Der dritte Wiener Gemeindebezirk ist ja eigentlich nicht für seine hohe Dichte an Wiedergängern bekannt.

Eine Ausnahme dürfte die in ebenjenem Grätzl beheimatete Agentur Sobieszek sein, wo neuerdings der Geist von Karl Farkas sein Unwesen treibt. Als es während des Interviews mit Gründerin Julia Sobieszek plötzlich raschelt und etwas zu Boden fällt, obwohl sich sonst niemand in der Agentur befindet, wird das von der wohl umtriebigsten Kabarett-Agentin des Landes sofort als Zeichen aus dem Kabaretthimmel gedeutet. „Der Farkas meldet sich, weil wir so viel über Frauen gesprochen haben“, sagt Julia Sobieszek und lacht ihr herzliches Lachen.

Anzeige
Anzeige

Das haben wir tatsächlich. Unter anderem darüber, dass es vor siebzehn Jahren, als Sobieszek ihre Agentur gründete, weniger als 20 Prozent Frauen in der Kabarettszene gab, sich diese Zahl aber mittlerweile bei 50 Prozent eingependelt hat. „Wobei viele jüngere Frauen dabei sind, die erst in den letzten Jahren dazugekommen sind“, hält sie fest.

Der Begriff „Frauenkabarett“, der, so Sobieszek, „absoluter Blödsinn“ sei, halte sich dennoch hartnäckig. „Es gibt immer noch dieses Vorurteil, dass Frauen Kabarett für Frauen machen. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass man Dinge nicht selbst erlebt haben muss, um sie lustig zu finden. Die Themen Bundesheer und Prostatauntersuchung müssen die zwei dramatischsten Dinge im Leben eines Mannes sein, weil ich die schon in fünf verschiedenen Varianten im Kabarett gehört habe. Beides habe ich nicht durchlebt, aber wenn es jemand lustig erzählt, lache ich trotzdem. Dafür haben wir ja unsere Fantasie.“ Auch bei tiefen Witzen oder unbequemen Aussagen werde immer noch mit zweierlei Maß gemessen, sagt Sobieszek, die das Thema aber positiv abschließen möchte: „Es tut sich definitiv etwas.“

Eine andere Entwicklung, die Sobieszek, die unter anderem Magdalena Leeb und Michi Buchinger zu ihren Schützlingen zählt, in der Kabarettszene beobachtet, ist jene, dass sich Nachwuchskünstler*innen auf Social Media eine Fangemeinde aufbauen und dann auf die Bühne wechseln, wie es etwa Michi Buchinger oder Toxische Pommes getan haben. Frisch aus den USA importiert, werden außerdem Mixed Shows und Impro-Formate immer mehr, fügt sie hinzu. „Durch Mixed Shows sinkt das Risiko für Veranstalter*innen, und die Künstler*innen können sich ausprobieren.“

Sie hat von der ersten Minute an an mich geglaubt.

Otto Jaus über Julia Sobieszek
Anzeige
Anzeige

Humor in allen Lebenslagen

Neben vielen organisatorischen Dingen hat Julia Sobieszek auch stets ein offenes Ohr und ist manchmal auch Therapeutin. „Es ist die Mischung aus blitzschneller Reaktion bei Fragen, gütiger Fürsorge bei Mimimi-Anfällen, nie enden wollender Kreativität und vor allem Humor als DNA in allen Lebenslagen, die Julias so unnachahmlich gute Arbeit als Agenturchefin ausmacht“, fasst es Gregor Seberg, „dienstältester Künstler“ in der Agentur, zusammen.

Ihre Zusammenarbeit mit Otto Jaus begann vor vielen Jahren um zwei Uhr morgens im Café Engländer. „Er hat mich gefragt, ob er vorbeikommen und mir etwas vorspielen darf. Ich habe, nicht wissend, was auf mich zukommt, Ja gesagt“, erinnert sich die Agenturchefin lachend. Nach einer kurzen Pause setzt sie nach: „Zehn Jahre später, in der ausverkauften Wiener Stadthalle, habe ich realisiert, dass ich eines der Rädchen war, das an diesem Erfolg mitgearbeitet hat.“

Für die Kabarettszene wünscht sie sich, dass sie noch diverser wird. „Erst wenn die erste Frau mit türkischen Wurzeln im Simpl conferiert, haben wir es geschafft. Wenn alle eine Bühne haben, kann sich auch jeder über jeden lustig machen. Solange die Szene von weißen Männern dominiert wird, gehen die Witze immer auf Kosten bestimmter Gruppen.“

Fix ist: Julia Sobieszek ist definitiv der gute Geist der österreichischen Kabarettszene. Und mit ihrer schnörkellosen, offenen Art gleichzeitig so lebendig wie die Szene, die sie so sehr liebt.

Niavarani

Wie geht lustig, Herr Niavarani?

Wie schreibt man gute Comedy? Darüber haben wir mit Michael Niavarani und seiner Co-Autorin Jennifer Frankl gesprochen. ­Außerdem: warum er nicht den Frosch an der Staatsoper spielt und dass er das Volkstheater ­kaufen würde, wenn man ihn fragte. Weiterlesen...

Zur Person: Julia Sobieszek

begeisterte sich schon während der Schulzeit für Kabarett. 2007 gründete sie die Agentur Sobieszek, im selben Jahr erschien ihr Buch „Zum Lachen in den Keller. Der Simpl von 1912 bis heute“, das 2012 neu aufgelegt wurde. Seit 2011 organisiert sie mit ihrer Agentur den Österreichischen Kabarettpreis. Mit Jan Frankl betreibt sie außerdem die Filmproduktionsfirma Mutterschifffilm.