Was passiert, wenn Eitelkeiten und Büro­kratismen durch Hausverstand ersetzt ­werden? Dann, ja dann entstehen Dinge wie die Factory des Volkstheaters. Oder, wie es Mischa Sieberock-Serafimowitsch bescheiden erklärt: „Wir hatten durch den Umbau die Möglichkeit, aus unseren eigenen Berufserfahrungen zu lernen und Dinge besser zu machen und neu zu denken.“

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Das klingt so simpel, dass es fast langweilig anmutet, was da an Kreativwunder  in der Nähe des neu renovierten Volkstheater entstanden ist. Ist es aber nicht, wenn man die Strukturen von alteingesessenen Theaterbetrieben kennt: lange Wege. Abteilungen, die oft in verschiedensten Stockwerken, manches Mal sogar in verschiedenen Gebäuden sitzen und doch zusammenarbeiten müssen. Durch den Umbau des Volkstheaters entstand eine Chance, die beeindruckend genutzt wurde: Über ein ganzes Stockwerk zieht sich ein lichtdurchfluteter Raum. 

Diese Sessel- und Sofalandschaft ist als Ruhe- und Kommunikationsraum gedacht. Rechts davon ist die offene Küche.

Foto: Philipp Schönauer

Das Offene wirkt nicht bedrohlich

Gleich nach dem Eingang ist links eine Küche eingebaut, rechts davon eine Sofa- und Sessellandschaft rund um einen Tisch. Auch so können Pausenräume aussehen. Von dort kommt man zu den Arbeitsbereichen. Es gibt Büros, aber sie haben keine Türen, und trotzdem stört dort kein Lärm. Sie sind so konzipiert, dass das Offene nicht ­bedrohlich wirkt. In einem sitzt Calle Fuhr, der neue Chef des Volkstheaters in den Bezirken. Er wird im Herbst mit Gerti Drassl in einem berührenden Monolog losstarten.

Einen Raum davor näht Mona Ulrich, sie ist die Chefkostümbildnerin des Hauses. Vor ihr steht eine Kleiderpuppe mit einem grünen Kostüm. Die Farbe muss in Blau geändert werden. Geht man durch eine Tür nach rechts, findet man ein modernst eingerichtetes Tonstudio und Videoschnittplätze. Kay Voges bindet gekonnt wie kein anderer neue Technologien in seine Produktionen ein. Die Soundfiles und Videozuspielungen werden hier entstehen. Das spart Zeit und Geld. 

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Anschluss an das Team

Ganz am Ende, wenn man vor dem Besprechungsraum nach rechts geht, befinden sich zwei kleine Apartments. „Viele Menschen, die am Theater arbeiten, sind oft nur wenige Tage in Wien, die brauchen Arbeitsplätze und manches Mal auch einen Schlafplatz. Wir bieten hier in der Factory beides und dazu noch Anschluss an das Team, das immer da ist.“ Was er nicht sagt: In Theatern ist es meist wie in einem U-Boot: Jeder Zenti­meter Arbeitsfläche ist besetzt, wer von außen dazukommt, ist oft genau der Eine zu viel. 

Dieses Problem scheint das ­Volkstheater gelöst zu haben. Die Räume sind in jedem Detail stimmig. Die runden Leuchten produzieren ein wunderbares, dimmbares ­Tagesarbeitslicht. Rund siebzig Euro ­haben die Lampen gekostet. Ein ­Schnäppchen. Der massive Holzboden wirkt viel teuerer. Mischa Sieberock-Serafimowitsch grinst: „Wäre er auch, hätten wir nicht einen Restposten bekommen.“ Dieser Zugang zieht sich durch. Überall wurde auf Qualität geachtet und, wenn die dann den Budget­rahmen zu sprengen drohte, kreativ besorgt.

Ab September: Volkstheater-Café

Jane Zandonai und Patrick Loibl sitzen über riesige Baupläne gebeugt: Es sind die Entwürfe für das neue Café, das in der ehemaligen Vorverkaufsstelle beim Volks­theater (Museumstraße, Ecke Burggasse) entstehen wird. Zandonai, die Australierin mit vietnamesischen und italienischen Wurzeln, ist ­gelernte Architektin und Bühnenbildnerin, Loibl gelernter Tischler und Bühnenbildner.  

Selbst das Projekt Volkstheater-Café wird also im Haus umgesetzt. Im September muss es fertig sein. Der erste Blick auf die Pläne verspricht vieles und Gutes. Auch das gibt es so in Wien noch nicht: ein ­Theater, das den ganzen Tag auch ein Kaffeehaus ist – Schanigarten inklusive. Einladend.

Foto: Philipp Schönauer

Zur Person: Mischa Sieberock-Serafimowitsch

Seit 1993 arbeitet Siebe­rock-Serafimowitsch als Bühnen- und Kostümbildner sowie als Choreograf für Schauspiel und Oper. Er arbeitet seit ­vielen Jahren mit Kay Voges erfolgreich ­zusammen.

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