Ganzheitlich essen: Diese Ernährungstrends bestimmen 2025
Fermentation statt Verzicht, individuelle Ernährungspläne statt Einheitsdiäten: Die aktuellen Food-Trends zeigen, wie ganzheitlich und bewusst Ernährung 2025 gedacht wird. Wir erklären, welche Bewegungen wie Sober Curious, personalisierte Ernährung oder intuitives Essen gerade angesagt sind – und warum sie mehr sind als nur Hypes.
Mit Ernährungstrends scheint das ja immer so eine Sache zu sein: Sie kommen und gehen, widersprechen sich häufig oder basieren auf einzelnen, passend auf die neue, nun alles verändernde Methode hin interpretierten Studien. Man denke nur an die heute fast irrsinnig anmutende Zero-Carb-Diät oder den Butterkaffee, der ungesunde Fette für das Wellbeing proklamierte. Das hat sich in den letzten Jahren stark geändert, wie sich 2025 deutlich zeigt. Zwar existieren einzelne Trends nach wie vor – wir entdecken Fermentiertes wieder oder richten unsere Ernährung nach dem Hormonhaushalt –, allerdings sind sie keine Einzelphänomene, sondern Teil und Ausdruck eines neuen, holistischen Gesundheitsbewusstseins. Neue Technologien und Forschungen tragen dazu bei, dass wir die Vorgänge im Körper besser verstehen denn je und so einschätzen können, was uns auf individueller Ebene wirklich guttut.
Das verdeutlicht auch der Trendreport 2025 des Netzwerks Nutrition Hub: Das Expertenkonsortium prognostiziert für dieses Jahr die allgemeine Gesundheitsoptimierung als zentrales Thema. Pflanzenbasierte sowie flexitarische Ernährung, unsere Darmgesundheit und vor allem die personalisierte Ernährung, die als wegweisender Trend gesehen wird, stehen im Fokus. Daneben wollen wir – ganz im Geiste des Umweltgedankens – mehr selbst machen: vom Anbau bis zum Einlegen. Wir stehen derzeit also einer Ernährungswelt gegenüber, die mehr Bewusstsein für den Körper und die Umwelt auf den Tisch bringt – auf ganzheitlicher Ebene.
Fermentation Fever
Ob Kimchi oder Kombucha, Miso oder Sauerkraut: Fermentierte Produkte feiern derzeit ihr großes Comeback. Und das nicht ohne Grund. Denn, so wussten bereits Oma und Opa, die probiotischen Produkte stärken die Darmflora und dadurch das Immunsystem. Es lohnt also, Fermentiertem – das laut Deutschem Bundeszentrum für Ernährung ein Drittel unserer Nahrungsmittel ausmacht – einen Platz auf dem Teller einzuräumen. Dass die Konservierungsmethode, die uns seit Jahrhunderten bekannt ist, derzeit eine Renaissance erlebt, ist zu großen Teilen dem gestiegenen Interesse an der Darmflora geschuldet. Denn die stetig wachsende Datenlage der Molekularbiologie vertieft unser Verständnis für die Bedeutsamkeit des Mikrobioms. Und da Fermentiertes ein Paradebeispiel für darmfreundliche Ernährung ist, liegt, was lange als altmodisch galt, nun wieder voll im Trend. Auch Selbstversorgung und Nachhaltigkeit spielen wichtige Rollen, da Produkte ohne künstliche Konservierungsstoffe und Abfall haltbar gemacht werden können. Produktneuheiten wie fermentierter Cashewkäse oder neue gastronomische »Gärkreationen« zeigen deutlich: Das Fermentationsfieber ist ansteckend.
Sober Curiousity
Die Neugier auf einen nüchterne(re)n Lifestyle wächst: Die SoberCuriousity-Bewegung übt sich darin, ihre Alkoholeinheiten auf ein »gesundes« Maß zu reduzieren und öfter alkoholarme oder -freie Getränke zu bestellen. Ihren Ursprung hat die »Nüchternheitsneugier« im seit Jahren wachsenden Gesundheitsbewusstsein und einer aktiven Auseinandersetzung mit dem Trinkverhalten unserer Gesellschaft. So verzeichnet Europa mit 9,2 Litern Alkohol pro Kopf und Jahr die höchsten Konsumraten weltweit, wie die WHO in ihrem globalen Statusbericht 2024 bekannt gab; in Österreich sind es sogar 12,2 Liter. Dass sich der Zeitgeist ändert, zeigt ein Blick auf das Kulturgut Bier: Viele Brauereien haben in den letzten Jahren aktiv in die Entwicklung von Null-Prozent-Rezepturen investiert, was den Anteil von alkoholfreiem Bier am Bierabsatz in Österreich auf 3,7 Prozent steigen ließ. Parallel dazu werden Sober Bars eröffnet und kreative alkoholfreie Getränke – von fermentierten Kräutergetränken bis hin zu raffinierten Mocktails – serviert. Sie zeigen: Zwischen Abstinenz und Maßlosigkeit etabliert sich eine neue, bewusstere Mitte – und die ist, auf gute Weise, ganz und gar nicht berauschend.
