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Zinshäuser: Klar zur Wende!

Immobilien
INVESTMENT

Die Zinspolitik hat auch den Zinshausmarkt erwischt. Die drohende Wohnungsknappheit, ins Straucheln geratene Eigentümer:innen und die Angst vor der Taxonomie könnten aber bald wieder Schwung in
den Markt bringen.

Jetzt ist es also so weit. Auch die Zinshäuser – die vielleicht charmanteste Art, Geld in Immo­bilien investiert zu haben – hat es getroffen. Bereits letztes Jahr dümpelte der Markt schon ein wenig dahin, aber jetzt ist es ganz offensichtlich vollkommen windstill geworden. Weniger Verkäufe, weniger Volumen »Sowohl bei der Verkaufszahl als auch bei den Volu­mina beobachten wir im ersten Halbjahr 2023 starke Rückgänge«, konstatiert Philipp Maisel, Teamleiter Zinshaus bei Otto Immobilien. Der Transaktionsmarkt stockt also, das Angebot wird immer größer, die Preise sind gesunken, wenngleich »nicht ganz so stark wie in anderen Assetklassen, und selbst die günstigsten Objekte sind nach wie vor nicht unter 2.035 Euro pro Qua­dratmeter Nutzfläche zu haben«, so Maisel.

Chancen für Investor:innen

Überhaupt seien Zinshäuser, verglichen mit anderen Immobilieninvestitionen, dennoch bemerkenswert resilient. Abzuschreiben ist der Markt nämlich ganz und gar nicht, denn wo auf einer Seite Flaute herrscht, liegt die andere im Wind und es ergeben sich Chancen für einen günstigen Einstieg. Aufgrund des großen Angebots bei nach wie vor geringer Nachfrage genießen potenzielle Investor:innen derzeit eine starke Verhandlungsposition. Dazu Reinhard Manzl, Standortleiter Wien bei Hudej Zinshäuser: »Jene Eigentümer:innen, die aufgrund starker, variabel finanzierter Zukäufe in den letzten Jahren unter hohem Zinsdruck leiden, sind bei konkretem Investor:inneninteresse erfahrungsgemäß sehr verhandlungsbereit.« Auch Eugen Otto, Eigentümer und Geschäftsführer von OTTO Immobilien, rechnet mit einer Wende, wie er bei der Präsentation des aktuellen Zinshausmarktberichts erkennen ließ: »Für nächstes Jahr gehen wir davon aus, dass sich das Zinsniveau stabilisieren wird.« Dies sollte nach seinen Worten dazu führen, dass sich das Marktge­schehen dynamischer gestaltet und wieder ein Anstieg bei Verkäufen zu verzeichnen sein wird.

Weniger Wohnungen, weniger Zinshäuser

Noch ein Faktor spricht für grundsätzlichen Aufschwung: die allgemein rückläufige Bautätigkeit und die damit einhergehende Verknappung von Wohnraum. Die Produktion kommt nicht annähernd auf die notwendige Anzahl neuer Wohnungen, Eigentum wird ­immer teurer bis unerschwinglich, Kredite sind blockiert, der Druck auf die Mieten steigt. Im Bericht der Oesterreichischen Nationalbank »Trendwende am Immobilienmarkt in Österreich« heißt es: »In Österreich ist das Auslaufen eines ausgeprägten Wohnbauzyklus zu beobachten. […] Der Höhepunkt wurde 2021 mit 71.200 fertiggestellten Wohnungen erreicht. Eine Prognose auf Basis der Baubewilligungen lässt für die Jahre 2022 bis 2024 einen Rückgang der Fertigstellungen auf 59.000, 57.000 und 43.000 erwarten.« Die Nachfrage nach Wohnraum werde aber unverändert hoch bleiben, warnt Manzl. Davon werden Wohnungsanbieter:innen profitieren. Sie könnten die aktuelle Phase der niedrigen Preise nutzen, um Bestandsobjekte zu erwerben. Außerdem: Sind Grund und Boden schon nicht vermehrbar, sind es Zinshäuser noch ­weniger. Im Gegenteil, ihre Anzahl schrumpft. 13.573 Gründerzeit-Zinshäuser gibt es in Wien, weiß man bei Otto Immobilien und rechnet vor, dass es im Herbst 2009 noch um 1.955 Häuser mehr waren. Hauptgrund dafür sei die ­Begründung von Wohnungseigentum. Abrisse von Gründerzeit-Zinshäusern seien selten, was für ihre hohe bauliche Qualität bzw. ihre ­ausgezeichnete Adaptierbarkeit spricht.

