Zinshausvermittler Gerhard Hudej im Interview: »Der Markt ist angeschlagen, Schnäppchen gibt es aber keine«
Dass der Zinshausmarkt eingebrochen ist, bedauert Gerhard Hudej, Gründer der gleichnamigen Gruppe, nicht – obwohl er mit der Vermittlung dieser Objekte sein Geld verdient. Er weiß: Märkte sind immer unberechenbar. Deshalb muss er auch wieder vermehrt nach Wien.
Im Gespräch mit LIVING spricht Zinshausvermittler Gerhard Hudej unter anderem über Hochphasen am Immobilienmarkt, erklärt, warum Marktschwankungen Teil des Geschäfts sind und wie er die aktuelle Situation mit der Finanzkrise 2008 vergleicht.
Ist der Einbruch am Zinshausmarkt halbwegs verdaut?
Nein, keineswegs. Derzeit spüren wir lediglich eine leichte Brise an Nachfrage. Es gibt beträchtliches Kapital, das nach Anlagemöglichkeiten sucht. Wir beraten aktuell einige Investor:innen, die bereit sind, mehrere Hundert Millionen Euro in interessante Zinshäuser zu investieren.
Und investieren die auch tatsächlich?
Die Investor:innen sondieren den Markt, evaluieren potenzielle Objekte und bereiten sich vor. Einige Transaktionen haben bereits stattgefunden. Meiner Ansicht nach handelt es sich hauptsächlich um eigenkapitalstarke Investor:innen, die keine Fremdfinanzierung benötigen. Diese Phase auf dem Markt ist nicht neu. Als ich 2008 begann, Zinshäuser zu vermitteln, erlebten wir aufgrund der Finanzkrise einen enormen Nachfrageanstieg. Dieses Interesse ließ jedoch 2010 nach, und der Markt brach kurzzeitig ein. Danach folgten Zinssenkungen, und der Rest ist Geschichte.
Was meinen Sie, werden wir je wieder eine so unglaubliche Hochphase am Immobilienmarkt erleben werden wie in den letzten 15 Jahren?
Diese Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Ich glaube es nicht in dem Sinne, dass ich nicht damit rechne, aber ich schließe es auch nicht aus, weil Märkte immer unberechenbar waren und weiter bleiben werden. Wie heißt es doch so schön: Sag niemals nie! Die vergangene Rallye, insbesondere im Zinshausmarkt, war zweifellos beeindruckend. Die Preise wurden von einer beispiellosen Nachfrage angetrieben, was die Steigerung für viele kaum vorhersehbar machte. Dennoch betrachte ich den darauffolgenden Einbruch nicht als bedauerlich. Es war höchste Zeit, dass diese Dynamik ein Ende fand. Jetzt wird sich der Markt beruhigen, sich bereinigen und neu beleben.
Die Veränderung betrifft Sie auch privat – sprich Ihren Lebensmittelpunkt, richtig?
Vor einigen Jahren traf ich die Entscheidung, die operative Führung der Büros meinen
Partnern vor Ort zu überlassen. Dies war strategisch notwendig, damit ich mich auf den Aufbau der Gruppe und die österreichweite Präsenz konzentrieren konnte. In einem stabilen Marktumfeld war dies ein logischer Schritt. Leider hat sich die Situation am Zinshausmarkt bekanntermaßen verändert. Deshalb plane ich, mich zukünftig wieder stärker in Wien aufzuhalten.
Erwarten Sie eine Bereinigung am Makler:innenmarkt?
Ja, ganz bestimmt. Wenn die Nachfrage und das Angebot hoch sind, gibt es viele Marktteilnehmer:innen. In den letzten Jahren haben wir als Hudej-Gruppe Hunderte von Kund:innen gleichzeitig beraten. Das mag zwar auf den ersten Blick positiv erscheinen, ist jedoch qualitativ nicht nachhaltig. Mein Ziel war es immer, eine herausragende Positionierung am Makler:innenmarkt zu erreichen und die Qualität unserer Dienstleistungen an oberste Stelle zu setzen. Wenn das Zinshaus zu einem Massenprodukt wird, wird es zunehmend schwierig sein, diese Qualität aufrechtzuerhalten. Viele Zinshausmakler:innen werden sich daher neu orientieren müssen.
Welche Renditen bringt ein Zinshaus aktuell?
Die aktuellen Renditen für Zinshäuser liegen zwischen 2,5 und sechs Prozent, abhängig von Lage und Qualität des Objekts. Dabei bleibt der Grundsatz unverändert: Lage vor Qualität.
Ist das eine goldene Regel oder Ihre eigene Meinung?
Diese Bewertung ist keine persönliche Wertung, sondern spiegelt die anhaltenden Strategien der Investor:innen wider. Die Vielfalt der Investitionsstrategien ist ein charakteristisches Merkmal des Zinshausmarktes, dem wir uns als Makler:innen auch in Zukunft wieder verstärkt zuwenden müssen.
Wurde in letzter Zeit eigentlich viel parifiziert und dann abverkauft, weil ein Liquiditätsdruck da war? Und was bedeutet das, bekommt
man da im Endeffekt mehr oder weniger an Kaufpreis?
Kurzfristig betrachtet bietet die Parifizierung sicherlich Mehrwert. In Zeiten von Liquiditätsdruck stehen viele Zinshausentwickler:innen enorm unter Druck, ihre Immobilien zu veräußern. Da der Gesamtverkauf derzeit zu den gewünschten Preisen nicht funktioniert, wird vermehrt abverkauft. Dies ist ein kluger und logischer Schritt. Wohnungen, insbesondere im klassischen Altbau, bleiben weiterhin äußerst gefragt. Somit wird das Parifizieren der Liegenschaften für viele Entwickler:innen eine logische Konsequenz in dieser Marktschwäche, da die Nachfrage nach Wohnungen steigen wird. Das schnelle Geld durch Weiterverkauf ist derzeit so gut wie gar nicht zu erzielen.
Was raten Sie Eigentümer:innen von Zinshäusern, die sich in dieser Marktphase einen Verkauf ihrer Liegenschaft überlegen?
Es kursiert derzeit ein verbreitetes Missverständnis unter Schnäppchenjäger:innen, dass viele erstklassige Zinshäuser zu niedrigen Preisen erworben werden könnten. Das ist leider nicht ganz korrekt. Zwar hat es eine Preiskorrektur im Vergleich zu 2021 oder 2022 gegeben, deren Ausmaß je nach Qualität und Lage der Immobilie variiert. Dennoch rate ich Eigentümer:innen von Zinshäusern, insbesondere privaten Verkäufer:innen, auch in einem rückläufigen Marktumfeld davon ab, ihre hochwertigen Objekte unter Wert zu veräußern. Stattdessen empfehle ich, die Substanz und das Potenzial ihrer Liegenschaften sorgfältig zu evaluieren. Es gibt weiterhin große Kapitalreserven, die nachhaltig angelegt werden wollen.
So stellt sich die Lage am Wiener Immobilienmarkt im Herbst 2024 dar
Wie der Baustoff Holz die moderne Immobilienentwicklung prägt