Personalisierte Ernährung
Jede:r ist und isst anders: Die personalisierte Ernährung (PE) passt sich individuell an – moderne Technologien und künstliche Intelligenz ermöglichen die Erstellung maßgeschneiderter Ernährungspläne, die auf die Eigenheiten und Ziele des Individuums abgestimmt sind. Die präzisen Pläne basieren einerseits auf individuellen Gesundheitsdaten wie Stoffwechselraten oder Herzfrequenz, die über Smart-Watches oder Fitnesstracker in Echtzeit gesammelt werden. Auch Selbstangaben zu Unverträglichkeiten, persönlichen Zielen oder Ernährungsvorlieben spielen eine Rolle. Andererseits fließen mittlerweile vermehrt genetische Daten in die personalisierte Ernährung ein – Anbieter wie Beyond DNA Nutrition oder ProGenom haben sich auf die Auswertung dieser spezialisiert. Sie können dabei helfen, das eigene Essverhalten und Gesundheitsergebnisse zu optimieren. Dadurch kann sogar das Risiko für chronische Krankheiten reduziert werden, wie eine 2024 veröffentlichte Fachstudie amerikanischer Forschender in »Nutrients« zum Thema »Personalized Nutrition« herausfand.
Dopamin-Detox
Spaß, ganz buchstäblich, beiseite: Dopamin-Detox bezeichnet den Verzicht auf Dinge, die unser Gehirn belohnen – von Social Media bis hin zu Junk Food. Dabei macht Dopamin an sich nicht glücklich. Eigentlich handelt es sich bei diesem um einen Neurotransmitter, der lediglich auf mögliche Belohnungen hinweist. »Dopamin bewirkt vor allem, dass wir uns mit etwas möglichst intensiv beschäftigen und nicht gleich wieder aufhören«, erklärt die Neuropsychologin und Professorin für Biopsychologie Ricarda Ines Schubotz im Podcast »Wissen Weekly«. Dopamin verstärkt also die Erwartung auf die Belohnung. Wer nun wiederholt nach den Keksen greift, konditioniert das Gehirn darauf, diese Entscheidung als positiv zu markieren – sie wird schließlich mit Zucker belohnt. Ein Suchtverhalten entsteht. Ziel des Dopamin-Detox ist es, dieses impulsive Verhalten zu reduzieren, betont der kalifornische Verhaltenspsychologe Cameron Sepah, der den Trend 2019 durch einen Fachartikel in »Medium« ins Rollen brachte. Er rät zur Stimuluskontrolle: In der Ernährung kann man etwa seine Einkaufs- und Essroutinen ändern, um den Zugriff auf Zucker und Co zu unterbinden – oder auf Alternativen setzen.
Snacking 2.0
Die neue Art des Snackens räumt mit Vorurteilen gegenüber den kleinen Zwischenhappen auf. Dabei greift man keineswegs zu ungesunden Klassikern wie Chips – der Fokus liegt hier auf unverarbeiteten und natürlichen sowie veganen, gluten- und zuckerfreien Produkten. Die »Snackification« wird entsprechend vom Trend der Functional Foods befeuert: Sie liefern Energie und fördern durch die Anreicherung mit Nährstoffen oder Adaptogenen die Gesundheit, unterstützen etwa die Verdauung oder verbessern die geistige Klarheit. Eine Studie im »European Journal of Nutrition« aus dem Jahr 2024 zeigt, dass Snacken gesund sein kann: Sind die Happen qualitativ hochwertig, wirken sie sogar positiv auf Herzgesundheit, Fettwerte und Blutzucker. »Unsere Studie hat gezeigt, dass die Qualität des Naschens wichtiger ist als die Menge oder Häufigkeit des Naschens«, so Kate M. Bermingham in einer Erklärung der Studienautor:innen. »Daher ist es wohl vorteilhaft, hochwertige statt hochverarbeitete Produkte zu wählen.« Ideal sind Snacks zudem zwischen großen Mahlzeiten, um Energietiefs zu vermeiden; auf nächtliche Gabelbissen sollte man allerdings verzichten.
