Die kreativsten und spektakulärsten Zifferblätter der Uhrenwelt
Bühne frei für Kunst mit Zeitansage: Von Miniaturmalerei auf Emaille bis hin zu Gravuren und außergewöhnlichen Materialtechniken – das Zifferblatt ist die Bühne der Uhrmacherkunst.
Spricht man in der Uhrenszene weitläufig von Métier d’Art, so umfasst dieser Begriff alle Handwerkskünste, die bei der Dekoration von edlen Zeitmessern Anwendung finden. Es gibt Dekors auf allen Komponenten einer Uhr – auf keinem anderen Teil sind die Möglichkeiten jedoch so zahlreich wie am »Gesicht der Uhr«. Das Zifferblatt ist die bevorzugte Bühne der herausragendsten Künstler der Uhrenszene. Alljährlich erscheinen Métier d’Art-Kollektionen bei Patek Philippe, Cartier, Vacheron Constantin oder Jaeger-LeCoultre, um nur einige Traditionsbetriebe zu nennen, bei denen diesem Produktsegment sogar eigene Abteilungen gewidmet sind. Aber auch Marken, die noch nicht so lange in der Uhrenindustrie verankert sind, wie Hermès oder Louis Vuitton, bieten ihren Kund:innen regelmäßig exklusive Kreationen höchster handwerklicher Güte.
Talente gesucht
Für jedes Kunsthandwerk gibt es nur mehr wenige ausgewiesene Spezialisten – sei es in den Manufakturen direkt, wo sie zu den in höchstem Maße wertgeschätzten Mitarbeiter:innen zählen, oder auf selbständiger Basis mit eigenen kleinen Ateliers, die ihre Expertise in den Dienst mehrerer Marken stellen. Sie beherrschen über Generationen weitergegebene Fertigkeiten. Sofern es überhaupt Lehrlinge gibt, können diese nur die Techniken erlernen – die so wichtigen Erfahrungswerte kommen erst mit den Jahren. Für stundenlanges Arbeiten unter der Lupe muss man geschaffen sein. Nicht selten scheitert die Ausbildung auch daran, obwohl die Verdienstaussichten überdurchschnittlich gut sind.

Das auf acht Stück limitierte Kleinod ist dem Panda gewidmet, aufwändig von Hand dekoriert und vollständig mit funkelnden Edelsteinen besetzt. chopard.com

Hublot: Tausende von kleinen Kristallen fügen sich zu einer Architektur zusammen, die zufallsbedingt einmalig ist. So wird jede »Classic Fusion Gold Crystal« zu einem Unikat. Dazu hat Hublot eine eigene Technik entwickelt: Durch das Erhitzen von reinstem, 24-karätigem Gold auf über 1.000 Grad Celsius verflüchtigen sich die Atome zu einem gasförmigen Gemisch, bevor sie sich bei sinkender Temperatur zu zufälligen Strukturen verzahnen. hublot.com
Die Drop-out-Quote ist hoch. Anita Porchet kann davon ein Lied singen. Sie zählt seit langem zu den talentiertesten Zifferblatt-Künstlerinnen unserer Zeit. Porchet und ihr Team – von ihr persönlich ausgebildet – beherrschen nicht nur die Kunst der Miniaturmalerei, die bereits seit dem 17. Jahrhundert zu den großen Genfer Spezialitäten zählt und die Fertigung kleiner, detailgetreuer Kunstbilder ermöglicht. Es gibt noch zahlreiche andere Fertigungstechniken, die nötig sind, um die mannigfaltigen Wünsche renommierter Auftraggeber:innen erfüllen zu können.
Mittlerweile steigt das Bewusstsein, dass Fertigkeiten, für die Auszubildende nicht nur Fleiß und Passion, sondern auch außergewöhnliche Talente mitbringen müssen, allen voran die Miniaturmalerei, auszusterben drohen. In den einschlägigen Betrieben im Raum Genf und im Jura werden wieder vermehrt Lehrstellen geschaffen. Mit der steigenden Beliebtheit exklusiver Zeitmesser und kunstvoll gestalteter Unikate – teils aus Liebhaberei, teils aus Anlagegedanken –, nimmt der Bedarf an Kunsthandwerkern noch zu.
Einzigartige Kunstwerke
Es fällt schwer, aus der Fülle an Meisterwerken einzelne hervorzuheben. Jedes für sich verdient, dass man es unter der Lupe betrachtet, um nachzuvollziehen, wie wieviel Leidenschaft und Geduld nötig waren, um so viel Kunstfertigkeit auf derart kleine Flächen zu bringen. Eines der außergewöhnlichsten Stücke des Jahres trägt den Namen »Good Girls«. Jaquet Droz widmet sich mit diesem Unikat einem Höhepunkt der Rockgeschichte, dem gleichnamigen Album der Rolling Stones. Eine größere Herausforderung kann man sich kaum vorstellen: Auf dem ursprünglichen Cover waren die Stones neben den schönsten Frauen des 20. Jahrhunderts abgebildet, darunter Brigitte Bardot, Claudia Cardinale, Marilyn Monroe, Liza Minnelli und Judy Garland.
Sofort hagelte es Klagen, die die Stones eine nach der anderen verloren. Die Band sah sich gezwungen, das Cover zu überarbeiten. Das Ergebnis war ein weiterer Schelmenstreich: Zu sehen waren nur mehr die als Frauen verkleideten Bandmitglieder, die Gesichter der Frauen waren aus der Plattenhülle herausgeschnitten – erneut Grund zur Empörung, doch vor Gericht nicht angreifbar ... Bei der Kreation von Jaquet handelt es sich um einen vollständig von Hand gefertigten Automaten, der gleich mehrere Animationen parallel abspielt. Leider lässt sich dieses multimediale Erlebnis hier nicht abbilden. Die Animation auf der Jaquet Droz Website ist jedoch sehenswert.
»Das handwerkliche Know-how unseres Ateliers d‘Art macht es möglich, Stücke zu kreieren, die die Mikromalerei, die Kunst der gemeißelten und gravierten
Ornamente, die Kunst der Emaillierung und des Paillonnés miteinander verbinden und so die Handwerkskunst ehren, welche die DNA der Marke ausmacht«, so Alain Delamoraz, CEO Jaquet Droz.