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(c) Patrick Tourneboeuf chez Tendance Floue pour Grand Palais RNM, Paris 2023

Paris 2024: Das Grand Palais wiedereröffnet als olympische Spielstätte

Architektur
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Paris

Nach einer über zweijährigen Renovierung und der größten Sanierung in der Geschichte des historischen Gebäudes, steht das Grand Palais als Austragungsort der olympischen Sommerspiele in Paris in den Startlöchern. LIVING kennt die Details.

Die olympischen Sommerspiele in Paris sind die Feuerprobe für das sanierte Grand Palais. Der Prachtbau mit einer stellaren Dachkonstruktion aus Glas und Stahl gilt als einer der Hauptsehenswürdigkeiten von Paris, pittoresk an der Prachtbrücke Pont Alexandre III gelegen. 1896 in nur drei Jahren für die Weltausstellung 1900 in Paris erbaut, blickt es aus auf eine bewegte Geschichte zurück. Zuletzt war es vor allem als Ausstellungsort und Schauplatz von Karl Lagerfelds Chanel Laufstegshows einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Chanel spendete übrigens eine umfangreiche Summe - die exakte Höhe ist nicht bekannt - für die Renovierung.  Nun wird das Grand Palais schrittweise wiedereröffnet. Den Anfang macht die Austragung der olympischen Sommerspiele 2024: Fecht- und Taekwondo Athlet:innen werden das soeben fertiggestellte Hauptschiff einweihen.

 

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Karl Lagerfeld verwandelte das Grand Palais stets in eine medienwirksame Kulisse für Chanel-Shows.

Reiche Geschichte: Vom Bau bis zur Kernsanierung

Bereits seine Entstehungsgeschichte ist sagenumwoben: Bei einem Architekturwettbewerb für den Erbau des Grand Palais ging im Jahr 1896 kein klarer Gewinner hervor. So entschied man sich, das Gebäude als Mischung von drei verschiedenen, eingereichten Projekten zu erbauen. Eine Zwangsehe, die noch dazu in einer Rekordzeit von drei Jahren vollzogen werden musste. Henri Deglane entwarf das Schiff, Louis-Albert Louvet den Zentralblock samt Prachtstiege und Albert Thomas das Palais de la Découverte, wo heute das Wisssenschaftsmuseum beheimatet ist. Architekt Charles Giraud führte die Pläne zusammen und koordinierte die Großbaustelle. Stilistisch ist das Grand Palais der Beaux-Arts-Epoche zuzuordnen, jedoch kamen beim Bau massiv als modern geltende Rohstoffe, wie Stahl oder Glas, zum Einsatz. Allein für die Dachkonstruktion benötigte man sechs Tonnen Glas und Stahl. Nach der Weltausstellung blieb die imposante Mischkulanz nutzungsflexibel und überdauerte als Rennstrecke bis hin zum Militärkrankenhaus zwei Weltkriege. Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts hat sich das Gebäude zum internationalen Schaufenster der französischen Kultur entwickelt, beherbergte Leitmessen wie Blockbuster-Ausstellungen. In den letzten Jahren vor der größten Renovierung in seiner über 100-jährigen Geschichte wurden die Bau- und Sicherheitsmängel des Grand Palais immer offensichtlicher, auch die Umgebung des Denkmals, sein Garten und seine Einbindung in das historische Stadtensemble wurden zusehends vernachlässigt. Im März 2021 schloss das Grand Palais seine Pforten für eine auf 466 Millionen Euro geschätzte Renovierung. Es ist die bisher größte Kernsanierung in der Geschichte des Prachtbaus. Das mit der Renovierung historischer Gebäude erfahrene Pariser Architekturbüro Chatillon Architectes unter der Leitung von François und Simon Chatillon führt seither die umfangreichen Sanierungsarbeiten an. François Chatillon ist zudem seit 2004 ein »Architecte en chef des monuments historiques«, sprich ein zertifizierter Denkmalexperte.

Mammutprojekt: Sanierung des Grand Palais

Dank der 3D-Überlagerung von mehr als 3.000 Archiv- und Vermessungsplänen wurde in einem ersten Schritt eine Denkmaldiagnose der rund 72.000 Quadratmeter großen Fläche durchgeführt, um den gesamten Komplex zu modellieren und zu verstehen. Technische Lösungen, die das Gebäude in der Gegenwart umfangreich nutzbar machen, wurden in diesem Schritt bereits berücksichtigt. Im Zentrum aller Überlegungen standen die beiden Ziele, einerseits die historische Substanz so umfangreich wie möglich zu erhalten, andererseits zeitgenössische Grundrisse und benötigte Technik zu installieren. Die Kohärenz der Gebäudekomposition, die Großzügigkeit seiner Räume, sein natürliches Licht sowie die Nord-Süd- und Ost-West-Perspektiven wurden dabei erhalten. Aus thermischer Sicht wurde die Integration einer Bodendämmung des Hauptschiffs umgesetzt, um es besser ganzjährig nutzen zu können. Künftig kann zudem die Öffentlichkeit einen Teil des Untergeschosses entdecken: Wo sich die ehemalige Reitbahn befand, wurde eine Kinderbetreuungsstätte eingerichtet.

Historische Substanz und Zeitdruck machten die Renovierungsarbeiten zur Herausforderung.

Wiedereröffnung in Etappen

Als Austragungsort der Fecht- und Taekwondo Bewerbe während der olympischen Sommerspiele 2024 pressierte vor allem die Sanierung des Hauptschiffes, mit seiner imposanten Glas-Stahl-Konstruktion und einer Fläche von 13.500 m2. Es wird mit dem Beginn der Sommerspiele am 26. Juli 2024 der Öffentlichkeit wieder zugänglich sein. Einige Monate später, im Herbst 2024, werden Messen und Ausstellungen in großzügigen Räumlichkeiten des Grand Palais zurückkehren. Die permanente Sammlung wird ab 2025 wieder eröffnet.

Der Prachtbau an der Pont Alexandre III erstrahlt wieder in neuem Glanz.

(c) Patrick Tourneboeuf chez Tendance Floue pour Grand Palais RNM, Paris 2023
Verena Schweiger
Verena Schweiger
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