Was macht eigentlich Claesson Koivisto Rune?
Seit den 1990ern vereinen Claesson Koivisto Rune Architektur, Design und Materialforschung zu einer stillen, kraftvollen Gestaltsprache. Ob Haus, Sofa oder Schneidbrett – alles bleibt klar, zeitlos und universell.
Die Geschichte von Claesson Koivisto Rune beginnt, wie viele große Geschichten beginnen: mit einem Zusammenschluss Gleichgesinnter und einer Idee, die über das Naheliegende hinausgeht. Mitte der 1990er-Jahre gründen Marten Claesson, Eero Koivisto und Ola Rune ihr eigenes Architekturbüro in Stockholm. Zunächst noch klassisch gedacht. Von Beginn an liegt aber eine gewisse Spannung in der Luft, ein kreatives Potenzial, das andeutet, dass hier nicht nur gebaut, sondern gestaltet, gedacht, kombiniert werden wird. Und so kommt es auch.
Schon früh erkennt das Trio, dass Architektur keine abgeschlossene Welt ist, sondern ein pulsierendes Zentrum, das sich mit anderen gestalterischen Feldern verbinden lässt – mit Innenarchitektur, mit Produktdesign, mit Materialforschung. Eero Koivisto bringt diesen Gedanken später lakonisch auf den Punkt:
»Es geht um eine universelle Architektur, und die schließt das Produktdesign mit ein.« Was nüchtern klingt, beschreibt in Wahrheit einen radikalen Perspektivwechsel – weg vom Objekt, hin zum Kontext, zur Idee des Ganzen. Aus dem klassischen Büro entwickelt sich ein interdisziplinäres Studio, das heute als eines der prägendsten seiner Art gilt.
Gemeinsam sind sie stark
Und immer geht es dabei um das Kollektiv, nicht um die Einzelperson. In Schweden, sagt Koivisto, sei es »traditionell nicht gerne gesehen, wenn man ein zu großes Ego hat«. Das mag skandinavisch untertrieben klingen, erklärt aber viel von der kooperativen, fast symbiotischen Arbeitsweise des Trios. Was zählt, ist das gemeinsame Ergebnis – und dieses ist über die Jahre beachtlich gewachsen.
Heute umfasst ihr Werk ganze Gebäude, Hotels, Wohnhäuser – ebenso wie Möbel, Leuchten, Fliesen, Textilien, Sanitärkeramik, ja sogar Zahnbürsten und Süßwaren. Die Grenze zwischen Architektur und Alltagskultur hebt sich auf, Gestaltung wird hier zur ganzheitlichen Haltung. Diese Konsequenz bleibt nicht unbemerkt. 2004 wird Claesson Koivisto Rune als erstes schwedisches Architekturbüro zur Architekturbiennale in Venedig eingeladen – ein Meilenstein, der Symbolkraft besitzt. Ihre Entwürfe landen in den ständigen Sammlungen des Schwedischen Nationalmuseums, finden Eingang in Ausstellungen rund um den Globus und werden vielfach mit renommierten Preisen ausgezeichnet. Und doch ist ihr Erfolg nie laut, nie aufdringlich.
Denn was ihr Schaffen auszeichnet, ist eine stille Präzision, eine formale Zurückhaltung, die den Menschen nie aus dem Blick verliert. Es ist ein Designansatz, der nicht dominieren will, sondern begleiten – über Jahre, über Generationen hinweg. Dabei spielt auch die japanische Designtradition eine entscheidende Rolle: »Skandinavier und Japaner teilen dieselben Design-Werte: Es geht um Understatement, darum, nicht zu sehr zu protzen, Dinge zu entwerfen, die unaufdringlich sind und lange halten.«
Ehrlich wehrt am längsten
Diese Nähe zur japanischen Denkweise ist mehr als ein ästhetischer Bezug – sie unterstreicht ein ethisches Verständnis von Gestaltung. Demokratisch im Anspruch, langlebig im Effekt, verantwortungsvoll im Umgang mit Ressourcen. Nachhaltigkeit ist dabei kein zusätzliches Label, sondern fester Bestandteil des gestalterischen Selbstverständnisses – seit mehr als drei Jahrzehnten. Claesson Koivisto Rune zeigen, dass gutes Design nicht laut sein muss, um gehört zu werden. Es reicht vollkommen, wenn es ehrlich und durchdacht ist.