Nachhaltigkeit in Gründerzeithäusern

Zu ändern und zu verbessern gibt es trotzdem viel, denn das Thema Nachhaltigkeit – Stichworte ESG und EU-Taxonomie – macht auch vor den alten Immobilien nicht halt. Herwig Peham, Bereichsleiter Investment, EHL ­Investment Consulting GmbH: »Zukünftig gilt es auch bei Altbauten, aufbauend auf einer seit mehr als 100 Jahren nachhaltigen Bausubstanz, diese ressourcenschonend in das nächste Jahrhundert überzuführen. Dies betrifft vor allem das Thema alternative Energieversorgung, welche durchaus innovative Lösungen erfordern wird.« Da stellt sich die Frage, ob sich eine Zinshaussanierung überhaupt auszahlt? »Natürlich!«, ist Helga Noack von Denkmalneo überzeugt. »Abgesehen von der gesetzlichen Vorschrift zum Bauerhalt, wie es auch die Bauordnungsnovelle 23 fordert, ist ein Zinshaus in gutem Zustand immer sein Geld wert. Natürlich ist das so eine Sache mit den Mietzinsbeschränkungen, aber ein auf langfristigen Erhalt restauriertes und sinnvoll verwaltetes Haus wird immer eine gute, langfristige Anlage sein.« Zur Frage, ob Zinshäuser taxonomie­fähig sind, hat die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) einen Podcast mit Michael Haugeneder von ATP sustain herausgegeben (bei Spotify oder einem ähnlichen Player nach »fairbaut« suchen). Kurzfassung: Natürlich sind sie es, es führt gar kein Weg an der Taxonomie vorbei. Daher sind intelligente Lösungen und Sanierungen für Investor:innen ein Mehrwert und könnten die Markterholung unterstützen.

Dysphorie statt Euphorie

»Menschen neigen dazu, Trends zu überschätzen«, mahnt Gerhard Hudej, Geschäftsführer der Hudej Zinshäuser Gruppe. »Lange Zeit war es die Euphorie, die teilweise übertrieben wurde, jetzt ist es die Dysphorie.« Und Hudej weiter: »Fakt ist: Das Zinshaus, in ansprechender Lage und zu vernünftiger Rendite eingekauft, ist nach wie vor eine der besten Anlageformen und Absicherungen gegen hohe Inflation, vor allem das Stilzinshaus aus der Gründerzeit – es ist ein knappes Gut, das in dieser Form und Qualität nie mehr wiederkommt.«

Die Preise purzeln In allen Wiener Gemeindebezirken waren die Preise für Zinshäuser zuletzt ­rückläufig oder stagnierten. Jedoch: Ein auf langfristigen Erhalt restauriertes und sinnvoll
verwaltetes Haus wird immer eine gute Anlage sein, sind sich Expert:innen einig.

(c) beigestellt

Unsichere Sache Gegen eine Investition in ein schönes Mietshaus spricht die aktuell unklare Situation, wie es mit dem Mietrecht und der Wertsicherung weitergeht. An der Taxonomie führt
kein Weg vorbei. Zinshäuser müssen klimafit und nachhaltig gemacht werden – das schreckt manche Käufer:innen ab.

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Zinshausmarkt im Überblick
Die Anzahl der Verkäufe ist um 59 Prozent zurückgegangen (Vergleichszeitraum: 1. Halbjahr 2023 mit 1. Halbjahr 2022).
Transaktionsvolumen gesunken: Um 64 Prozent weniger Geld wurde in Zinshäuser investiert. Absolut bis August 2023 nur 372 Millionen Euro.
Preise sinken: Die Mindest ebenso wie die Maximalpreise waren in allen Wiener Gemeindebezirken rückläufig oder stagnierten.
Es gibt wieder Renditen: Stark gestiegen sind hingegen die Maximalrenditen in den meisten Bezirken. Generell ist wieder in sieben der 23 Wiener Gemeindebezirke eine Rendite von über 3,5 Prozent und in weiteren zehn Bezirken eine von über drei Prozent erzielbar.
Quelle: Erster Wiener Zinshaus-Marktbericht von OTTO Immobilien

Erschienen in
RESIDENCES Nr. 02/2023

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Heimo Rollett
Heimo Rollett
Print-Redakteur
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