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© GLU_Gelephu Airport

Flughäfen weltweit: Wie moderner Holzbau die Architektur revolutioniert

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Ob VIE, PDX oder GLU: Immer mehr Flughäfen werden in Holz errichtet. Und zwar nicht nur der Schönheit wegen, sondern auch aus Gründen der Nachhaltigkeit, der CO2-Emissionen und der lokalen Wertschöpfungskette. Eine kurze Reise um die Welt.

Dramatisch geschnitzt, mit Blumen, Blättern und fliegenden, feuerspeienden Drachen geschmückt, wandern die massiven Holzbalken in einem Winkel von 30 Grad auf und ab und verleihen dem künftigen Gelephu Airport in Bhutan ein häusliches, irgendwie vertraut erscheinendes Dach über dem Kopf. Form, Farbe und Relief sind kein Zufall, sondern orientieren sich an den sogenannten Kachen-Säulen und Kachen-Trägern, die in der bhutanischen Architektur traditionell vorzufinden sind. »Mit diesem Konzept«, meint Filippo Cartapani, Projektleiter im zuständigen Architekturbüro Bjarke Ingels Group, »wollen wir die Baukultur Bhutans, die die Schönheit dieses Landes bis heute auszeichnet, bewahren und auf unser Projekt übertragen.« Keine leichte Aufgabe angesichts einer Kapazität von 1,3 Millionen Passagier:innen pro Jahr. Bis 2065, so die Prognosen, sollen die Passagierzahlen auf bis zu 5,5 Millionen ansteigen. Um den großen Maßstab bewältigen zu können, muss die manuelle Holzschnitzarbeit ins Reich der Maschinen und Roboter ausgelagert werden: Mithilfe von KI-gespeisten CNC-Fräsen sollen die kilometerlangen Brettschichtholzträger ihre unverwechselbare Form erlangen. Aktuell ist das Projekt auf der Architekturbiennale in Venedig zu sehen.

Techo International Airport, Phnom Penh
In der Hauptstadt von Kambodscha entsteht im Auftrag der OCIC Group einer der umweltfreundlichsten Flughäfen der Welt.
Architekt: Norman Foster.

Foto beigestellt

Abha Airport, Saudi-Arabien
Der neue Terminal des internationalen Flughafens Abha bricht mit allen Konventionen.

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Der 70.000 Quadratmeter große Gelephu Airport, der bis 2029 fertiggestellt werden soll, ist kein Einzelfall. Weltweit sind immer mehr Flughäfen zu finden, die dem Flight Shaming und den enormen CO2-Emissionen des Flugverkehrs eine grüne, nachhaltig gebaute Homebase entgegensetzen wollen. Bei dem weltweit größten bereits realisierten Holz-Airport, PDX in Portland, ist es gelungen, die 380.000 Kubikmeter Holz für Dach, Säulen, Böden, Wände und Möblierungen aus einem Umkreis von unter 500 Kilometern anzukaufen. Der Rohstoff stammt von kleinen Familien­forsten und gemeinnützigen Organisationen. Auf diese Weise haben es ZGF Architects geschafft, die lokale Wirtschaft zu stärken und den ökologischen Fußabdruck auf ein Minimum zu reduzieren.

Der Londoner Architekt Norman Foster plant aktuell gleich zwei große Flughafenprojekte in Holz. In Phnom Penh, Kambodscha, entsteht eine organische Gitterschalenkon­struktion mit tragenden Baumstützen und zweiachsig gekrümmten HP-Dachflächen. Dank Bauweise, baulicher Verschattung, intensiver Begrünung im Innen- und Außenraum sowie einer hauseigenen PV-Anlage am Dach soll der neue Techo International Airport zu einem der umweltfreundlichsten Flughäfen der Welt werden. Und in Abha, Saudi-Arabien, baut Foster einen Terminal, der einem traditionellen arabischen Dorf nachempfunden ist – mit Holz, Stein, Kühltürmen, begrünten Innenhöfen und dramatisch inszenierten Licht-und-Schatten-Spielen im Innenraum.

Luftschiffhangar, Mülheim an der Ruhr
Die holzige Zeppelinhalle in Nordrhein-Westfalen ist eine grüne Kathedrale der Luftfahrt. 

Foto beigestellt

PDX Airport, Portland
Nach dem umfassenden Umbau ist der Flughafen Portland von ZGF Architects das größte Massivholzprojekt seiner Art weltweit.  

© Ema Peter Photography

Nicht nur im Neubau, auch im Innenausbau spielt Holz am Flughafen eine zunehmend wichtige Rolle – ob das nun hölzerne Kokons in Baku, Aserbaidschan, sind oder die neu gestalteten Shoppingterminals und Business-Class-Lounges am Flughafen Wien-Schwechat. »Gute Räume können das Leben entscheidend verbessern«, sagt Architekt Martin Cserni, Geschäftsführer der steirischen Cserni Holding, die sich in den letzten Jahren zunehmend auf Interior-Design und Objekteinrichtung spezialisiert hat. »Daher legen wir größten Wert auf ausgefeilte Gesamtkonzepte, facettenreiche Details und handwerkliche Präzision. In einem Flughafengebäude kommt erschwerend hinzu, dass die Einrichtung robust sein und hohen Akustik- und Sicherheitsstandards entsprechen muss.« In diesem Fall sind dies Fischgrätparkett, Lamellen­verkleidungen und Check-in-Counter aus harter, aber warm gemaserter Ulme. Das verleiht Flügel!

Flughafen Wien-Schwechat
Der neue Shoppingbereich im Terminal 3 wurde in Stahl und Holz errichtet.

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Flughafen Wien-Schwechat
Die Cserni Holding hat die 2.700 Quadratmeter große Business-Longe im Terminal 2 neu gestaltet. Die Wahl fiel auch hier auf Holz und nachwachsende Rohstoffe.

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Erschienen in
LIVING 05/2025

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Wojciech Czaja
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