Was macht eigentlich Naoto Fukasawa?
Der japanische Großmeister des Minimalismus gilt als einer der einflussreichsten Produkt-Designer der Gegenwart. Und das, obwohl er eigentlich um keinen Preis auffallen will. Wie macht das dieser maximale Minimalist?
Rampenlicht ist nicht unbedingt die Lieblingslichtquelle von Naoto Fukasawa. Der japanische Star-Designer und Großmeister des Minimalismus hält sich lieber im Hintergrund und man glaubt es ihm, wenn er das in Interviews auch immer wieder betont: »Es erschreckt mich, wenn Leute Dinge wegen meines Namens kaufen«, sagt er. Kaum verwunderlich also, dass Fukasawa, der heuer im Herbst seinen 68. Geburtstag feiert, sein eigenes Studio erst 2003 gründete.
Seiner Grundlinie, lieber über seine leise Designphilosophie, denn über sich zu sprechen, blieb er dabei treu. »Ich bin nicht leise, um aufzufallen. Ich bin einfach nur nicht so sehr daran interessiert, laut zu sein, um aufzufallen.« Dabei setzt seine Philosophie übrigens auf Zeitlosigkeit und Langlebigkeit und baut auf eine absolute Reduktion in der Formensprache auf, die dann in Kontext zu ihrer Umgebung gesetzt wird. Denn: »Das Design sollte sich nicht nur auf die Gegenstände selbst beziehen, sondern auch auf alle Dinge, die sich im Raum befinden.« Wie so etwas aussehen könnte, exerziert Fukasawa, der gemeinsam mit Jasper Morrison, dem anderen Großmeister des Minimalismus, den Begriff »Super Normal« erfand und prägte, in seinem noch ziemlich neuen Atelier in Tokio vor. Das in einem ruhigen Vorort gelegene Wohn- und Arbeitsgebäude wurde von ihm selbst entworfen – einschließlich der Struktur. Eine Premiere für den Designer, der das Atelier ausschließlich mit seinen Entwürfen und Produkten ausstattete.
Fenster statt Häuser?
Tische, Stühle, Sofas bis hin zu den Trinkgläsern und Fensterscheiben stammen aus seinem Kreativkosmos. Alles fügt sich wunderbar zu einem großen Ganzen zusammen. Superleicht dürfte ihm das Projekt, das während der Covid-Pandemie geplant und umgesetzt wurde, trotzdem nicht gefallen sein. Vor einigen Jahren erwähnte Fukasawa nämlich einmal in einem Interview: »Ich habe irgendwie dieses seltsame Gefühl, dass ich lieber Fenster entwerfen würde anstatt komplette Häuser.«
Massenminimalismus
Nun denn, jetzt kann er beides von seiner Design-Bucket-List streichen. Sollte er eine haben – viel dürfte nicht mehr drauf zu finden sein. Denn, wie er einmal sagte, hat er im Laufe seines Lebens bis auf Autos, Aufzüge und Rolltreppen so ziemlich alles gestaltet, was es zu gestalten gibt. Seine Fähigkeit, dabei das Wesentliche der Dinge zu destillieren und gleichzeitig ihre Funktionalität zu bewahren, hat ihn zu einem der einflussreichsten Designer der Gegenwart gemacht. Er zeigt in seinen Arbeiten den Wesenskern von Produkten – das Archetypische: »Kinder zeichnen so etwas von alleine. Für Designer ist gerade das besonders schwer.«
Fukasawa, der Design an der Tama Art University in Tokio studiert hat und dort heute auch einen Lehrauftrag hat, stellt sich aber dieser Herausforderung. Und das mit Erfolg. Nachdem er sich in jungen Jahren in San Francisco bei IDEO, einem der renommiertesten Designunternehmen der Welt, seinen Feinschliff holte, arbeitete er für unzählige renommierte Marken. Unter anderen Herman Miller, B&B Italia, Samsung, Boffi oder auch Molteni&C. Als besonders fruchtbar entpuppte sich die Zusammenarbeit mit dem japanischen Label Muji, für das unzählige Designstars Arbeiten liefern – allerdings anonym. So richtig drückte er der Branche aber mit der von ihm gegründeten Marke »Plusminuszero« seinen Stempel auf. Dort finden sich nämlich alle Arten von Gegenständen für den Hausgebrauch – vom Luftbefeuchter über Toaster und Monitore bis zum Regenschirm. Und jeder einzelne würde im Rampenlicht bestehen.
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