Julien Rossier, Geschäftsführer von Bucherer Wien: »Wenn jemand eine bestimmte Uhr sucht, können wir unser gesamtes Netzwerk aktivieren, diese zu finden«
Was erwarten Kunden heute von einem Luxus-Juwelier? Julien Rossier gibt im Interview Einblicke in die Weiterentwicklung des Kundenservice und zeigt, wie das CPO-Segment und die Bucherer Watch Wallet neue Maßstäbe setzen, um emotionale Bindungen zu schaffen und individuelle Einkaufserlebnisse zu optimieren. Ein Gespräch über exklusive Services, innovative Konzepte und die Zukunft des gehobenen Einzelhandels.
Rund um die Uhr: Julien Rossier lenkt seit 2020 die Geschicke des Juwelierhauses Bucherer im Herzen Wiens. Umgeben von edlen Preziosen und feinen Armbanduhren der renommiertesten Marken sieht er seine Aufgabe vor allem in bestmöglichem Service und einfühlsamer Kundenbindung.
Living: Das Konsumverhalten hat sich in den letzten zehn Jahren stark verändert. Wie hat der Fachhandel darauf reagiert?
Julien Rossier: Früher sind die Kunden zu uns gekommen, weil sie Informationen wollten. Mittlerweile gibt es alles online. Wenn sich jemand für etwas Konkretes interessiert, kann er sich online ausführlicher informieren, als es im Geschäft je möglich wäre. Die Herausforderung für uns besteht also darin, mehr zu bieten als Information: Emotion, Einkaufserlebnis, Ambiente. Wir – Bucherer als Multi-Brand-Juwelier – bieten dem Kunden die Möglichkeit, in die unterschiedlichen Welten unserer Marken einzutreten. Wenn man diese Erwartungen authentisch erfüllen kann, wird man den Ansprüchen des modernen Kunden gerecht. Wichtig ist auch, Exklusivität anzubieten, die es sonst nirgends gibt. Mit unseren »Bucherer Exclusives« decken wir diesen Bereich perfekt ab.
Damit wurde wohl auch der Kundenservice am P.O.S. neu definiert. Welche Erwartungshaltung haben Käufer heute an Ihr Team?
Es gibt nicht eine, sondern zahlreiche, individuelle, unterschiedliche Erwartungen. Wenn jemand zu Bucherer kommt, erwartet er bestimmt nicht nur Know-how und Fachwissen, sondern auch »Hospitality Service« und eine Betreuung, die weit über den klassischen Verkauf hinausgeht. Das Produkt selbst ist nicht genug. Wir müssen uns Zeit nehmen und wenn es erforderlich ist, auch ein, zwei Schritte mehr zurücklegen als nötig. Wir bemühen uns, das Unmögliche möglich zu machen, und unser Service endet nicht mit dem Kauf. Es geht auch danach weiter, mit After-Sales-Service, Follow-up, Administration von Wunschlisten, Aufrechterhaltung des Kontakts.
Welche Bereiche fallen für Sie unter den Begriff »Moderner Kundenservice«?
Im Grunde genommen umfasst das alle Berührungspunkte, die wir mit unseren Kunden haben. Das beginnt lange vor dem ersten Besuch im Store. Der Kunde nimmt uns wahr – über Marketingaktivitäten, redaktionelle Berichterstattungen, Website, Social Media, Empfehlung Dritter. Bereits bestehende Kunden betreuen wir über Newsletter und Einladungen. Mit Betreten des Geschäfts beginnt das Einkaufserlebnis – vom Security, der dem Kunden die Tür öffnet, über die Gespräche mit unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bis hin zum Kontakt danach mit zielgerichteter Kommunikation, Einladungen zu Events und vielem mehr. Wir sind auch mit der Kunstszene und mit der Spitzengastronomie eng verbunden, um immer wieder neue Anknüpfungspunkte zu finden und neue Impulse zu setzen. Es ist eine »Art de Vivre« die wir vermitteln möchten.
Mit CPO habt Ihr ein neues Segment eröffnet, das auch im erweiterten Sinn Service am Kunden ist …
Das rundet unser Sortiment und unser Service-Universum wirklich gut ab. Du kaufst etwas bei uns, das dir Freude bereitet, doch nach einiger Zeit – aus welchem Grund auch immer – möchtest du dich wieder davon trennen, meist, weil etwas anderes deine Begehrlichkeit geweckt hat. Über uns kannst Du deinen neuen Wunsch realisieren – ohne großen Aufwand und ohne Risiko.
War es rückblickend die richtige Entscheidung, dieses wachsende Segment bei Bucherer zu implementieren?
Auf jeden Fall! CPO hat sich sehr gut entwickelt. Mittlerweile müssen wir nicht mehr viel erklären. Unsere Kunden wissen, wie es funktioniert. Alles ist transparent und abgesichert. Obwohl sich der Sekundärmarkt generell beruhigt hat, ist unser Pre-owned-Sortiment permanent in Bewegung. Wir haben auch immer wieder Uhren von Marken hier, die in Wien gar keinen Konzessionär beliefern.
Es ist also trotz des großen Aufwandes eine Win-win-Situation?
Ja, weil die Kunden diesen Service schätzen und wir damit auch die Kundenbindung intensivieren. Es gibt Sammler und Liebhaber, die fast jede Woche vorbeikommen, um zu schauen, was es Neues gibt. Wir erkennen auch anhand der Zugriffe auf die Website, besonders morgens und abends, dass viele kurz hineinschauen, welche neuen Modelle online stehen. Bucherer hat das CPO-Konzept ja bereits an mehreren Standorten. Im Headquarter in der Schweiz laufen alle Informationen zusammen. Wenn nun ein Sammler ein bestimmtes Modell sucht, können wir unser gesamtes Netzwerk aktivieren, um diese Uhr für den Kunden zu finden.
Die »Bucherer Watch Wallet« verbindet nun gekonnt den klassischen Neuuhrenbereich und den CPO-Bereich. Wie kommt das bei euren Kunden an?
Unsere App rundet das Thema wirklich hervorragend ab. Sie repräsentiert unseren Gedanken des 360-Grad-Service. Man kann sein gesamtes Portfolio einsehen und auch die Uhren, die nicht bei Bucherer gekauft wurden, einspeichern. Zudem kann man direkt über die App alle Stücke versichern und, wenn man möchte, auch direkt zum CPO-Verkauf anbieten. Bucherer prüft in der Folge die Anfrage und entscheidet dann, ob ein Ankauf Sinn macht. Ein weiterer Vorteil ist, dass alle Fotos und Belege in der App gespeichert sind, auch wenn das Telefon verloren gehen sollte. Du kannst über die Applikation selbstverständlich auch den Bucherer-Katalog abrufen, Favoriten definieren und in der Wunschliste speichern