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20.000 bis 100.000 Euro kostet ein Cembalo aus der Werkstatt von Reinhard von Nagel. Die Wartezeit beträgt bis zu drei Jahre.

20.000 bis 100.000 Euro kostet ein Cembalo aus der Werkstatt von Reinhard von Nagel. Die Wartezeit beträgt bis zu drei Jahre.
Foto: Christa Minkin

Der Mann der tausend Cembali

Die Menschen hinter den Kulissen

Reinhard von Nagel fertigte seit 1971 Cembali in Paris. Seine Instrumente sind komplexe Kunstwerke, die weltweit verkauft wurden. Nun hört er auf, hat die BÜHNE aber noch einmal in sein Atelier geladen.

Er deutet es vorab an. „Nichts ist in Ordnung, weder in Frankreich noch Österreich“, sagt Reinhard von Nagel am Telefon. Erst beim Termin wird klar, dass seine Worte auch ihn persönlich, nicht nur das Weltgeschehen, betreffen. In seiner Werkstatt im traditionellen Handwerkerviertel Faubourg Saint-Antoine im elften Arrondissement von Paris summen keine Holzsägen. Da dringt nicht das metallische Klingen angezupfter Saiten ans Ohr. Da beugt sich niemand konzentriert über technische Pläne. Stattdessen ist da ein Mann auf einem Gehstock mit ergrauten Haaren. Vier Cembali sind ihm geblieben. Die meisten Maschinen hat er verkauft. Die Mitarbeiter („bis zu 29“) mussten gehen. Die Arbeit steht nach fast 50 Jahren still.

Reinhard von Nagel ist nach eigener Aussage der "bunte Hund" der Kunst- und Handwerksszene in Paris. Hier sitzt er in seiner Werkstatt im 11. Arrondissement, wo er seit 1971 kunstvolle Cembali anfertigt.
Foto: Christa Minkin
Reinhard von Nagel ist nach eigener Aussage der "bunte Hund" der Kunst- und Handwerksszene in Paris. Hier sitzt er in seiner Werkstatt im 11. Arrondissement, wo er seit 1971 kunstvolle Cembali anfertigt.

Drei Jahre Wartezeit für Cembalo

Exakt 991 Cembali entstanden hier in präziser Handarbeit. Resonanzkästen wurden gehobelt, Tasten mit kunstvollen Schnitzereien versehen, Saiten eingespannt und Gehäuse aufwendig dekoriert. Die Wartezeit für Bestellungen betrug zwei bis drei Jahre. Vor der Fertigung wurden Spielart und Vorlieben der Kunden analysiert und historische Originale studiert. 20.000 bis 100.000 Euro kostet das fertige Produkt. Die Instrumente wurden in die ganze Welt verkauft – bis nach Brasilien, Taiwan oder Oman. Auch nach Österreich.

Pionier der historischen Bauweise

1971 gründete Reinhard von Nagel die Firma mit dem Amerikaner William Dowd. Damals befand sie sich noch in einer „Totenkapelle aus dem Jahr 1717“. Heute ist sie im dritten Stock eines modernen Gebäudes aus Glas und weiß gestrichenem Beton untergebracht.

Dowd galt als Pionier der historischen Bauweise. Gemeinsam begannen sie Cembali zu fertigen, die so typisch wie möglich für ihre Zeit und Landschaft sein sollten. Denn jene aus Italien waren nicht identisch mit jenen aus Deutschland, Frankreich oder England. Im 16. Jahrhundert wurden sie etwa anders gebaut als im 18. Ihr Ziel war damals wie heute, dass die Instrumente so klingen, „wie die alten Meister das wollten“, sagt von Nagel.

Christa Minkin
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