BÜHNE: Woher kam die Idee, das 2017 uraufgeführte Stück in einer upgedateten Form auf die Bühne zu bringen?

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Thomas Köck: Es lag irgendwie immer in die Luft nochmals zusammenzukommen und erneut etwas zusammen zu machen. Es ist halt komplizierter mit einem freischaffenden Chor zu arbeiten, als mit einem fixen Ensemble und wir dachten, now it’s the last chance, so let’s fly again. 

Wie fühlt sich die erneute Auseinandersetzung mit der Arbeit nach dieser doch längeren Zeit des Abstands für dich an?

Sehr interessant – die Themen und Besetzung des Stücks drehen sich ja um Zeit und die Frage, wie so eine flüchtige, momenthafte Kunstform wie das Theater oder so, tatsächlich etwas in der Zeit bewirken kann. Dem wollen wir nachgehen.

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Eine „antik-spätmoderne Seherin, die schon längst weiß, was schiefgegangen sein wird“ spielt in deinem Stück eine zentrale Rolle. In deinen Texten geht es immer wieder um die Aufhebung der linearen Vorstellung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Warum ist dir das wichtig?

Weil wir einer einem Ideal der Zeit aus der Aufklärung folgen – einer Epoche, in der sämtliche Erkenntnisbereiche greifbar gemacht werden sollten, so auch die Zeit und damit die Idee der individuellen und gesellschaftlichen Entwicklung normalisiert werden sollte. Zukunft ist Fortschritt zum Beispiel, oder der westliche Fortschrittsgedanke und die europäische Zivilisation ist der sozusagen fortschrittlichste Zeitraum der menschlichen Epoche – an dem wird gemessen, wo andere stehen. C’est bullshit, um das mal so zu sagen. All diese vermeintlichen Linearitäten prägen allerdings unsere Vorstellungen von Zeit, Tod, Angst, Plänen usw. Daneben gibt es jede Menge kultureller Wissens- und Zeitpraktiken auch aus anderen Epochen und Wissenschaftsbereichen, die dem widersprechen – unter anderem die Quantenphysik und die Relativitätstheorie, neben dem Buddhismus, verschiedenen indigenen Zeitformen, die sich mit Geistern beschäftigen und überhaupt verschiedenen anderen teils spektraleren Zeitlogiken. 

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Durchspielen von Ideen

Es geht in dem Stück auch sehr viel um Widerstand – gegen die Dinge, die waren, wie auch gegen jene, die aller Wahrscheinlichkeit nach auf uns zukommen. Ist das Theater für dich ein Medium des Widerstands? 

Hm. Ja, aber es ist wie mit der Religion: Die starren, unter politischen Zwängen stehenden (Stadt)-theater sind mittlerweile für mich keine Medien des Widerstands mehr. Dazu kenne ich ihre Logiken mittlerweile zu gut. Aber das Theater als Begegnungs- und Kunstform, die Auseinandersetzung mit Künstler*innen, die Theater machen, und das Durchspielen von Ideen, Verhältnissen, das gemeinsame in-Beziehung-setzen besitzt immer noch eine enorme Kraft. Aber viele verwechseln darstellende Kunst mit Fernsehen.

Welche Rolle spielt das Erbe vergangener Schriftsteller*innen-Generationen beim Schreiben für dich? Falls es eine Rolle spielt, wie gehst du damit um? 

Ich habe alles von Menschen gelernt, die Texte geschrieben haben, schreiben und geschrieben haben werden. Und ich schreibe auch nur weiter, für andere, bis ich tot umfallen werde. Dass man eine Schrift von vor 300 Jahren lesen kann und darin ähnliche Fragen auftauchen, unter anderen kulturellen, wissenschaftlichen Vorzeichen und daraus etwas abzuleiten für die Zukunft, für die Gegenwart und weiterzuarbeiten, für die, die nach mir kommen, ist eigentlich alles, was ich mache. Würde ich im Mittelalter gelebt haben, wäre ich irgendein namenloser Mönch gewesen und hätte fein säuberlich alte Texte abgeschrieben und übertragen, bis ich irgendwann tot umgefallen wäre.

Zu den Spielterminen von „Die Zukunft reicht (noch immer) nicht. Klagt, Kinder, klagt! Ein Update“