Zum Inhalt springen
© Patty van den Elshout

Vegan Design: »Ab jetzt leben wir vegan«

Nachhaltigkeit
Vegan
Interior Design

Ethik trifft auf Ästhetik: Erez Nevi Pana nutzt für seine Kreationen ausschließlich pflanzenbasierte Materialien wie Salz, Algen oder Luffa – und zeigt, dass Veganismus auch im Design stattfinden kann.

Manchmal ist es die Liebe, die die großen Veränderungen im Leben anstößt. Das kann auch Erez Nevi Pana bestätigen. Der israelische Designer und Künstler hatte nach seiner Ausbildung am Holon Institute of Technology gerade erste Schritte in die Berufswelt getan, als sein Partner ihm erklärte: »Ab jetzt leben wir vegan.« Der neue Lebensstil sollte sich nicht nur auf Nevi Panas kulinarische Entscheidungen, sondern auch auf sein weiteres kreatives Schaffen auswirken. Heute stellt er mit seinem veganen Design die Normen der Branche infrage, taucht Stühle in salzhaltiges Meerwasser, züchtet Luffa oder Indigopflanzen auf dem Dach seines Designstudios in Tel Aviv und sucht nach neuen Herstellungsmethoden für vegane Textilien.

»Mein Weg ist eine Mischung aus persönlichem Wachstum und der Verpflichtung zu einem bewussteren Lebensstil«, erzählt der Kreativschaffende im Gespräch mit Falstaff LIVING. »Ich nutze Design als Plattform für meine Überzeugungen und Werte – und natürlich rücke ich mit dem veganen Label auch die Nachhaltigkeit in den Fokus.« Für seine Werke verzichtet er zur Gänze auf tierische Materialien, die im Interior-Design nach wie vor feste Größen sind. So enthält etwa Leim traditionellerweise Gelatine, während handelsüblichen Wandfarben häufig Ochsengalle oder Kot von Schildläusen beigemengt wird. Und auch zahlreiche Textilien, wie zum Beispiel Schafwolle oder Seide, bringen oft mehr Tierleid mit sich, als es den meisten Konsument:innen bewusst ist.

Im Zeichen der Erde. Vegan Design ist ein nachhaltiges Bekenntnis zum Schutz unseres Planeten, wie Erez Nevi Panas »Earth Flag« sinnbildlich vor Augen führt.
ereznevipana.com

© Dor Kedmi

Symbiose. Die veganen Werke entstehen, wenn die Materialien im wahrsten Sinne des Wortes in die Natur eintauchen – etwa in das extrem salzhaltige Tote Meer.

© Klau Rothkegel

Gesalzene Gestaltung

Erstmals zog Nevi Pana, der derzeit an der Kunstuniversität Linz promoviert, 2013 Aufmerksamkeit auf sich, als er im Zuge der Ausstellung »Biodesign« am New Institute of Rotterdam Hocker und Stühle zur Schau stellte, die er aus einem Teig aus Erde und Pilzen gebacken hatte. Den Startschuss für sein Vegan Design markierte jedoch »SALTS«: Für die Hockerkollektion, die er im Zuge des Salone del Mobile Milano 2019 präsentierte, begab sich der Kreative an den tiefsten Punkt der Erde, wo er seine Holzdesigns durch die Kristallisation von Natriumchlorid versiegeln ließ. »Das Tote Meer spielt eine entscheidende Rolle in meiner Arbeit, man könnte sagen, dass sich dort mein Atelier befindet – tief in diesen salzigen Gewässern entstehen langsam neue Objekte. […] In gewisser Weise spiegelt mein Schaffen die Widerstandsfähigkeit der Natur wider«, erklärt der Designer. In »Ripening« wiederum überzog er seine Möbel mit selbst angebauten, veganen Textilien aus Bananen, Algen, Biobaumwolle, Leinen und Hanf, deren Farben sich durch einen Reifeprozess konstant verändern.

Die Werke des israelischen Designers sind mittlerweile auf der ganzen Welt zu sehen – vom Textilmuseum im niederländischen Tilburg bis in die Galerie Friedman Benda in New York City. Erst 2024 stellte Nevi Pana seine bisherigen Arbeiten gesammelt im Museum on the Seam in Jerusalem zur Schau, Anlass war das zehnjährige Jubiläum seines Studios. »EVERY THING«, kuratiert von Maria Cristina Didero, war ein »Lichtblick in einer schwierigen Zeit« mit »optimistischen und oft humorvollen« Stücken, so Nevi Pana. Für November 2025 plant der Designer eine erste Einzelausstellung im Museum for Art in Wood in Philadelphia, die Elefanten, Pandas und Schafe in den Fokus rückt – auch in Österreich hofft er, in den nächsten Jahren mit Museen kollaborieren zu können. Für die Zukunft wünscht sich Nevi Pana holistisches, für alle zugängliches Design, das »nicht nur die Menschheit, sondern alles und jede:n berücksichtigt«.

Erschienen in
LIVING 03/2025

Zum Magazin

Christina Horn
Autor
Mehr zum Thema
1 / 11