Die aufsehenerregenden Marketingkampagnen der Luxusbrands
Luxusbrands wie Jacquemus, Chanel und Moncler ziehen mithilfe spannender Kampagnen die Blicke auf sich – ob überdimensionierte Handtaschen, KI-generierte Pufferjackensujets oder charmantes Schwarz-Weiß-Flair.
Titelbild: Die »Pradasphere II«-Ausstellung mit über 400 Exponaten zur Feier des 110-jährigen Jubiläums der Maison sorgte als einzigartiges Markenerlebnis für Aufmerksamkeit unter Fans und Kund:innen. prada.com
Urlaubende der Trendinsel Capri werden nicht schlecht gestaunt haben, als sie im Frühjahr plötzlich einen Mann im Meer erspähten, der, auf einem Surfbrett stehend, seelenruhig ein weißes Hemd bügelte. Eine absurde Szene, die als Bestandteil der Jacquemus-Sommerkampagne (LIVING berichte) Wellen in den sozialen Medien schlug. Und zeigt: Die Marketingstrategien der großen Modehäuser sind heute kreativer, innovativer und interaktiver denn je. Und das aus guten Gründen. Denn die Aufmerksamkeit seiner Zielgruppe auf sich zu ziehen, scheint in Zeiten wie diesen beinahe unmöglich: Konsument:innen werden beständig und allerorts mit einer Vielzahl an Werbebotschaften überflutet. Ansprüche werden größer, Trends kurzlebiger. Es gilt, Produkt und Marke so zu bewerben, dass diese im Gedächtnis bleiben – ob durch einprägsame Bilder, wie sie Jacquemus vorgelegt hat, mithilfe prominenter Gesichter oder moderner Technologie.

Im Zuge der diesjährigen Social-Media-Kampagne lichtete Jacquemus über-dimensionale Postkarten, Handtaschen und mehr ab: Die Visuals gingen dank ihrer ikonischen Bildsprache viral. jacquemus.com

