Matratzen aus Betongold: Wohnen für Studierende
Studierenden-Apartments gelten als Goldgrube für Anleger:innen. Nicht zu Unrecht, und das dürfte in den kommenden Jahren auch so bleiben. Doch auf der anderen Seite muss das Wohnen für Student:innen auch leistbar bleiben, um Bildungsstandorte zu sichern.
Vier Buchstaben sind es, die die Augen von Investor:innen seit Jahren zum Leuchten bringen: PBSA. Genau gesagt: Purpose-Built Student Accommodation. Also das, was man früher Studentenwohnheime nannte und was heute dank hoher Quadratmeterpreise mit Renditen um die acht Prozent lockt. Große Firmen mischen hier ebenso mit wie Pensionsfonds. Das Mietniveau ergibt sich aus dem umfassenden Paket, das PBSA anbieten – moderne Ausstattung, Lern- und Gemeinschaftsräume, leistungsstarkes Internet, erhöhte Sicherheit und erstklassige Standorte. Diese Faktoren sprechen nicht nur die Studierenden, sondern auch ihre Eltern an, die oft Einfluss auf die Wahl der Unterkunft haben, vor allem jene aus dem asiatischen Raum. PBSA profitieren zudem von vorhersehbaren Belegungsmustern, da die Student:innen in der Regel für das gesamte akademische Jahr mieten, was zu kürzeren Leerständen führt.

Freundliches Foyer. Die Häuser des europaweit aktiven Anbieters Milestone wie hier am Wiener Prater bieten zusätzlich zu den Apartments Leistungen wie Gym, Learning Lounge und Clubräume – zu Quadratmeterpreisen von rund 43 Euro.
milestone.net

Mobile Heimat. Bereits einmal umgezogen sind die Pop-up-Dorms in der Seestadt Aspern, die aus mehreren mobilen Einheiten bestehen. Der Anbieter home4students ist eine Marke der Österreichischen Studenten-förderungsstiftung und kooperierte hier mit dem gemeinnützigen Bauträger WBV-GPA.
home4students.at
ZWEI MILLIONEN BETTEN
Allen Prognosen nach werden diese renditehungrigen Augen noch eine Weile weiter leuchten. Laut einer Befragung im Jahresbericht 2024 von Savills gehen fast alle Investor:innen davon aus, dass sie ihre europäischen PBSA-Portfolios in den nächsten zwei bis fünf Jahren um 70 Prozent vergrößern werden, was zusätzlichen 92.500 Betten und 22 Milliarden Euro Kapital entspricht. Rund zwei Millionen PBSA-Betten in ganz Europa gibt es bereits, davon werden etwa 40 Prozent privat betrieben. Die beliebtesten Märkte sind Großbritannien und Irland, Südeuropa und die DACH-Region. Sorgen machen den Anleger:innen am ehesten die steigenden Baukosten und die Regulierung der Mietpreise, und in geringerem Maße die teilweise sinkenden Zahlen internationaler Studierender aus Ostasien.
Für die Regulierung von Mietpreisen gibt es allerdings sehr gute Gründe, denn teure Städte wie München werden von immer mehr Studierenden gemieden, weil sie schlicht keinen leistbaren Wohnraum finden. Das bedeutet letztendlich auch eine Gefahr für den Wirtschafts- und Forschungsstandort. Die zum Verkauf angebotenen 2024 fertiggestellten 30-Quadratmeter-Apartments am vielbefahrenen Mittleren Ring in München (Entwurf von Jürgen Seifert Architekten) kosten beispielsweise über 15.000 Euro pro Quadratmeter.
In Österreich mit seinem ohnehin stärker regulierten Mietmarkt ist die Lage weniger drastisch. Laut der aktuellen Sozialerhebung leben elf Prozent der Studierenden in Wohn- bzw. Studierendenheimen. Die durchschnittlichen Wohnkosten betrugen im Sommersemester 2023 rund 549 Euro pro Monat, wobei Wohn- und Studierendenheime mit gemittelt 441 Euro noch deutlich leistbarer sind. Allerdings sind diese Kosten im Vergleich zum Jahr 2019 um ein Viertel gestiegen.
In Wien gibt es, wie Yvonne Franz und Elisabeth Gruber in ihrer Arbeit »Studierendenwohnheime als Asset Class« ermittelten, rund 130 Heime, seit 2015 sind rund 4.000 Wohneinheiten hinzugekommen. Dieser Zuwachs verteilt sich auch auf eine zunehmende Anzahl von Anbietern, sagen Franz und Gruber. »Die meisten Anbietenden sind nach wie vor gemeinnützige Vereine oder Gesellschaften, oft mit historischen Wurzeln. Gemeinnützige Heimbetreibende konnten traditionell öffentliche Zuschüsse für die Bau- und Bereitstellungskosten erhalten. Aktuell wird beobachtet, dass auch gemeinnützige Heimbetreiber:innen mit gewerblichen Studierendenheimentwicklungen in den Markt einsteigen.«

Leuchtturm aus Holz. Das Wohnheim PE2 in Paris wurde für die Athlet:innen der Olympischen Spiele 2024 errichtet und wird heute von Studierenden genutzt.
erikgiudice.com

Wohnen mit Schwung. Eine Kombination mit einem Wohnhaus realisierte der gemeinnützige Anbieter STUWO beim neuesten Objekt im Wiener Arsenal. Als Extras werden unter anderem Fitnessraum, Sauna, Musikproberäume, Gemeinschaftsräume und eine große Dachterrasse geboten.
stuwo.at
UNTER HOCHDRUCK
Unter besonderem Hochdruck ist der gesamte Wohnungsmarkt in Innsbruck, und das betrifft auch die Angebote für Studierende. Wie in Wien sind auch hier gemeinnützige Bauträger aktiv, wie die Neue Heimat Tirol, die die Sanierung der Südtiroler Siedlung durch einen Turm mit 38 Studierenden-Apartments ergänzte. Die monatliche Miete beträgt rund 380 Euro pro Zimmer – für Innsbruck sehr günstig. »Wir prüfen derzeit weitere Projekte, zumal wir unseren Immobilienbestand in Innsbruck laufend erneuern und modernisieren«, sagt NHT-Geschäftsführer Markus Pollo. Angebote wie diese wird man auch in Zukunft dringend benötigen. Denn bei allen leuchtenden Investor:innen-Augen geht es beim Wohnungsangebot letztendlich um eines: das Wohnen.