Zu den Dingen, die man im Theater an der Wien nicht tun sollte, gehört zum Beispiel, einen Wasserrohrbruch reparieren zu wollen. „Als wir das letztens gemacht haben, sind wir auf Wasser gestoßen, das einfach in der Mauer von oben nach unten geströmt ist. Das Rohr war völlig zersetzt.“ 

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Franz Patay, Chef der Vereinigten Bühnen Wien, sitzt in seinem Büro direkt über dem Theatercafé an der Wienzeile. Vor wenigen Monaten mussten wegen eines Wasserschadens Teile seines Bodens aufgerissen werden. Die Heizung funktioniert, die Kühlung nicht. Es ist ein wunderschöner Platz mit direktem Blick auf den Naschmarkt. Noch können ihn nur Franz Patay und seine Kolleg*innen genießen. Bald schon wird er allen Besucher*innen des Theaters offen stehen. 

Es ist also eine gute Nachricht, dass renoviert wird. Das war in Wien nicht immer so. Früher wurde gern abgerissen. ­Allein in den Jahren 1959 bis 1960 traf es drei Wiener Theater: das Wiener Bürgertheater im 3. Bezirk (hier befindet sich jetzt die Redaktion des „Standard“), das Scala in der Favoritenstraße 8 (hier steht einer der hässlichsten Gemeindebauten Wiens) und das Wiener Stadttheater in der Laudongasse 36 (hier sind jetzt das Haus des Buches sowie ein Studentenheim). Recht anschaulich wird an diesen drei Orten gezeigt, was passiert, wenn die Kultur dem Bagger weicht. 

Kosten und Vorbereitung

Zurück an den Wienfluss: Wer einmal eine Altbauwohnung oder einen alten Hof saniert hat, kann erahnen, was das im Fall eines Theaters bedeutet. Hinter jeder Mauer kann eine Überraschung lauern. Um das zu verhindern, wurde zwei Jahre lang vorgearbeitet und „das Haus ganz genau analysiert“, wie Patay sagt. 

60,05 Millionen Euro wird der Umbau kosten. 39 Millionen werden über einen Gesellschafterzuschuss ­erfolgen, 21,05 Millionen als Darlehen der VBW-Konzernmutter Wien Holding. Wieder­eröffnet werden soll das Theater mit der Saison 2024/25. Ein durchaus sportlicher Zeitplan. 

Das Ziel ist es, das Haus für unser ­Publikum noch attraktiver zu machen.

Franz Patay, VBW-Chef
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Theater an der Wien: Kitt & Leim macht alles fein
Franz Patay, VBW-Chef

Foto: Christian Jungwirth

Bis dahin wird der neue Intendant ­Stefan Herheim in der Halle E des Museumsquartiers sein neues Programm spielen. „Die Halle ist zwar kein Opernhaus, aber es ist für uns durchaus eine Chance, mit dem Ortswechsel neue Zielgruppen für das Haus zu erschließen“, meint VBW-Chef Franz Patay optimistisch. Das war auch der Plan der Theatergründer: Emanuel Schikaneder hatte es gemeinsam mit dem Kaufmann Bartholomäus Zitterbarth finanziert und in nur 13 Monaten errichten lassen. Bald galt es als eines der führenden Theater des deutschsprachigen Raums. 

Theater der Hits und Stars

Ludwig van Beethoven wohnte hier, und seine Oper „Fidelio“ wurde im Theater an der Wien uraufgeführt, kurz danach seine 5. Sinfonie, die Schicksalssinfonie, und seine 6., die Pastorale. Die Liste der Uraufführun­gen ist lang (siehe auch Kasten links). 

Falls Sie übrigens glauben, dass die Gagen der heutigen Opernstars astro­no­misch hoch seien und es früher besser ge­wesen sei, irren Sie sich. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich der damalige Eigentümer Franz Pokorny unter anderem mit dem Engagement der schwedischen Primadonna assoluta Jenny Lind finanzi­ell derart überhoben, dass das Haus wenig später in den Konkurs schlitterte.

 Nach dem Krieg war dann das Theater der Spielplatz der Wiener Staatsoper, während diese neu aufgebaut wurde. In den 1980er-Jahren starteten die VBW den Musical-Boom unter anderem mit „Cats“, „Phantom der Oper“, „Elisabeth“. 2006 wurde das Theater endgültig zum Opernhaus und damit zu einer der inter­essantesten Opernspielstätten der Welt. 14 Premieren pro Saison wurden dort und an der Kammeroper gespielt. 

Weltstars wie Plácido Domingo traten auf. Vor allem unter der Leitung von Roland Geyer wurde das Theater an der Wien zu einer spannenden Ergänzung zum Haus am Ring. Allein künstlerisch wäre also alles andere als eine Renovierung ein Skandal gewesen. Diese wird im Übrigen auch gleich dazu genutzt, um die Millöckergasse zu einer verkehrsberuhigten Begegnungszone zu machen.

Zu den Spielterminen im Theater an der Wien!