit Inneren Werten«: Ein Gespräch mit den Gründer:innen von Biosofa

LIVING Interview
Interview
Design
Interior Design
Produktdesign
Designer

Ein Gespräch mit den Gründer:innen Davide Barzaghi und Christine Sintermann über ihre Designphilosophie, die Handwerkskunst und Zukunft des Wohnens.

Inmitten der italienischen Brianza, wo Möbeltradition auf Innovation trifft, schafft Biosofa nachhaltigen Luxus, der mit ästhetischer Raffinesse ebenso überzeugt wie mit inneren Werten.

Ein Sofa, das in Schönheit altert, ohne die Umwelt zu belasten.« Was wie Poesie klingt, ist bei Biosofa gelebte Realität. In siebter Generation schon baut die Familie Barzaghi Luxusmöbel, seit 2020 unter dem Namen Biosofa. Aus einem kleinen Atelier in der lombardischen Brianza, nahe dem Comer See, dem Herzen der italienischen Möbelkunst, hat sich ihre Philosophie bis in die exklusivsten internationalen Hotels, Flagship-Stores und Schaufenster von Louis Vuitton, Georgio Armani und Fendi, Design-Restaurants wie »Ferrari’s Cavallino« und das Mailänder Luxuskaufhaus La Rinascente ausgebreitet. Und auch in die Wohn­zimmer umweltbewusster Familien. LIVING traf das CEO- und zugleich Ehepaar Davide Barzaghi und Christine Sintermann zum Interview über kompromiss­lose Nachhaltigkeit, Luxus, der unter die Oberfläche geht, und die Renaissance traditioneller Handwerkskunst.

LIVING: Herr Barzaghi, Sie stammen aus einer Möbelbau-Dynastie. Wie kam es zur Gründung von Biosofa?
Davide Barzaghi:
Mein Großvater war Schreiner, mein Vater ist Tapezierer, Christines Opa ebenfalls Schreiner. Nach meinem Studium und zwei Jahren im Yachtdesign hatte ich das Bedürfnis, diese Tradition mit einer neuen Vision zu verbinden: Möbel zu schaffen, die genauso schön wie ökologisch verantwortungsvoll sind. 2010 begann die Reise, 2019 entwickelten wir die Marke weiter und firmieren seither als Biosofa.

Was war Ihre Motivation – Design, Ökologie?
Barzaghi: Beides. Mich hat schockiert, wie viel Plastik selbst in hochwertigen Sofas steckt – bis zu 40 Kilogramm in einem Zweisitzer, oft fest verklebt mit dem Holz­gestell, also letztendlich Sondermüll. Ich wollte ein Produkt schaffen, das am Ende seines Lebenszyklus nicht entsorgt werden muss, sondern quasi rückstandslos verschwindet. Heute sind unsere Sofas – bis auf die Stahl­federn, die recycelbar sind – vollständig biologisch abbaubar.

Wie gelingt das handwerklich?
Christine Sintermann Alles beginnt mit einem Gerüst aus Vollholz. Darauf weben wir Jutebänder, spannen Stahlfedern ein – das ist die erste Komfortschicht. Dann folgt ein Staubschutz aus Jutegewebe. Den Körper des Sofas modellieren wir per Hand aus 100 Prozent natürlichem Latex. Abschließend wird alles in Lagen aus Baumwolle, Leinen, wahlweise auch Federn oder Filz gehüllt – bei veganen Kunden natürlich ohne tierische Produkte. Die Oberstoffe sind aus Leinen, Seide, Wolle oder anderen Naturmaterialien.

Worin unterscheidet sich Ihre Herangehens­weise vom klassischen Polstermöbelbau?
Barzaghi Luxus beginnt im Inneren. Man muss wissen, was in einem Möbelstück steckt – und wie es endet. Deshalb entwerfen wir von innen nach außen. Wir arbeiten mit CNC-gesteuertem Zuschnitt für Präzision, aber jedes Stück ist Handarbeit. Näherinnen, Tischler, Tapezierer – unser Kernteam zählt rund zehn Leute, aber wir kooperieren mit einem Netzwerk lokaler exzellenter Handwerker, die projektbezogen eingebunden werden.

Freiheit in Stoff gehüllt
Die neue Kollektion »Libero« von Biosofa bringt Designkomfort und nachhaltige Materialien in ein Preissegment, das Luxus für umweltbewusste Familien zugänglich macht.
Mehr dazu

Foto beigestellt

Lieblingsplatz
mit Schliff Der Armchair »Quartz« entstand in Kooperation mit dem Mailänder Art & Design Studio CTRLZAK.

Foto beigestellt

Ihre Kund:innen reichen von Familien bis zu Luxuslabels. Wie passt das zusammen?
Sintermann Wir wollen zeigen, dass Nach­haltigkeit nicht exklusiv sein muss. Natürlich ist jedes unserer Möbel ein hochwertiges Unikat – das hat seinen Preis. Aber mit unserer neuen Linie »Libero« machen wir Biosofa zugänglicher: Ein Zweisitzer liegt bei etwa 3.500 Euro – nicht günstig, aber erschwinglich für Menschen, denen Umwelt und Gesundheit wichtig sind.

Wie positionieren Sie sich im Vergleich zu anderen Marken der Region – Cassina, Flexform, B&B Italia?
Barzaghi
Wir sind kleiner, aber radikaler. Während viele auf Nachhaltigkeit umschwenken, war das bei uns der Ausgangspunkt. Wir sind Teil der Brianza, diese Region ist unsere Seele. Aber wir sprechen eine andere Sprache – unsere Möbel sind kein Lifestyle-Statement, sondern Ausdruck einer Haltung.

Und wie bringen Sie diese Haltung in die Welt?
Sintermann Durch unsere Möbel und durch Dialog. Wir halten Vorträge an Schulen, Universitäten – manchmal sogar in der Grundschule unserer Kinder. Da fliegt schon mal Baumwollkonfetti durch den Raum. Aber die Kinder verstehen die Botschaft intuitiv: Was wir bauen, soll nicht nur bequem sein, sondern gut für alle.

Was wünschen Sie sich für Biosofas Zukunft?
barzaghi Dass man eines Tages auf einem Sofa sitzt und gar nicht darüber nachdenkt, ob es nachhaltig ist – weil es selbstverständlich geworden ist. Und dass jedes Möbelstück ein Stück Erinnerung trägt. Etwas, das man weitergibt – an Kinder, Enkel, an die Zukunft.

Statement in vier Akten
Der großzügige Viersitzer »Domino«, hier als Daybed zusammengestellt, punktet mit skulpturaler Präsenz – ein Sofamöbel, das Haltung zeigt.

Foto beigestellt

Zu Tisch bitte!
Die Stuhlkollektion »Aurea« verbindet FSC-zertifiziertes Holz mit Polsterstoff aus reinem Naturkautschuk und Kokosfaser und Bezügen aus Baumwolle, GOTS-zertifiziert oder recycelt.

Foto beigestellt

Erschienen in
LIVING 04/2025

Zum Magazin

Susanna Pikhart
Autor
Mehr zum Thema
1 / 11