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(c) Margret Weber-Unger

Praline Le Moult im LIVING-Talk

Mode
Wien

Mit dem Esprit einer »waschechten« Pariserin erobert sie die Wiener Herzen im Sturm. Gemeinsam mit ihrem Mann Harri Cherkoori betreibt Praline Le Moult nicht nur den INDIE Store im Herzen von Wien, sondern gründete 2015 ihr eigenes Loungewear-Label P. Le Moult. Im LIVING-Talk spricht die LVMH Prize-Laureatin über Heritage, Schmetterlinge und was Wes Anderson mit Greta Thunberg zu tun hat.

LIVING: Wie kamen Sie auf die Idee ein eigenes Label zu gründen?

Die Gründung meines eigenen Labels ist seit meiner Kindheit ein organischer Prozess. Ich habe im Vorfeld ein paar Versuche gemacht: Im zarten Alter von 12 Jahren hatte ich mit Schulfreunden mein Label gegründet und unsere erste Kollektion entworfen. Die Meterware haben wir von unserem Taschengeld gekauft, die Nähmaschine wurde von meiner Mutter geliehen, kurzerhand haben wir mit einem mutig-kindlichen Zugang ganz einfach Journalisten renommierter Magazinen zu unserer Modenschau bei uns Zuhause eingeladen. Einige Jahre später, 2006, unternahm ich einen zweiten Versuch, als ich als Kunststudentin (Central-Saint Martins sowie der École des Beaux Arts de Paris, Anm. d. Red.) in Folge des Gewinns des LVHM-Preises »Jeune création« nach Peking geschickt wurde. Dort fertigte ich Steppjacken aus afrikanischen Stoffen an. In Paris erregte es Aufmerksamkeit, aber ich wusste nicht, wie ich mit den Geschäftsvorschlägen umgehen sollte, die mir vorgelegt wurden.

Die Gründung eines Labels hat neben dem kreativen Part eine gewichtige wirtschaftliche Komponente. Wie gingen Sie damit um?

Ich habe weder Mode noch BWL studiert und auch nie in einem Modehaus gearbeitet, aber ich hatte das Glück, viel zu reisen. Eines Tages, als ich Wien besuchte, lernte ich meinen Mann Harri kennen und wusste, dass ich meinen Lebenspartner gefunden hatte. Er wurde schließlich auch mein Geschäftspartner, in dem ich genügend Vertrauen hatte, um gemeinsam mit ihm ein Unternehmen zu gründen. Wir haben schließlich P.Le Moult 2015 gemeinsam gelauncht, nachdem ich mich einige Jahre lang für INDIE, sein Familienunternehmen (Strobelgasse 2, 1010 Wien, Anm. d. Red.), engagiert hatte. Als Neuankömmling in Wien musste ich meine eigene Geschichte erzählen und mir eine eigene Plattform schaffen.

Eugène le Moult, Ihr Ur-Großvater spielt eine große Rolle im Markennarrativ. Bitte erzählen Sie uns etwas über ihn und seine Bedeutung für Ihr Label.

Unsere Markenidentität basiert de facto auf meinem Urgroßvater väterlicherseits, Eugène Le Moult. Dies nicht auf Grund einer innigen persönlichen Verbundenheit zwischen uns beiden so gekommen, denn ich habe ihn leider nie getroffen, er starb lange vor meiner Geburt. Sein Leben war einzigartig, wie das einer Romanfigur. Daher liegt der Fokus bei unserer Marke nicht auf meiner Person, sondern auf dem verrückten Leben voller Abenteuer meines Ur-Großvaters: seiner Kindheit in der Bretagne, seiner Teenagerzeit im Dschungel von Französisch-Guayana und seiner riesigen Schmetterlingssammlung, die er in seinem Haussmann-Gebäude in Paris aufbewahrte. Daraus verkaufte er Exponate an Sammler auf der ganzen Welt. Darunter waren illustre Persönlichkeiten, wie Vladimir Nabokov, der japanische Kaiser oder Jeanne Lanvin.

P. Le Moult lanciert hochwertige Nacht- und Loungewear. Wie kam es dazu?

Im Grunde redesignen wir die Kleidung meines Urgroßvaters und übersetzen sie ins Heute, Saison für Saison. Wir entwerfen nicht wirklich Kleidung, wir entwerfen Stoffe, aus denen wir extrem einfache und funktionale Kleidung herstellen. Wenn ich eine neue Kollektion entwerfe, denke ich zuerst an die Farben, den Druck und das Weben der Streifen - das ist der Lieblingspart meines Mannes Harri. Gerade als wir P. Le Moult gründeten, verkaufte mein Onkel ein Familienhaus, das einst meinen Urgroßeltern gehörte, und wir durften alles abholen, was dort noch übrig war. Ich fand ein paar riesige alte Pyjamas in einem Schrank, so entstand die Geschäftsidee für Nachtwäsche.

(c) Margret Weber-Unger
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Wien ist bekanntlich die lebenswerteste Stadt der Welt, aber nicht unbedingt die Metropole der Mode. Wie bauen Sie Ihr internationales Netzwerk auf bzw. wie pflegen Sie es?

Ich habe das Glück, Paris nach wie vor als mein zweites Zuhause zu haben, ich wurde dort geboren. Also vermische ich Modewochen mit Familientreffen! Natürlich nutze ich auch die sozialen Medien, sie sind im Bezug auf eine internationale Käuferschaft sehr hilfreich. INDIE, unser Shop unweit des Wiener  Stephansdoms ist eine unglaubliche Quelle internationaler Kontakte: Oft kommen die talentiertesten Leute zu uns ins Geschäft, das ist ein Privileg. Wir können unsere Kunden persönlich treffen und ihnen während ihres Wien-Besuchs unsere Arbeit zeigen. Diesen Sommer traf ich den australischen Designer Johnathan Ailwood, der mich mit der Markenexpertin Philippa Jenkings bekannt machte, die in London lebt. Nun arbeite ich regelmäßig mit ihrer Agentur zusammen. Früher wollte ich auf allen Hochzeiten tanzen, mittlerweile möchte ich vor allem von Wien aus meine Strahlkraft entfalten. Ich denke Wien wäre die perfekte Stadt für eine europäische Modewoche.

Gibt es bereits Pläne für das nächste Jahr, welche Projekte stehen vor der Tür?

Es ist sehr spannend Pop-ups in Mailand, Paris, London, Tokio, Lissabon und New York zu planen, aber eigentlich muss ich mich auf das konzentrieren, was mich umgibt. Ich möchte mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen, mit ihnen nach Indien reisen und die Entstehung unserer gemeinsamen Kollektionen dokumentieren - von den Baumwollblumen bis zu den fertigen Kleidungsstücken. Auch der wöchentliche Zeichenclub im INDIE, bei dem wir uns einmal in der Woche abends mit Papier und Bleistiften mit einer Gruppe von Freunden treffen und uns die Zeit nehmen, die Farben, die uns umgeben, zu beobachten und einzufangen ist mir sehr wichtig.

Zum Abschluss eine Frage zum Träumen: Wenn Sie freie Wahl hätten, mit wem würden Sie gerne zusammenarbeiten?

Zusammen mit dem Filmregisseur Wes Anderson würde ich einen Film über meinen Urgroßvater drehen. Greta Thunberg würde darin eine Hauptrolle spielen und ihn überzeugen, mit dem Schmetterlingsfang aufzuhören. So retten sie gemeinsam den Amazonas-Regenwald.

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Verena Schweiger
Verena Schweiger
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