Stadl-chic: ein altes Bauernhaus in Osttirol
In Osttirol liegt ein altes Bauernhaus, das in den letzten Jahren eine wundersame Wandlung durchgemacht hat. Denn die neue Besitzerin hat das historische verwitterte Äußere praktisch unverändert, innen aber kaum einen Stein auf dem anderen gelassen.
In der Unberührtheit der Osttiroler Berge, dem touristisch am wenigsten erschlossenen Teil des »Heiligen Landes«, wo die Natur noch unberührt ist und die höchsten Gipfel Österreichs grüßen, liegt die kleine Ortschaft Innervillgraten. Wer den Weg hierher findet, den erwartet mit dem »Loft im Stadl« eine Unterkunft, wie es sie nur ganz selten gibt: Es ist weniger eine Renovierung als vielmehr die Neuinszenierung eines historischen Bauernhauses aus den 1930er-Jahren, ein beeindruckender, mehrstöckiger Bau aus altem Holz, der ursprünglich aus einem Wohnbereich samt Stall bestand, an den noch eine Scheune sowie eine Käserei angeschlossen waren. Das Ensemble wurde umgewandelt und ist heute ein elegantes Zuhause mit zahlreichen zeitgenössischen Merkmalen, ein Bauernloft sozusagen, in dem Design und Handwerkskunst eine starke Verbindung eingegangen sind. Ein alter Laden, der ebenfalls in dem Bau eingerichtet war, dient heute als Schaufenster für lokale Künstler:innen und Handwerker:innen – eine charmante Art, den Genius Loci am Leben zu erhalten, die Bergarchitektur zu bewahren und das handwerkliche Savoir-faire dieser Gegend bekannt zu machen. Willkommen in Innervillgraten, weit weg von der Welt, aber mitten in der Natur.
»Das Loft ist als Rückzugsort für Menschen gedacht, die bei sich selbst sein möchten.«
Das »Loft im Stadl«
So archaisch und rustikal das Äußere des Bauernhauses, so sehr ändert sich der Eindruck, sobald man erst einmal eintritt. Innen ist das Bauwerk ein Design-Eldorado, ganz anders eingerichtet, als man es von einem derartigen Gebäude erwarten könnte, aber dennoch voller Wärme, Ruhe und Stil. Die Ausstattung dieses »Lofts« zeugt von besonderer Sorgfalt, von einer persönlichen Geschichte: Stoffwände, Fliesen im Bauhaus-Stil, Gipsböden, szenografische Tapeten und viele Scheinwerfer, die eine einzigartige Atmosphäre schaffen. Und das Beste: Hier kann man auch als Gast übernachten (Infos auf loftimstadl.at). LIVING traf Andrea Senfter, die heutige Besitzerin dieser alpinen Wunderkammer, zum Gespräch darüber, wie sie dieses alte Bauernhaus, das ihr von ihren Großeltern hinterlassen worden war, mit viel Liebe zu neuem Leben erweckt hat.
LIVING Wie sind Sie an die Neugestaltung des Gebäudes herangegangen?
Andrea Senfter Das Haus, das ich 2017 übernommen habe, war das Elternhaus meines Vaters. Ursprünglich bestand es aus einem Wohntrakt, einem Laden, den mein Großvater in den 1930er-Jahren gegründet hatte, und einem Stall für Kühe und Schweine sowie einer Heuscheune. In das Stall- und Scheunengebäude habe ich den »Dachboden in der Scheune« eingebaut, den ehemaligen Laden habe ich zu einem Schaufenster für handwerkliche Produkte aus dem Tal und für kulturelle Veranstaltungen umgebaut. Und ich bin gerade dabei, den Wohntrakt zu renovieren. Nachdem das Denkmalamt festgestellt hat, dass das alte Haus »ein wichtiges Gebäude für das Ortsbild« ist, war es mir wichtig, die Außenfassade weitgehend so zu belassen und den Holzcharakter, die sonnenverbrannten Lärchenbretter und das Schindeldach, zu erhalten. Innen hingegen wollte ich ein Interieur schaffen, das mit der Tradition und dem Gewohnten bricht, das modern, lässig, urban und doch gemütlich ist – meine Interpretation von schönem Wohnen.

Altes Handwerk Die Balken und Decken im »Loft im Stadl« wurden vollständig erhalten und verleihen dem gesamten Gebäude eine erhabene Aura.
© Alessandra Ianniello»Das war das Elternhaus meines Vaters, das ich 2017 übernommen habe. Seither bin ich dabei, zu renovieren und es umzugestalten.«
Gibt es einen Architekten, der mit Ihnen an diesem Projekt gearbeitet hat?
Für mich ist es selbstverständlich, dass der Umbau und die Renovierung solch eines alten, charakterstarken Hauses nur mit einem guten Architekten gelingen können. Diesen Architekten habe ich in Markus Tschapeller gefunden. Und in Nicole Fanger eine kongeniale Innenarchitektin.
Wie würden Sie das Haus beschreiben?
Die kaum vorhandenen Veränderungen am Äußeren des »Loft im Stadl« werden durch eine komplette Neugestaltung des Inneren ausgeglichen. Das dominierende Material in der alten Scheune ist natürlich Holz, und das haben wir beibehalten. Es schafft eine Atmosphäre der Gemütlichkeit. Zusätzlich haben wir die Räume mit speziellen Stoffen und Tapeten gestaltet, die eine warme Ausstrahlung haben. Lichtinseln schaffen Kontraste und Nischen für gemütliche Rückzugsorte, Decken und Kissen in satten Farben und nicht zuletzt der offene Kamin runden das Bild ab. Ein Großteil der Möbel wird nach architektonischen Zeichnungen maßgefertigt, gelegentlich ergänzen Designstücke das Bild. Das Loft ist als Rückzugsort gedacht, um bei sich selbst zu sein.
Was gefällt Ihnen am meisten an dem Haus?
Dass die Art, wie ich renoviere und umgestalte, dazu beiträgt, alte Baukultur zu bewahren. Außerdem war mir wichtig, Regionalität und Handwerk zu zelebrieren. Und so haben alle dem »Loft im Stadl« ihren Stempel aufgedrückt, allen voran der Dorfschmied Alfons Steidl und die örtliche Tischlerei Lanser.
»Es war mir wichtig, die Außenfassade weitgehend zu belassen und den Charakter des Holzes und der Schindeln zu erhalten.«