Hormonal Eating
Ein regulierter Hormonhaushalt sorgt für Wohlbefinden: Hormonal Eating basiert auf der Erkenntnis, dass Hormone Faktoren wie Fettspeicherung, Sättigungsgefühl, Stimmung oder Leistungsfähigkeit beeinflussen. Ziel ist es daher, Hormone wie Insulin, Cortisol, Östrogen, Testosteron, Schilddrüsen- und Wachstumshormone durch Mikronährstoffe und Phytoöstrogene in Lebensmitteln wie Samen, Fisch oder Gemüse in Balance zu bringen. Zucker, Alkohol und sogar Rosinen sollten dabei gemieden werden. Die Methode – die durch die Hormondiät der Frauenärztin Sara Gottfried an Popularität gewann – stützt sich auf Erkenntnisse aus Ernährungswissenschaft und Endokrinologie: Der Verzicht auf Zucker etwa rührt daher, dass Blutzuckerschwankungen Insulin sowie Cortisol beeinflussen, was die Fettverbrennung hemmt. Magnesium und Zink wiederum sollen Frauen dabei helfen, Stimmungsschwankungen in der zweiten Zyklushälfte auszugleichen. Umfassende Studien zur Wirksamkeit fehlen zwar, die gesunde Lebensweise spricht aber grundsätzlich für die Methode. Ob sie hormonelle Ungleichgewichte jedoch wirklich beeinflusst, können nur
ärztliche Tests zeigen.
Intuitives Essen
Intuitives Essen animiert dazu, wieder auf das eigene Bauchgefühl zu hören. Mahlzeiten richten sich dabei nicht nach Diäten, sondern nach dem internen Hungergefühl. Achtsamkeit ist zentral für die Methode, die 1995 von den Diätologen Evelyn Tribole und Elyse Resch betitelt wurde – darunter bewusstes Essen oder die Minimierung von Ablenkungen. Im Normalfall knurrt der Magen rund 130 Minuten nach der letzten Mahlzeit, die während dieser Zeit mithilfe des wandernden motorischen Komplexes durch den Darm geschoben wird. Über 30 Botenstoffe und chemische Verbindungen geben die Hunger- oder Sättigungssignale an das Hirn weiter, darunter das Hormon Motilin, verantwortlich für das Magenknurren, das Sättigungshormon Leptin und das appetitanregende Hungerhormon Ghrelin. Das Problem: Die Ankündigungen werden im Alltag häufig ignoriert. Wir essen weiter, obwohl wir satt sind. Wir hungern, um abzunehmen. Häufig essen wir auch aus emotionalen Gründen wie Trauer oder Langeweile. Intuitives Essen kann zwar helfen, ein gesundes Verhältnis zum Essen zurückzugewinnen – für Personen, bei denen das Hunger- und Sättigungsgefühl stark aus der Balance geraten sind, allerdings nicht.
Shroom Boom
Sie wachsen in kleinen Kammern aus Kaffeesatzsäcken, landen als Pulver im Kaffee oder werden im eigenen Biobeet kultiviert: Pilze liegen voll im Trend. Dass sie seit geraumer Zeit tief in unserer Ernährung verwurzelt sind, lässt sich unter anderem mit ihrem Nährstoffreichtum – sie enthalten Vitamine, Mineralien, Proteine und Ballaststoffe – begründen. Einige Sorten wie der Shiitake sind reich an Vitamin D; Zuchtchampignons können durch gezielte UV-B-Strahlung sogar mit dem Sonnenvitamin angereichert werden, wie eine Studie der Universität Hohenheim, veröffentlicht 2011 im »European Journal of Clinical Nutrition«, zeigen konnte. Heilpilze wie Reishi, Chaga oder Löwenmähne hingegen enthalten krebsbekämpfende, antioxidative, antidiabetische und immunmodulatorische Eigenschaften, beschleunigen so den Stoffwechsel und verlangsamen Alterungsprozesse. Darüber hinaus gelten die Myzeten als nachhaltiges Nahrungsmittel, da sie in kürzester Zeit und ohne große Ansprüche wachsen. Dank ihrer Konsistenz und ihres Umami-Geschmacks eignen sich viele Sorten – darunter Austernseitlinge, die man in Österreich etwa bei Hut & Stiel züchtet – als Fleischersatz.