Nachhaltig Wohnen: Trends und innovative Materialien
Qualität und sorgfältiges Design spielen eine entscheidende Rolle, wenn es um ressourcenschonendes Wohnen geht. Ergänzt werden diese Trends durch innovative Materialien, neue Herstellungstechniken und Second-Life-Angebote, die Nachhaltigkeit weiter fördern.
In der Wohnbranche tut sich einiges in puncto Nachhaltigkeit. Im Grunde kann man sagen, dass Qualität und zeitloses Design zu Langlebigkeit führen – und Langlebigkeit ist der Schlüssel zur Nachhaltigkeit. Denn: »Wenn Möbel lange genutzt werden, gibt es auch weniger Bedarf an neuen Möbeln«, so Leo Lübke, Geschäftsführer des Polstermöbelherstellers Cor und geschäftsführender Gesellschafter des Verbands der Deutschen Möbelindustrie. Dann verlangsamt sich der Markt also automatisch. Nach wie vor ist es ja ein großer Spagat, dass wir in einer Konsumgesellschaft leben und die Unternehmen einen gewissen Umsatz machen wollen und müssen, andererseits müsste aber hinsichtlich der Nachhaltigkeit weniger produziert und weniger verkauft werden. »Wir versuchen, ein bisschen das Tempo rauszunehmen, in dem wir zum Beispiel planen, nur noch alle zwei Jahre ein neues Sofamodell auf den Markt zu bringen. Außerdem reduzieren wir unsere Messeauftritte, die ja immer mit viel Aufwand und Materialeinsatz verbunden sind«, so Cor-Boss Lübke. Sorgfältige Fertigung mit guten Zutaten sowie hochwertiges funktionales Design gehören seit 70 Jahren zur DNA seiner Firma. Darum gibt es jetzt zusätzlich zu Reparaturservice und Wechselbezügen das Programm »CORever«, ein Rücknahmesystem für ausgediente Cor-Möbel, um sie entweder von den Polsterern für den Wiederverkauf aufarbeiten zu lassen oder sie sortenrein zu entsorgen. Reparierbarkeit von Einrichtungsgegenständen ist ein weiterer wichtiger Beitrag zur Maximierung der Nutzungsdauer. So wird etwa beim Hersteller für Außenleuchten IP44.DE bereits in der Entwurfsphase darauf geachtet, dass Einzelteile in der hauseigenen Technikabteilung später ohne Probleme ausgetauscht werden können, sollte mal etwas kaputtgehen.
Natürlich produzieren auch viele andere Hersteller hochwertig, lokal, verantwortungsbewusst, handwerklich und mit Zutaten aus guter und möglichst naher Herkunft.
QUALITÄT UND LANGLEBIGKEIT
Etwa die Manufaktur Schramm im rheinland-pfälzischen Winnweiler, die für äußerst komfortable und stilvolle Luxusbetten bekannt ist. In den handgefertigten Taschenfederkernen werden ofenthermisch vergütete Stahlfedern verarbeitet, die eine hohe Festigkeit aufweisen und gleichzeitig sehr elastisch sind. Dass alle Matratzen und Topper schadstoffgeprüft sind, versteht sich von selbst. Polstermaterialien, die in den Werkstätten übrig bleiben, werden zum regionalen Vorlieferanten zurückgeschickt und fließen wieder in die Produktion ein. Auch die Polstermöbel von Bretz aus Gensingen punkten mit Beständigkeit, die auf Qualität, unverwechselbarer Ästhetik und detailgenauer Verarbeitung basiert. Das Sofa »Esfera« bietet gleichermaßen Halt und herrliche Entspannung. Das gibt man so schnell nicht wieder her. Team 7 aus Oberösterreich ist ein Pionier in Sachen ökologische Designmöbel. Das verarbeitete Holz stammt ausschließlich aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. Ein Comeback feiert gerade die heimische Holzart Erle. Schnell nachwachsend und strapazierfähig, ist sie mit ihrem eleganten Erscheinungsbild heute aktueller denn je. Der Fenster- und Türenhersteller Josko verwendet ebenfalls nur Holz aus nachhaltigem Anbau. Seine neue Fensterserie »Amber« – innen Massivholz, außen Aluminium – hat besonders schlanke Rahmen, wodurch mehr Tages- und Sonnenlicht in die Räume gelangt. Die Dreifachverglasung mit hohen Wärmedämmwerten hilft außerdem, Heizenergie zu sparen.
