Silver-Ager Healthcare: So funktioniert das Immobiliengeschäft mit dem hohen Alter
Immer mehr Developer, Finanzierer und institutionelle Anleger entdecken die Attraktivität von Pflege- und Healthcare-Immobilien. Mit der alternden Gesellschaft ist der Markt definitiv langlebig – und auch sozial nachhaltig im Sinne der zunehmend geforderten ESG-Kriterien.
Etwas mehr als 21 Prozent aller EU-Bürger:innen sind älter als 65 Jahre. Zurückzuführen ist die alternde Gesellschaft vor allem auf den medizinischen Fortschritt, auf den zunehmenden Wohlstand in Europa sowie auf ein generell steigendes Bewusstsein für Lebensqualität und selbstwirksame Lebensgestaltung. Und der Prozess ist noch lange nicht zu Ende. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) geht davon aus, dass der Anteil der über 65-Jährigen bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf 31,3 Prozent hochklettern wird. Das Beunruhigende an diesen Aussichten ist nicht die größer werdende Gruppe der Senioren und Seniorinnen, sondern die fehlende Auseinandersetzung mit dem Thema »Wohnen im hohen Alter« und die Entwicklung von attraktiven, maßgeschneiderten Wohnkonzepten.
Trend zu Healthcare-Immobilien
»Die alten Menschen sind alles andere als eine homogene Gruppe mit einheitlichen Lebens- und Wohnvorstellungen«, sagt der Schweizer Soziologe und Generationsforscher François Höpflinger, Autor zahlreicher Fachbücher zum Thema. Und dennoch sei das Angebot an Wohnmodellen für genau diese Bevölkerungsgruppe unzufriedenstellend. Die meisten Senior:innen wohnen alleine im Haushalt, und falls der körperlich-gesundheitliche Zustand dies eines Tages nicht länger zulässt, übersiedeln sie in ein betreutes Pflegeheim. Allein, in den letzten fünf Jahren hat sich die Situation am Immobilienmarkt deutlich verändert. Ausgehend von Deutschland, Großbritannien, Skandinavien und vor allem von den Benelux-Staaten ist ein Trend zu Healthcare-Immobilien zu erkennen.
Nichts für Anfänger
»Immer mehr Developer und Finanzierer, aber auch institutionelle Anleger wie etwa Versicherungen, Fonds-Gesellschaften und Immobilienkonzerne erkennen in Pflegeheimen, Ärztehäusern, betreutem Wohnen und diversen Mischformen daraus einen lukrativen und nachhaltig wachsenden Markt«, sagt Laura Holzheimer, Head of Research bei CBRE Österreich. »In Deutschland erzielt diese Asset-Klasse bereits ein Transaktionsvolumen von mehreren Milliarden Euro pro Jahr.« Die erzielbaren Spitzenrenditen seien mit aktuell 5,5 Prozent vergleichbar mit anderen, klassischen Asset-Klassen wie etwa Wohnen, Gewerbe, Logistik und Hotellerie. Allerdings sei diese Asset-Klasse, die immer noch als Nischenprodukt gilt, wie Holzheimer betont, nichts für Anfänger. »Die Thematik ist komplex, die Errichtung dieser Gebäude allein schon aufgrund der nötigen Technik und Infrastruktur sehr teuer, und die rechtliche Situation, was Pflege, Pflegestufen und Anrecht auf entsprechende Sozialleistungen betrifft, unterscheidet sich von Land zu Land – und das mitunter gravierend.« Wer in diese Asset-Klasse aus ökonomischem Interesse oder aus Gründen der ESG-Nachhaltigkeit dennoch investieren möchte, der solle sich gut beraten lassen und bei der Entwicklung oder beim Ankauf solcher Immobilien als Partner:in stets einen sozialen Träger und Betreiber mit an Bord nehmen.
Investition zahlt sich aus
Wie genau das geht, haben erst kürzlich Strabag und Porr vorgezeigt, als sie das Österreich-Geschäft der Vamed kauften und sich damit – erstmals – im Gesundheitswesen einnisteten. Insgesamt 90 Millionen Euro lassen sich die beiden Baukonzerne die Beteiligung am Betrieb des AKH Wien und einiger österreichischer Wellness-Thermen kosten. »Doch Wien ist in Österreich definitiv nicht federführend, was den Healthcare-Markt betrifft, denn in den meisten Bundesländern deckt die öffentliche Hand mit ihren Sozialleistungen schon einen Großteil des Bedarfs ab«, so Holzheimer.
»Die beiden offensten und damit privatwirtschaftlich interessantesten Märkte in Österreich sind Kärnten und die Steiermark.« Eine Investition in diese Sparte jedenfalls zahlt sich aus, wie der 2023 veröffentliche CBRE Pflegeimmobilienreport Österreich verrät. Bis 2040 nämlich soll sich die Bevölkerungsgruppe der Über-75-Jährigen verdoppeln. »Da ist also allerhand viel zu tun.«