Marketing mit Digitalisierung: Fotograf Cameron-James Wilson kreierte für Balmain drei CGI-Models – diese »Virtual Army« stellte 2018 die Kollektion der französischen Brand vor. balmain.com
Jacquemus als Werbekönig eines neuen Narrativs
Seien es überdimensionale Postkarten in Saint-Tropez, riesige Schneiderutensilien auf Capri oder die ikonische Mikrotasche in Busgröße in den Straßen von Paris: Mit Social-Media-Postings, die unkonventionelle Kurzvideos mit Augmented Reality vereinen, zog Jacquemus 2024 die Augen auf sich. Die Kampagnen bewarben auf verspielte Weise diverse Highlights der Maison, etwa die »La Casa«-Capri-Fashionshow, das 15-Jahre-Jubiläum des Labels oder das einjährige der viralen Mikrotaschen-Kampagne. Die Visuals, die schnell viral gingen, zog man auch in den realen Raum, etwa durch die Platzierung riesiger Zitronenspalten vor der Capri-Boutique. Darüber hinaus setzte man mit Bella Hadid auf eine prominente Figur, um die »La Casa«-Show zu promoten. Ein Marketing-Move, den auch andere Fashion-Labels seit Jahren verfolgen. Unter ihnen Louis Vuitton: Für ihre »Core Values«-Kampagne etwa ließ die Maison die beiden Tennisstars Rafael Nadal und Roger Federer die Dolomiten besteigen, fotografiert wurden sie dabei von Annie Leibovitz. Ehrgeiz und Hingabe – die Eigenschaften der Sportler sollen via Sujets und Werbeclips auf die Marke übertragen werden. Eine ähnliche Strategie verfolgte Chanel im Frühjahr 2024: Dessen einminütiger Schwarz-Weiß-Kurzfilm, angelehnt an »Ein Mann und eine Frau« aus dem Jahr 1966, zeigt Penélope Cruz und Brad Pitt als charmantes Paar – und soll mit seiner zeitlosen Optik die Neuinterpretation der »11.12«-Handtasche bewerben. Aber auch soziale Themen geben Stoff für virale Kampagnen. Stella McCartney arbeitete mit Schauspielerin und Tierliebhaberin Madelyn Cline zusammen, um die Sommerkollektion 2023 – die zu 91 Prozent aus nachhaltigen Materialien besteht – zu bewerben. Einzigartig auch das Marketing der Maison Prada: Deren »Pradasphere II« in Shanghai machte als Ausstellung mit über 400 Exponaten auf das 110-jährige Jubiläum des Mailänder Fashionhauses aufmerksam.
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Chanel warb mit Hollywood A-Listern Penelopé Cruz und Brad Pitt.
Über die Realität hinaus
Immer mehr Brands machen zudem von der neuesten Technologie Gebrauch – von AR bis KI. Gucci etwa tat sich für seine »Hallucination«-Kampagne bereits 2017 mit dem Künstler Ignasi Monreal zusammen. Seine Kunstwerke waren zum einen als Illustrationen in Zeitschriften zu sehen, wo sie mithilfe der Gucci-App durch AR-Filter zum Leben erweckt werden konnten, zum anderen erhielten Kund:innen in den Boutiquen VR-Brillen, die in Monreals Gemälde versetzten. Ähnlich wegweisend ist Versaces DOOH-Werbung (Digital out of Home) aus dem Jahr 2022. Dabei nutzte man DeepScreen®-Technologie, um eine 3D-Tiefenillusion einer Göttin zu schaffen; die Bilder der »Greca Goddess«-Werbung gingen um die Welt. Die Fashion-Labels verließen die Realität sogar noch ein Stück weiter: Balmain ließ für seine Kampagne »Virtual Army« drei CGI-Models von Fotograf Cameron-James Wilson erstellen, die digitale Versionen der Kollektion 2018 trugen – unter diesen Shudu, das weltweit erste digitale Supermodel. Seit 2023 findet künstliche Intelligenz vermehrt ihren Weg in die Marketingstrategien der Labels. Wer dies begriffen und verbunden mit bewährten Marketingtools umgesetzt hat: Moncler. In der farbstarken »Genius«-Kampagne, realisiert mit Maison Meta und WeSayHi, verknüpft die Marke ihre Kollaborationen mit Labels und Stars wie Alicia Keys mit KI-Technologie. Auch andere Luxuslabels nutzen künstliche Intelligenz, darunter Coperni: Das französische Label ließ über sechs Monate lang seine KI-Filmkampagne laufen, die beständig neue Versionen – insgesamt 320.000 – erstellte. Was uns in Sachen Kampagnen erwartet, ob immersiv und hochtechnologisch, fantasievoll oder inhaltsreich, wird die Zukunft zeigen, man darf jedoch damit rechnen, überrascht zu werden.

Die Tennisstars Rafael Nadal und Roger Federer bestiegen für Louis Vuittons »Core Values«-Kampagne unter dem Motto »There are Journeys that turn into Legends« die Dolomiten. louisvuitton.com

Für ihre Kollektion 2023 lichtete die Brand Schauspielerin Madelyn Cline in »The Gentle Barn« ab – und setzte damit ein Zeichen für Umwelt- und Tierfreundlichkeit mit Starbesetzung. stellamccartney.com
(c) Stella McCartney
Für seine »Genius«-Kampagne verknüpfte Moncler gängige Marketingstrategien – wie Promi-Endorsements, Events und Social Media – mit KI-Technologie und ließ auffällige Werbesujets generieren. moncler.com
(c) Moncler
Um die »Greca Goddess« zu bewerben, nutzte Versace 2022 die innovative DeepScreen®-Technologie: Die 3D-Tiefenillusion zeigte eine Göttin, die mit der luxuriösen Handtasche hantierte. versace.com
(c) Versace