NEUE MATERIALIEN
Interessant sind neue Materialien oder Materialkombinationen, wenn es um Umweltbewusstsein beim Wohnen geht. So verwendet beispielsweise Arper für die Sitzschale des Stuhls »Catifa Carta« das innovative Papershell, das aus Kraftpapier gepresst wird und am Ende seines Lebenszyklus zu Biokohle zerkleinert werden kann. Elho, der niederländische Spezialist für Blumentöpfe aus recyceltem und recycelbarem Kunststoff, nutzt Kaffeesatz für eine seiner ansprechenden Kollektionen, was man sogar riechen kann. Teppiche von Object Carpet, die mit der »Duo-Technologie« hergestellt werden, bestehen aus nur zwei Komponenten, nämlich Polyamid und Polyester. Nach der möglichst langen Gebrauchsphase lassen sie sich sortenrein trennen und in den Kreislauf zurückführen.
AUSWIRKUNG AUF DAS DESIGN
Besonders spannend wird es, wenn Nachhaltigkeitsbestrebungen das Design beeinflussen, wie bei der Leuchte »Gravity« von Gubi. Ihr skulpturaler Fuß wird standardmäßig aus einzelnen Marmorblöcken geschnitten. Für die »Upcycled-Marble Edition« werden die Marmorreste in verschiedenen Farben und Maserungen mit großem handwerklichem Geschick zu einem dekorativen Sockel mit einzigartigem Streifenmuster verarbeitet. Ganz neue Möglichkeiten, was Formen, Strukturen und Material angeht, bietet der 3D-Drucker. Er gilt als abfallärmer als andere Produktionsmethoden. Außerdem gestaltet er ein bisschen mit, zumindest ist das bei der Pendelleuchten-Serie »Tierra« von Faro Barcelona der Fall. Weil die Druckmasse, hier ein Gemisch aus Pinien-Zellulose und Biokunststoff, unterschiedlich dick aus der Düse tritt, gibt es auf der gerillten, organisch geformten Oberfläche transparentere und weniger durchscheinende Stellen, was jede Leuchte besonders und individuell macht. Die »Plastic Chairs« von Charles und Ray Eames sind Klassiker der 1950er-Jahre. Jetzt bietet Vitra die Ikonen auch mit Sitzschalen aus einem Kunststoff an, der hauptsächlich aus Verpackungsmaterialien aus dem Hausmüll-Sammelsystem »Gelber Sack« gewonnen wird. Darum schimmern bei einigen Farbtönen winzige Pigmente durch, die den Unterschied zur herkömmlichen Ausgabe dezent sichtbar machen und auf reizvolle Weise zeigen, dass es sich um ein umweltfreundliches Produkt handelt. Weil das klassische Weiß damit jedoch nicht umsetzbar ist, gibt es kurzerhand ein neues, gedeckteres und dazu noch zwei weitere schöne Farbtöne in Gelb und Grün. Übrigens befindet sich auf dem Vitra Campus in Weil am Rhein der Circle Store, in dem unter anderem gebrauchte Vitra-Möbel zum Kauf angeboten werden.
Das Gebot der Stunde lautet also: Wer sich für ein neues Möbelstück entscheidet, sollte auch auf Langlebigkeit, Reparierbarkeit, ressourcenschonende Materialien sowie auf Rückgabe- und Recyclingmöglichkeiten achten oder gleich nach einem Second-Life-Stück Ausschau halten.