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© Matthias Heschl

VIENNA DESIGN WEEK 2025: Zu Besuch im Studio Vandasye

Design
Interior Design
Produktdesign
Wien

Das Wiener Studio Vandasye gestaltet Möbel und Alltagsobjekte, die funktional, zugänglich und überraschend sind. Mit dem Format Design Everyday prägt das Duo aber auch die VIENNA DESIGN WEEK. Ein Atelierbesuch.

Besucht man Georg Schnitzer und Peter Umgeher in ihrem Studio im 15. Wiener Gemeindebezirk, ist sofort klar: Hier arbeiten zwei Menschen, die sich blind verstehen. Kein Zufall – die beiden kennen einander seit ihren frühen Studientagen in Graz: »Schon damals haben wir gemeinsam Projekte entwickelt«, so Schnitzer.

Die Wellenlänge hat also gestimmt, und 2008 gründeten sie als Vandasye ihr eigenes Designbüro. Seither haben sie sich mit Möbeln, Alltagsgegenständen und Produkten einen Namen gemacht, die klar und funktional gestaltet sind, dabei aber nie bloß nüchtern wirken. Vielmehr spiegeln sie den Zeitgeist, oft mit Augenzwinkern – und mit dem Anspruch, Antworten auf gesellschaftliche Fragen zu geben. Denn: »Seit unserer Gründung vor 17 Jahren werden wir von Krisen begleitet«, sagt Umgeher. Finanzkrise, Eurokrise, Coronakrise, Energie- und Lieferkettenkrise, Rezession, Inflation und nicht zuletzt die Klimakrise – die Liste ist lang. Doch anstatt zu resignieren, nimmt Vandasye diese Rahmenbedingungen als Ansporn, gestalterisch nach Lösungen zu suchen.

Auf einer Wellenlänge
Georg Schnitzer (.) und Peter Umgeher kennen sich seit Studienzeiten. 2008 gründeten sie ihr Designbüro Vandasye. 

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Wie spät ist es?
Einfach und effektiv. Die »Cardboard Clock« aus Finnpappe mit Zeigern aus dem 3D-Drucker und Quarzwerk von Junghans. 

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Krisensicher

Es geht den beiden um funktionale, soziale und technologische Aspekte gleichermaßen. Ihre Objekte sollen praktikabel und erschwinglich sein, zugleich aber zeigen, wie digitale Tools und Produktionsmethoden klug eingesetzt werden können. So entstehen Möbel oder Accessoires, die standardisierte, leicht verfügbare Materialien mit individuell entwickelten Verbindungsteilen kombinieren. Ein prägnantes Beispiel: die Garderobe, für die Rundstäbe aus dem Baumarkt in eine von Vandasye entworfene Kunststoffvorrichtung gesteckt werden. »Das ist eine Mischung aus Rapid Prototyping und Open Source«, erklärt Schnitzer. Denn Pläne und Dateien stellen die Designer online zur Verfügung: Wer mag, kann sie herunterladen und den eigenen 3D-Drucker damit füttern. Berühmtheit erlangte auch ihre »Cardboard Clock«, eine Uhr aus Karton. Doch nicht nur Technikaffinität prägt das Studio: Ebenso zentral ist die Fähigkeit, zuzuhören und in Dialog zu treten.

Abhängen
Die Rundstäbe für diese Garderobe gibt es in jedem Baumarkt. Die Kunststoffvorrichtung kann sich jede:r per 3D-Drucker selbst ausdrucken.

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Rollenverteilung
Projekte werden gemeinsam entwickelt. Schnitzer kümmert sich um die Grafik, Umgeher baut 3D-Modelle. 

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Alltag öffnen

Ein gutes Beispiel ist der Flaschenöffner »Open«, entstanden in enger Zusammenarbeit mit GOODGOODs, einem Social Business, das Produkte in geschützten Werkstätten herstellen lässt. Schon in der Entwurfsphase überlegten Schnitzer und Umgeher, wie möglichst zahlreiche Mitarbeiter:innen an der Fertigung teilhaben können. »Der Flaschenöffner spiegelt unser Selbstverständnis als Designer sehr gut wider«, so Schnitzer. Für Umgeher ist das Projekt Sinnbild dafür, wie Design als Werkzeug für Teilhabe, Wertschätzung und Fairness wirken kann – jenseits formaler Fragen. Gestaltung, verstanden als soziale Praxis.

Dass Alltagsgegenstände für Vandasye eine besondere Rolle spielen, zeigt sich nicht nur in der Arbeit der beiden, sondern auch in ihrem Engagement für die VIENNA DESIGN WEEK. Seit 2017 kuratieren sie das Format Design Everyday, das Design für den Gebrauch in den Mittelpunkt rückt. Zwischen 20 und 40 Positionen österreichischer Designer:innen werden dort jährlich präsentiert – von Möbeln über Fahrräder bis zu Verpackungslösungen.

Schnitzer und Umgeher sind dadurch zu wichtigen Netzwerkfiguren geworden, die Entwicklungen bündeln, Qualität sichtbar machen und Diskurse anstoßen. »Die Frage, ob es so etwas wie ein typisches ›österreichisches Design‹ gibt, hören wir oft«, sagt Umgeher. »Aber eine klare Definition ist kaum möglich. Dafür ist die Szene zu vielschichtig.« Entscheidend sei weniger eine nationale Handschrift als vielmehr die Qualität und die Relevanz der Projekte. »Und davon«, betont Umgeher, »gibt es in Österreich erfreulich viele.«

Genau darin liegt Vandasyes Stärke: in einem offenen, zeitgemäßen Verständnis von Gestaltung. Nicht das luxuriöse Einzelobjekt steht im Fokus, sondern Entwürfe, die in den Alltag hineinwirken, zugänglich sind und gesellschaftliche Themen aufgreifen.

Aufmacher
Der Flaschenöffner »Open« ist ein Projekt, das gemeinsam mit dem Social Business GOODGOODs umgesetzt wurde. 

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Work in Progress
Die Designer von Vandasye verstehen sich als Generalisten, die sich Wissen aneignen müssen. »Wir sind keine Handwerker, die immer mit demselben Materialarbeiten«, erklärt Umgeher. 

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Erschienen in
LIVING 07/2025

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Manfred Gram
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