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(c) Volker Conradus

Nidus: Wie zwei Frauen aus Düsseldorf Architektur neu definieren wollen

Architektur

Das Frauen-Duo Nidus entwickelt und entwirft besondere Häuser mit dem Fokus auf dem Bestand. Dabei sorgen natürliche und in Schönheit alternde Materialien für Nachhaltigkeit, wohnliche Atmosphäre und dauerhafte Werte.

Dass sich eine Architektin und eine Juristin zusammentun, um Architektur zu gestalten, ist so naheliegend, dass man sich wundert, dass es fast nie passiert. Schließlich kommt man beim Bauen heute um juristische Expertise längst nicht mehr herum. Passiert ist es in Düsseldorf, wo Ana Vollenbroich (Jus) und ihre Frau Annelen Schmidt-Vollenbroich (Architektur) nach dem gemeinsamen Studium der Immobilienwirtschaft 2016 ihre Firma Nidus (lateinisch für Nest) gründeten.

Nicht abreißen

Einher mit der Gründung ging der erste Immobilienerwerb, ein Haus mit Baujahr 1880. Das zweite Objekt, ein Haus aus den 1950er-Jahren, war schließlich Liebe auf den ersten Blick. »Wir waren die einzigen Bieterinnen, die das Haus nicht abreißen wollten«, erinnert sich Ana Vollenbroich. Sie bekamen den Zuschlag, und von da an war es klar: Das Adaptieren von besonderer, von den meisten anderen übersehener Bausubstanz sollte das Kerngeschäft von Nidus werden. Heute, fast zehn Jahre später, haben sie ein sorgfältig komponiertes Portfolio von Objekten mit unterschiedlichem Charakter aufgebaut, die alle eines gemeinsam haben: Sie wurden von allem Überflüssigen befreit und architektonisch zu sich selbst geführt. Ein Haus auf Sylt darf, bereinigt vom rustikalen 1980er-Jahre-Dekor, Seeluft atmen. Ein Bauernhaus aus den 1960er-Jahren in Ostfriesland wurde von späteren Einbauten befreit und wieder zu sich selbst geführt. Ein Hofgebäude in Düsseldorf wurde mit einem Haus für drei Familien erweitert. Und auch der erste komplette Neubau, ein Doppelhaus mit heller Ziegelfassade und schmalen Rundbogenfenstern, fügt sich hier nahtlos ein. Denn bei allen Projekten und bei der eigenen Möbelkollektion setzt das Nidus-Duo konsequent auf natürliche Materialien, die gut altern: Fliesen, Holz, Ziegelstein, ungefärbte Stoffe. High-Tech-Spielereien und Touchscreens sucht man hier vergeblich. »Wir lieben es, die Geschichte eines jeden Hauses zu recherchieren und weiter zu erzählen«, sagt Annelen Schmidt-Vollenbroich. So beherbergt das Nidus-Nest nicht nur Planen, Entwerfen, Entwickeln und Möbeldesign, sondern auch die Vermittlung von Architektur. Die Gründung einer eigenen Galerie war hier nur konsequent.

Schönheit und Storytelling

Zum Erfolg dieser Synthese von Schönheit, Storytelling und Unternehmertum trägt zweifellos die Expertise der beiden Gründerinnen bei. »Wir sind füreinander ein wichtiges Korrektiv, und wir holen uns gegenseitig immer aus der Fach-Ecke heraus, wenn wir uns verrennen«, sagt Schmidt-Vollenbroich. Gemeinsam ist es auch gelungen, sich als Frauenteam gegen Vorurteile in der Bau- und Immobilienbranche durchzusetzen. Das ist oft anstrengend, aber die beiden nehmen es mit Humor, und der Erfolg gibt ihnen recht. »Viele Firmen, mit denen wir seit Langem zusammenarbeiten, schätzen unsere strukturierte und lösungsorientierte Arbeit, auch in Konfliktsituationen«, sagen sie. Und das (derzeit ebenfalls rein weibliche) Nidus-Team gibt die nötige Rückendeckung. Ein ganz besonderes Objekt ist derzeit in Düsseldorf in Arbeit: Eine denkmalgeschützte ehemalige Glasmalerei-Werkstatt wird zum neuen Nidus-Hauptquartier adaptiert. Wenn sich 2025 hier die Tore öffnen, finden sich Büro, Galerie, Möbel-Showroom und sogar ein Café unter einem Dach. Eine Einladung, auf die man sich ganz ohne Schwellenangst einlassen darf, sagen die beiden: »Man muss uns auch kein Haus abkaufen, man darf auch nur hineinschlendern und stöbern!« Und sich Geschichten von Häusern erzählen lassen.

Zum ausführlichen Interview geht es hier

Erschienen in
Ausgabe 02/2024

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Maik Novotny
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