Ausspucken, nicht pfeifen oder essen und schon gar nicht „Macbeth“ aussprechen: Theater sind Orte des Aberglaubens und der Rituale. Die Bühne befragt in dieser Serie Theaterleute, woran sie glauben, was sie sicherheitshalber befolgen und worüber sie die Augen verdrehen. Theater- und Filmschauspielerin Maresi Riegner ist nicht abergläubisch, verlässt sich aber auf die Kraft von Glücksbringern.

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Wie schlüpfst du beim Film in eine Rolle?

Das ist ein Prozess, in dem ich mich der Figur immer mehr annähere. Ich versuche viel über ihr Umfeld zu erfahren. Letztendlich komme ich dann aber an das Set und bin in ihrem Zuhause: Da steht ihr Bett, ihr Kasten, ich bin in ihrem Kostüm.

In der Vorbereitung zerlegt man sich alles bis ins Kleinste, überlegt sich bei jeder Handlung, warum sie das jetzt tut, was sie denkt, was sie fühlt. Das ist erst mal so eine Kopfarbeit. Und dann versucht man sich mit seinen Spielpartnern auf den Moment einzulassen – und loszulassen.

Du kannst das. Du bist stark.

Schauspielerin Maresi Riegner erzählt, was ihr vor dem Schritt auf die Bühne durch den Kopf geht.

Hast du vor einer Premiere ein Ritual?

Für mich selbst eigentlich gar nicht so. Ich habe Glücksbringer, die wechseln. Mal sind es Steine, aber jetzt war es zum Beispiel ein kleines Glücksschwein. Und dann gibt es diese offiziellen Rituale, bei denen man sich noch mal „Toi, toi, toi!“ wünscht und sich umarmt.

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Für mich ist der Schritt raus auf die Bühne noch einmal der Moment, um mir selbst zu sagen: „Du kannst das. Du bist stark.“

Du spielst an der Josefstadt, im Burgtheater, bei den Salzburger Festspielen: Gibt es an den Häusern unterschiedliche Abläufe und Rituale?

Ich habe einmal mit einer Regisseurin gearbeitet, die diesen Theateraberglauben hatte. Man durfte zum Beispiel kein Textbuch auf die Bühne legen. Wenn das passierte, musste man drauf spucken.

Ich denke, es liegt mehr am Team, mit dem man arbeitet. Ich würde aber eher sagen: nein. Die offiziellen Rituale wiederholen sich immer wieder. Ich habe Unterschiede bemerkt, ob man in einem Ensemble ist oder für eine Produktion aus allen Ecken zusammenkommt, wie zum Beispiel bei den Salzburger Festspielen. Da habe ich den Teamgeist stark gespürt, weil es etwas Erfrischendes hat und man sich noch einmal ganz neu kennenlernt. Aber für mich ist sowieso noch alles neu.

Wie kommst du nach einer Vorstellung runter?

Manchmal ist man noch auf einem Höhenflug, wenn man ein gutes Gefühl hat nach einer Vorstellung. Oder man ist völlig frustriert und hat das Gefühl, man hat versagt. Dann möchte ich nach Hause und niemanden treffen. Aber sonst gehe ich noch gerne mit Kollegen oder Freunden, die in der Vorstellung waren, etwas trinken. Wenn die Vorstellung bis spät in die Nacht gedauert hat, ist es oft schwierig, schlafen zu gehen.

Zur Person: Maresi Riegner

Maresi Riegner ist seit der Spielzeit 2019/2020 Mitglied des Ensembles des Wiener Burgtheaters. 2017 debütierte sie bei den Salzburger Festspielen in „Kasimir und Karoline“. 2017 feierte sie auch am Theater in der Josefstadt als Hedvig in „Die Wildente“ von Henrik Ibsen Premiere. Unter anderem für diese Rolle wurde sie mit dem Nestroy Theaterpreis in der Kategorie „Nachwuchs weiblich“ ausgezeichnet. Riegner hat zudem an zahlreichen Kinofilmen mitgewirkt, unter anderem an „Bad Fucking“ (2013), „Egon Schiele: Der Tod und das Mädchen“ (2016) oder „Licht“ (2017). Maresi Riegner lebt in Wien und ist Mutter einer Tochter.