An diesen Kriterien erkennt man die Qualität eines Uhrbands
Von der unterschätzten Notwendigkeit zum stylischen Statement. Ein gutes Uhrband ist weit mehr als ein Accessoire – es muss langlebig, robust und zugleich stilvoll sein. Nikolaus Hirsch erklärt im LIVING-Gespräch, worauf es ankommt und wohin der Trend geht: von der sorgfältigen Materialauswahl und präziser Verarbeitung bis zur Beanspruchung durch Bewegung und Temperatur.
Bei der Gestaltung von Armbanduhren dachte man immer zuerst an drei Komponenten: Zifferblatt, Gehäuse und Uhrwerktechnologie. Das Armband spielte lang eine untergeordnete Rolle, von der es sich erst im Laufe der letzten Jahrzehnte emanzipiert hat.
Jedem Teil der Uhr wurde früher mehr Aufmerksamkeit geschenkt als dem Armband, dessen »tragende Rolle« sich lang auf funktionelle Eigenschaften wie Widerstandsfähigkeit und Langlebigkeit beschränkte. Die stiefmütterliche Behandlung des Uhrbandes fiel auch einem gewissen Hans Hirsch auf, der 1945 in seinen privaten Räumlichkeiten in Klagenfurt mit der Fertigung der ersten Armbänder begann. Damit lenkte er sein bereits seit 1765 bestehendes Unternehmen in eine neue Richtung, welche Hirsch eines Tages zum Weltmarktführer in seinem Segment machen sollte. Als einer der Ersten wollte Hans Hirsch das Armband revolutionieren: eine Passion, die bis heute – in der mittlerweile neunten Generation – fortgesetzt wird. In den letzten Jahrzehnten ist der Luxusgütermarkt explosionsartig gewachsen – umso schwieriger für Konsument:innen, feine, aber entscheidende Unterschiede zu erkennen. Ist das Band nur geklebt, lässt man am besten die Finger davon. Gute Armbänder sind auf jeden Fall durchgenäht, haben Volumen, sind aber leicht, flexibel und robust. Optisch ist das Armband eine wichtige Abrundung für das Gesamtbild der Uhr, und die Auswahl ist so groß wie noch nie – von mannigfaltigen Metallbändern über klassische bis exotische Lederarten in allen erdenklichen Farben und Texturen bis zu Textil, Nylon und Kautschuk.
Basis oder Hemmschuh?
In keiner früheren Epoche hat sich Uhren-Styling so dynamisch weiterentwickelt wie in den letzten 20 Jahren. LIVING im Gespräch mit Nikolaus Hirsch über Uhrband-Design im Wandel der Zeit.
LIVING: Ist eine lange Tradition eine gute Basis für Innovation oder ein Hemmschuh?
Nikolaus Hirsch: Wir sehen das als Fundament, auf dem man sehr gut aufbauen kann – ähnlich wie bei berühmten Uhrenmarken. Viele unserer Mitarbeiter:innen sind so lang dabei, dass sie unseren Großvater noch gekannt haben – unseren Vater sowieso. Da steckt so viel kostbares Wissen darin, auf das wir zurückgreifen können.
Früher war die Auswahl überschaubar: Kalbsleder oder Krokoleder, schwarz oder braun. Alles andere galt schon als Avantgarde. Eure Archive dokumentieren das bestimmt sehr anschaulich.
Das stimmt! Allerdings waren wir schon in den späten 1940er-Jahren mehr Avantgarde als Mainstream. Unser Uropa war ein »Erfinder«. Seine Erkenntnisse hat er an seine Söhne und Enkel weitergegeben, ebenso wie sein Motto: »Es gibt nichts, was man nicht noch besser machen kann.« Und dieser Spirit lebt heute noch weiter. Das Sortiment umfasst alle klassischen Leder und natürlich auch Exotisches wie Alligator, Strauß, Eidechse und ganz neu: Antilope.
Welche Herausforderungen kommen in der Produktentwicklung noch hinzu?
Neben Materialgüte, Verarbeitungsqualität und Preis-Leistung vor allem Innovation und Design. Dazu kommt ein dynamischer Markt. Alles geht sehr schnell, die Konsument:innen sind mutiger geworden und leben den Trend zur Individualisierung. Sie wollen ihren persönlichen Stil selbst bestimmen. Mit unseren einfach auswechselbaren Bändern und unserer breiten Produktpalette mit immer wieder neuen Farben, Materialien und Strukturen geben wir ihnen die Tools dazu.
In eurem Sortiment gibt es ja bereits eine ganze Reihe spektakulärerer Materialien. Und die Suche geht stetig weiter …
Genau, wir haben in den letzten Jahren Bänder aus Birkenrinde, Weinblättern, Schiefer und Rosenblüten auf den Markt gebracht. Derzeit beschäftigen wir uns sehr mit verschiedenen Textilien, eines davon ist Tweed, der auch in der Modeindustrie wieder sehr präsent ist. Wir sind bestrebt, stets dem Zeitgeist zu folgen.
Sind Textilien nicht besonders herausfordernd in der Verarbeitung – vor allem im Hinblick auf ihre Langlebigkeit und Haltbarkeit?
Wir haben eigens dafür neue Fertigungstechnologien entwickelt. Am Beispiel des Tweed-Bandes »Archie« greifen wir auf unsere bewährte Fusion von Kautschuk und einem zweiten Material zurück. Der Tweed wird also durch den Kautschuk geschützt, und das Band entspricht dadurch unseren gewohnt hohen Qualitätsstandards.
Wie funktioniert das genau? Steht am Beginn die Entwicklung eines neuen Materials und danach entscheidet man, wie genau das Armband aussehen wird?
Der Prozess geht immer Hand in Hand. Am Anfang steht die Idee. Wir erkennen einen Trend, entscheiden uns für das Aufgreifen eines Materials und dann wird getestet. Langlebigkeit ist für uns immer ein essenzielles Kriterium und manchmal auch ein Ausschließungsgrund, wenn wir feststellen, dass wir das gewünschte Qualitätsniveau nicht erreichen können.
Worauf muss beim Designprozess geachtet werden, damit die Belastbarkeit gewährleistet bleibt?
Es geht immer um die Beanspruchung durch Bewegung und Temperatur. Deshalb bauen wir auf unserem Kautschukkern auf, der vieles abfängt. Obenauf geht es dann um die Ästhetik.
Inspiration gefällig? Zu den schönsten Uhren in grün geht es hier