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Sungai Design: Von Müll zu Möbel

Nachhaltigkeit
Möbel
Design-Piece
Asien
Recycling

Traumstrände, Tempel, Partys und Plastikmüll: Balis wachsende Umweltproblematik ist allgegenwärtig. Das indonesische Studio Sungai Design verwandelt den Müll in Möbelstücke – und bietet so eine stilvolle Lösung für ein drängendes Problem.

Wer an Bali denkt, dem mögen zunächst uralte Tempel im dichten Regenwald oder glamouröse Partys in trendigen Strandbars in den Sinn kommen. Was diese Idylle jedoch trübt, sind wahre Berge an Müll, die sich vor allem an den Stränden der indonesischen Trauminsel türmen. Bali hat seit Jahren mit massiven Umweltproblemen zu kämpfen – ebendiesen hat sich das Designstudio Sungai Design angenommen. Es transformiert Plastikmüll aus Flussläufen in stilvolles Mobiliar.

Alles ist im Fluss?

Das Modell »Ombak« etwa überzeugt mit klarer Linienführung, leuchtendem Petrolgrün mit dezent eingearbeiteten Partikeln – und einer nachhaltigen Materialwahl: Denn der Ursprung des Liegestuhls, von Sungai Design gefertigt, ist zur Gänze in den Flussläufen Balis zu finden. Es nutzt für dessen Herstellung ausschließlich recycelten Plastikmüll – und macht damit aus einem Umweltproblem eine Bereicherung für den Wohnraum. Hinter dem Projekt stehen die aus Frankreich stammenden Geschwister Sam, Kelly und Gary Bencheghib, die seit ihrer Kindheit auf Bali leben. Um der zunehmenden Verschmutzung der Insel Einhalt zu gebieten, gründeten sie im Oktober 2020 Sungai Watch. Die Umweltorganisation fängt mit über 180 einfachen, aber wirkungsvollen Barrieren Müll aus den Flüssen und Mangroven, bevor dieser weiter in den Ozean gelangen kann. Gemeinsam mit ihrem Team waten die Geschwister dabei durch Berge an Plastikresten, Biomüll, Windeln, Gesichtsmasken oder Wasserflaschen. »Die Idee besteht darin, so viel wie möglich zu säubern, damit kein Abfall mehr in unseren Flüssen landet«, erklärt Sam Bencheghib von Sungai Watch. »Eine der wesentlichen Aufgaben von Sungai Watch ist es, Flusskartierungen vorzunehmen und Daten zu sammeln, um die größten Verschmutzungsquellen genau zu lokalisieren.« Das Team hat alle Hände voll zu tun: Bali produziert jährlich rund 1,2 Millionen Tonnen Abfall, so die Angaben des indonesischen Instituts für die Reform wesentlicher Dienste (IESR). Von diesem landen laut einer WWF-Erhebung mehr als 50 Prozent ungesammelt in der freien Natur. Schuld daran sind die schlecht verwaltete Abfallwirtschaft, mangelndes Umweltbewusstsein der Bevölkerung sowie der Monsun, der jährlich zig Tonnen Plastik von Java an die Strände Balis schwemmt.

Plastikvielfalt. Die Plastikabfälle werden in Paneele gepresst und zu Möbelstücken in unterschiedlicher Form und Farbgebung, je nach Plastikart, weiterverarbeitet.

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Fließendes Design. »Sungai« ist das indonesische Wort für »Fluss« – das Plastik, aus dem Sungai Design seine Möbel herstellt, wurde aus den Wasserläufen Balis gesammelt.

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Der von Sungai Watch gesammelte Müll – bis zu 3.000 Kilogramm pro Tag – wird nicht nur fachgerecht entsorgt, sondern weiterverwertet. »Der Müll kommt in unsere sechs Einrichtungen in Indonesien. Dort sortieren wir ihn in 15 bis 20 verschiedene Materialien und suchen nach Möglichkeiten zum Recyceln oder Upcycling«, so Sam Bencheghib im Gespräch mit dem Kooperationspartner Salomon. Dem sortierten Plastik schenkt man im Schwesterunternehmen Sungai Design, gegründet im März 2024, ein zweites Leben. Nach einem intensiven Reinigungsprozess wird das Plastik zerkleinert und im Heißpressverfahren in harte, haltbare Folien umgewandelt, aus denen mithilfe von CNC-Technologie Paneele entstehen. Diese werden in sorgsamer Handarbeit poliert und schließlich zu einem Möbelstück verschmolzen. Den Anfang machte der symbolische »Ombak«-Liegestuhl, gefertigt aus 2.000 Plastiktüten, die eigentlich als nicht recycelbar galten. Mittlerweile umfasst das Portfolio auch Sitzbänke und Stühle in limitierter Stückzahl in Farben wie Korallgrün, Granitschwarz, Meerblau und Kieselweiß. Das Ziel von Sungai Design ist es, jede Art von Abfall zu brauchbarem Material weiterzuverarbeiten – und die Insel Möbelstück für Möbelstück zu einem besseren Ort zu machen.

Erschienen in
LIVING 03/2025

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Christina Horn
Autor
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