Maßschuhe: So gelingt der perfekte Auftritt
Diese Herrenschuhe zeugen von höchster Handwerkskunst und dem Sinn für zeitlose Schönheit: Ludwig Reiter und Scheer sind traditionsreiche Schuhmanufakturen, deren Produkte von Wien in die Welt gehen – auch bis nach Hollywood.
In einem Nebengebäude des malerischen Schlosses Süßenbrunn, im Nordosten Wiens, befindet sich eine echte Besonderheit: die Ludwig Reiter Schuhmanufaktur. Sie ist die einzige Schuhfabrik im deutschsprachigen Raum, die noch klassische rahmengenähte Schuhe herstellt. 1885 wurde sie von Ludwig Reiter I., damals noch auf »der Wieden«, eröffnet, um die k. u. k. Sicherheitswache mit rahmengenähten Offiziersschuhen und Maßstiefeln zu versorgen. Knapp 140 Jahre später zeichnen die hohe handwerkliche Qualität und die Verwendung von Rohware, die fast ausschließlich aus Europa stammt, die Schuhe seiner Firma aus, sagt Till Reiter, der das Familienunternehmen in vierter Generation leitet. »Viele unserer Mitarbeiter:innen sind seit Jahrzehnten bei uns tätig und bringen jahrelange Erfahrung in jedes Paar Schuhe ein. Nachhaltigkeit in allen Belangen ist für uns keine Referenz an den Zeitgeschmack, sondern ein zentraler Grundwert und das schon seit Jahrzehnten.« Die typischen Ludwig-Reiter-Kunden sind anspruchsvolle Kenner, die Wertschätzung für Handwerk, Qualität und beste Materialien mitbringen und bereit sind, dafür einige hundert Euro zu zahlen. So kostet ein Paar »Golfer«, ein sportlich-eleganter Herrenschuh mit 5-Loch-Schnürung aus feinstem Bookbinder-Calf-Leder, rund 700 Euro, während für den »Maronibrater«, einen Winterstiefel aus hochwertigem Juchtenleder und einem Schafoberteil aus Tweed knapp 900 Euro zu bezahlen sind.
Für ein ganzes Leben
Die Reparaturfähigkeit macht die Schuhe mit der richtigen Pflege auch zu Begleiterinnen für ein ganzes Leben, so Till Reiter: »Immer wieder berichten mir Stammkunden, dass sie unsere Schuhe sehr schätzen, aber nicht so oft kaufen, weil sie so lange halten. Dieses Problem ist uns durchaus bewusst und wir arbeiten daran – leider gelingt es uns nicht, schlechtere Schuhe zu machen«,so der Unternehmer mit einem Augenzwinkern.
Auch in der Bräunerstraße, mitten in der Wiener Innenstadt, dreht sich alles um die perfekte Fußbekleidung: Konzentriert arbeiten hier, in der Werkstatt von Scheer, Frauen und Männer an edlen Schuhen, kleine Kunstwerke, die ihren zukünftigen Besitzern hier ab 5000 Euro für das erste Paar mit Leisten auf den Fuß geschneidert werden. 1816 wurde Scheer gegründet, Markus Scheer ist die siebente Generation von Schuhmachern, die das Geschäft leiten, in dem pro Jahr 300 Paar angefertigt werden. Mittlerweile gibt es auch Gürtel, edle Taschen und Koffer, die den Namen Scheer in die Welt tragen. »Seit jeher werden bei uns«, so Markus Scheer, »drei Dinge als unverrückbare Faktoren hochgehalten: Qualität, Handarbeit und Individualität.«
Pioniergeist
Die Lust beziehungsweise Verpflichtung, innovativ Pioniergeist auszuleben, ist wesentlicher Bestandteil der DNA seines Familienunternehmens, sagt Scheer. Innovative Materialien und Techniken sind sehr willkommen, »solange sie mit Handarbeit umsetzbar sind und unserem Standard im Bereich Nachhaltigkeit entsprechen«. Auch Till Reiter ist überzeugt, dass die Liebe zu Handwerk und Qualität sowie die Fusion aus Tradition und Moderne nach fast 140 Jahren der richtige Weg sind, um Erfolg zu haben. Um sich im internationalen Mitbewerb zu behaupten, »braucht es aber ebenso neue Ideen und Ansätze. Kooperation mit Designern wie Helmut Lang, Peter Pilotto, Windsor, Holland & Holland, Andreas Rier und Sorensen bereichern unser Sortiment mit neuen ästhetischen Einflüssen.«
In Hollywood
Aktueller Trend in Sachen edle Herrenschuhe ist, sagt Markus Scheer, dass sich weiterhin alle Stile vermischen, wobei es für den Kunden oft schwieriger wird, »seinen eigenen Stil zu entwickeln. Hier helfen wir mit individueller Beratung.« Es ist das Wesen dieses Marktsegments, gibt Reiter zu bedenken, das es keinem Trend unterliegt. »Weiterentwicklungen finden langfristig und in Nuancen statt. Diese Eigenschaft schätzen Träger von rahmengenähten Schuhen.« Dazu gehören mitunter auch Hollywoodstars: Die legendären Husarenstiefel von Ludwig Reiter etwa wurden unter anderem schon von Brad Pitt in Quentin Tarantinos Kultfilm »Inglourious Basterds« getragen.