Die neuen Immo-Hotspots
Zinsen und Energiekosten beuteln den europäischen Immobilienmarkt durch, neue Investmentchancen ergeben sich. Wir zeigen, welche Märkte in Europa gerade heiß sind und warum sich bei manchen Zahlen ein zweiter Blick lohnt.
Header Bild: Kopenhagen Hier kann man lernen, wie eine moderne Stadt gebaut wird: Auf einem ehemaligen Industriegelände auf der kleinen Insel Paper Island bzw. Papirøen hat z. B. das Büro Cobe eine auffällige Architektur geplant, erstmals kann man ab 2024 auf der Insel auch wohnen. Zu Recht ist Kopenhagen derzeit die Hauptstadt der Architektur.
Können Sie sich noch erinnern, als die Preise im scheinbar so stabilen Spanien plötzlich purzelten? Als Investitionen in Marbella nicht mehr sicher schienen und auch aus Portugal Schreckensmeldungen kamen? Nein? Ist auch egal, denn das alles hat sich inzwischen recht rasch wieder eingerenkt.
Beste Voraussetzungen
Markus Arnold, CEO und Eigentümer von Arnold Immobilien bzw. Arnold Investments erkennt justament in diesen beiden Ländern heute einen heißen Tipp: »Die beiden Hauptstädte der iberischen Halbinsel – Lissabon und Madrid – glänzen derzeit mit der stabilsten Investitionstätigkeit und der höchsten wirtschaftlichen Resilienz im europäischen Vergleich.« In allen Märkten wurde zuletzt weniger investiert, aber in Portugal sei dieser Rückgang am geringsten. Nur sechs Prozent waren es im Jahresvergleich, in der Europäischen Union zählte man minus 54 Prozent. Aber wie kommt es dazu? Die wirtschaftlichen und demografischen Fundamentaldaten seien für die Attraktivität der iberischen Märkte verantwortlich, so Arnold, in den beiden Hauptstädten werde ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum erwartet: in Madrid über zwei Prozent, in Lissabon sogar über drei Prozent. Dazu kommen Inflationsraten, die unter dem EU-Durchschnitt liegen. Eine ordentliche Ausgangslage also. Das erkennen auch große, internationale Investor:innen, wenn sie die Märkte scannen und dann in solche Potenziale investieren. Auch am anderen Ende Europas tut sich was. Während Wien früher als die Stadt für CEE-Headquarters galt, diese Rolle allerdings mittlerweile verspielt hat, etablierte sich die polnische Hauptstadt Warschau als Osteuropazentrale. Die Wirtschaft dort boomte auch während Covid, um 5,5 Prozent soll das BIP heuer wachsen. Mieten und Kaufpreise entwickeln sich aufgrund des nach wie vor knappen Angebots weiter nach oben, wissen Manfred Wiltschnigg und Marco Kohla vom Investmentmanager GalCap Europe. Bis vor Kurzem gab es bei knappem Angebot an Mietwohnprojekten eine sehr starke Nachfrage seitens westeuropäischer Investor:innen, daher waren oft nur Forward Deals (also Käufe, bevor die Objekte überhaupt fertiggestellt waren) möglich. Aufgrund des vorsichtigen Zögerns einiger Investor:innen bei Neuabschlüssen habe sich diese Wettbewerbssituation aktuell ein wenig entspannt. Verfügbar sind insbesondere Topprojekte mit kleinen Wohnungsgrößen in guten Wohnlagen, bevorzugt innerstädtisch oder mit sehr guter öffentlicher Anbindung.
Hohe Preise, hohe Einnahmen
Allgemein entwickelten sich die europäischen Wohnimmobilienmärkte sehr uneinheitlich, bestätigt der »Property Index 2023« von Deloitte. Aber Obacht! Statistiken trügen. Wer etwa die Neubaupreise in Frankreich anschaut, wird ob der hohen Kosten Augen machen – was aber nur für Paris stimmt, dort kostet der Quadratmeter Neubau durchschnittlich 14.622 Euro. Das ist ein absoluter Spitzenwert in Europa, der den Durchschnitt des ganzen Landes verzerrt. In der zweitgrößten Stadt Frankreichs, in Lyon, kostet dieselbe Fläche gerade einmal 6.310 Euro und damit in etwa so viel wie in Wien, im sonnenverwöhnten Marseille gar nur 4.844 Euro – eine interessante Ausgangslage für ein Investment. Wer daran interessiert ist, ein regelmäßiges Einkommen aus Vermietung zu generieren, sollte übrigens nach Irland schauen. Die Hauptstadt Dublin wirft schon seit Jahren die höchsten Mieterträge ab, aktuell werden laut Deloitte im Durchschnitt (!) sagenhafte 32,80 Euro für den Quadratmeter gezahlt. Trendstädte müssen sich aber nicht allein über Preise und Potenziale definieren. Ganz klare Nummer eins, was Architekturtrends betrifft, ist natürlich Kopenhagen. Da werden drei Museen in einem denkmalgeschützten botanischen Garten unterirdisch zusammengeführt, neue, autofreie Inseln ragen aus den Hafenbecken empor, Schulen entstehen, die auch für Erwachsene und für außerschulische Aktivitäten zur Verfügung stehen und mit Workshops, Makerspaces und allgemeinem Auditorium zusätzlichen Mehrwert bieten.
Beachtlich ist auch die Innovationskraft Mailands. Wie so oft verlieh auch hier die Weltausstellung 2015 der Metropole einen Schub, der diese von der Industriestadt zum Vorreiter für moderne Stadtentwicklung gemacht hat. Hier wird vorexerziert, wie man grüne, durchmischte Quartiere entwickelt. Aktuell drehen sich die Kräne z. B. auf einem ehemaligen Bahnhofs- und Industrieareal namens Porta Romana direkt neben der Fondazione Prada. Ein neues Viertel, eingebettet in einen grünen Park, völlig autofrei und mit einer bunt gemischten Nutzung, entsteht hier. Der Parco Romana wird außerdem das Olympische Dorf für Mailand-Cortina 2026 beherbergen, das nach Abschluss der Spiele in Studierendenwohnungen umgewandelt werden soll. Was in Mailand übrigens ohnehin zu Hause ist – nämlich die angesagtesten Design- und Modemarken –, drängt auch immer intensiver in andere europäische Städte. Steigender Städtetourismus und wachsender Luxuskonsum treiben den Nobeleinzelhandel an. Weltweit ist die Zahl der Filialeröffnungen im Luxussegment im Jahr 2022 um elf Prozent gestiegen.
Mehr Luxusbrands für Europa
Mit einem Anteil von 23 Prozent rücke der europäische Markt an die zweite Stelle, direkt hinter China (41 Prozent) und noch vor Nordamerika (14 Prozent), berichtet Daniel Kroppmanns vom internationalen Beratungsunternehmen Savills. Kroppmanns: »Der deutsche Markt steht bei internationalen Luxusmarken weiter hoch im Kurs.« Marken wie Hermès, Balenciaga und Gucci etwa seien aktuell auf weiterer Expansion in Düsseldorf, Hamburg oder München. Auch Wien profitiert von diesem Trend. Neben Wohnimmobilien werden also gerade Luxushandelsflächen in den nächsten Monaten eine gewichtige Rolle spielen.
»Lissabon und Madrid haben das Wachstumspotenzial ihrer Immobilieninvestmentmärkte im Vergleich zu anderen europäischen Hauptstadtmärkten noch nicht voll ausgeschöpft.«