KUNST-TRIP KAIRO-Teil 1
Alles Archäologie? Keineswegs! Neben dem epochalen Erbe der Pharaonenzeit bietet Kairo eine reiche Dosis Gegenwart, was Kunst betrifft. Dazu trägt auch die Lage an der Schnittstelle von Afrika, Mittelmeerraum und arabischer Welt bei.
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Groß, gigantisch, geometrisch: So könnte man Geschichte und Gegenwart der ägyptischen Hauptstadt Kairo zusammenfassen. Auf der einen Seite die Pyramiden, endlos faszinierend in ihrer Abstraktheit, auf der anderen Seite New Cairo, das derzeit in der Wüste im Osten entsteht. Ein neuer Regierungssitz, neue Wohn- und Büroviertel. Doch zwischen diesen Symbolen von Herrschaft und Macht brodelt in der Zehnmillionenstadt am fruchtbaren Nil das wilde Leben, dynamisch, laut, vielstimmig und bisweilen chaotisch. Denn Ägypten verdankte seine Rolle als Wiege der Kultur schon immer der Position am Schnittpunkt der Welten. Afrika, die arabische Welt und der Mittelmeerraum bilden hier eine Schnittmenge. Diese kulturelle Energie lässt sich in der Keramik der Pharaonenzeit ebenso spüren wie in den Performances und Ausstellungen junger Art Spaces in den dicht bebauten Innenstadtvierteln wie Zamalek. Hier hat sich nach dem politischen Bruch des Arabischen Frühlings 2011 eine junge Szene geformt, die die etablierten Player der zeitgenössischen Kunst zum bereichernden Dialog herausfordert. Neue Messen und Events wie Art D’Égypte oder Art Cairo fungieren als globales Schaufenster für diese Kunstwelt, in der Zartheit und Wildheit, Poesie und Politik eine aufregende Balance halten.
Im Jänner 2018 zog Ramses II. in sein neues Domizil. Doch auf die ersten Besucher:innen musste der Pharao noch weitere sechs Jahre warten. So lange dauerte es, bis das Grand Egyptian Museum, in dessen Foyer seine Statue thront, endlich eröffnet wurde. Nach endlosen Terminverschiebungen ist die Dauerausstellung nun endlich fertig, ab Juli 2025 werden auch alle anderen Räume zu sehen sein. Aber was sind schon Monate und Jahre angesichts der Zeitspannen, die hier erlebt werden können: die komplette Sammlung von Tutanchamun, Grabbeigaben aus der Großen Pyramide und 100.000 weitere kostbare Stücke aus allen Epochen des alten Ägypten. Wir bleiben bei unserer kulturellen Grundlagenarbeit im großen Maßstab und besuchen das Museum für Islamische Kunst, weltweit das größte seiner Art. Der Grundstein der Sammlung wurde bereits im 19. Jahrhundert gelegt, heute beherbergt es über 100.000 Kunstwerke. Von der Kalligrafie über Holzarbeiten und Textil bis zur Keramik wird hier der Reichtum von Ornament und Handwerk gefeiert. Traditionen, auf die auch heutige Künstler:innen immer wieder zurückgreifen.
KUNST UND HANDWERK
Zum Beispiel im Kunst- und Kulturzentrum Darb 1718 im Handwerkerviertel Fustat. Dieser spartenübergreifende Art Space hat mit engagierter Arbeit einen Freiraum für junge ägyptische Künstler:innen geschaffen. Zwei Galerien, zwei Performance-Bühnen sowie mehrere Werkstätten und Ateliers umfasst Darb 1718, und bei der Kunstproduktion sucht man die Kooperation mit den hochspezialisierten Handwerker:innen in der Nachbarschaft.