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Mailand im Designfieber: Der Salone del Mobile 2025

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Welche Ideen bewegten heuer die Designer:innen auf dem Salone del Mobile, welche Konzepte und Installationen waren besonders beeindruckend?

Von Nachhaltigkeit, dem Motto »Thought for Humans«, einem 70er-Revival, über überdimensionierte Sofalandschaften bis zu Multisensorik und Collectible Design war jedenfalls alles dabei, was im Interior-Universum Furore macht. Das war der Salone del Mobile 2025 und LIVING war mittendrin.

Es war wieder einmal berauschend und intensiv zugleich: Mit über 1.000 Events sowie geschätzten 305.000 Besucher:innen wurde vom 8. bis 13. April die Milan Design Week 2025 unter dem Motto »Erfolgreich gemeistert« in den Design-Annalen deponiert. Die Messe, das eigentliche Hauptereignis, der interna­tional besuchte Salone del Mobile selbst, der heuer seine 63. Edition feierte, zeigte parallel 2.000 Aussteller:innen aus 37 Ländern, über 300 Unternehmen davon zählte man auf der Lichtbiennale Euroluce. Ein Ereignis, das alle zwei Jahre das renommierte Designspektakel erfolgreich in ein ansehnliches Scheinwerferlicht rückt.

»Library of Light«

Eindrucksvoll war die Installation der Set-Designerin Es Devlin, die im Cortile d’Onore der Pinacoteca di Brera den Wert des Wissens mit 2.000 Büchern symbolisierte.

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Der April in Mailand ist wohl der intensivste Monat für die Designbranche im Jahr, wenn der Salone del Mobile mit seinen vielen zusätzlichen Parallelveranstaltungen die italienische Stadt für eine Woche in ein ultimatives Kreativszenario verwandelt. Es gibt kaum ein Medium, das nicht über das bunte Treiben berichtet, keine von sich überzeugte Brand, die sich nicht mit Können und Professionalität in die Bresche wirft, um das hart erarbeitete Ergebnis eines Jahres schillernd zu präsentieren. Der Mix aus visionären Trends und inspirierenden Produkten sowie neu aufgelegte Kollektionen oder einfach erfolgreich Vertrautes neu zu denken, machen Milano zum unangefoch­tenen Trendbarometer der Designwelt.
Maria Porro, Präsidentin des Salone del Mobile.Milano, brachte es gezielt auf den Punkt: »Die 63. Ausgabe des Salone del Mobile war ein Leuchtturm 2025, das von globalen Herausforderungen geprägt ist: Sie hat Stärke und eine gemeinsame Vision gezeigt. Die Branche hat einmal mehr bewiesen, dass Qualität und Innovation in Bezug auf Verfahren und Produkte in einem immer härter werdenden internationalen Wettbewerb die entscheidenden Faktoren sind.«

Bodo Sperlein
Handwerkskunst, Materialität und Innovation verschmelzen lassen – »Menu« war eine kühne Ausstellung, die von Bodo Sperlein konzipiert und kuratiert wurde und die historische anglikanische Kirche All Saints in Brera in einen modernen Speisesaal verwandelte.

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USM
Zur diesjährigen Milan Design Week stellte USM eine Neuheit vor: Die große Gestaltungsfreiheit des modularen Systems wird um ein
kreatives Add-on ergänzt, welches einmal mehr dessen Vielseitigkeit unterstreicht.

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Moooi
Die Welt von Moooi erobert Mailand. Nach einer intensiven Design-Woche an drei Standorten eröffnet das Unter­nehmen nun einen permanenten Store in der Via Filippo Turati 2.

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Galleria Rossana Orlandi
Die Galerie-Ikone legt Wert auf Collectible Design und gibt jungen Künstler:innen die Möglichkeit, ihre Talente ­auszuleben.

© Marco Menghi

Der Salone del Mobile, geprägt von globalen Herausforderungen, war ein Leuchtturm 2025 und hat Stärke sowie eine gemeinsame Vision gezeigt.

Maria Porro

Präsidentin Salone del Mobile

Maria Porro

Präsidentin Salone del Mobile

VERTRAUEN IN BEKANNTES

Auf unserer Pilgerreise durch Mailand, die ein so großes Programm offeriert, dass es zeitlich in einer Woche nicht zu absolvieren ist, wird schnell klar: Aufgrund der nach wie vor unsicheren Wirtschaftslage entschieden sich viele Hersteller:innen heuer für Altbewährtes in neu interpretierter Form statt dafür, unsicheren Projekten und kostspieligen Neuheiten den Vorzug zu geben. Das schlug sich vor allem in der Farbwelt und im Mobiliar nieder: Man reüssierte erneut mit viel Beige, Erdtönen und Ocker kombiniert mit zarten Pastelltönen oder sattem Dunkelgrün (z. B. bei Minotti). Auch organische Formen – seit Corona ein Dauerbrenner – erwiesen sich als Sieger in den Kollektionen. Die 60er und 70er erlebten ein Revival – besonders intensiv zu sehen ebenso bei Minotti oder bei der limitierten Neuauflage des ikonischen »Mah Jong«-Sofas von Roche Bobois, das Drucke und ­Standbilder aus Filmen von Pedro Almodóvar zeigt. Runde Formen wurden ebenso bei Edra großgeschrieben – dem Alltagsstress zum Trotz produzierte man für outdoor überdimensioniert große Relax-Sofalandschaften in neuem Materialgewand. Indoor verließ man sich auf gut Bekanntes. Monica Mazzei, CEO von Edra, favorisierte dabei die Macht der Natur: »Unsere Outdoorwelten fügen sich nahtlos in die Schönheit der Natur ein. Wir haben Stoffe produziert, die die Leuchtkraft von Pflanzen und Wiese widerspiegeln.«

DESIGN, DAS EMOTIONAL BERÜHRT

Das Motto »Thought for Humans« – Design, das sich dem Leben anpasst, wurde auf der Milan Design Week generell als starkes Statement zelebriert. Im Mittelpunkt steht nicht nur schönes Interior, sondern jene Möbel, die Beauty, Lifestyle und Lebens­qualität vereinen. Es geht um Produkte, die gleichzeitig intuitiv funktionieren, emotional berühren und nachhaltige Werte verkörpern. Sofas, die durch modulare Elemente mitwachsen – vom feinen Zweier zum gemütlichen Familien­corner. Tische mit kabellosem Laden, integrierter Beleuchtung oder ausziehbaren Oberflächen. Küchen, die sich durch smarte Funktionen und natürliche Materialien zu Lebensräumen weiterent­wickeln. Und das Beste daran: Viele dieser Innovationen basieren auf umweltbewussten Konzepten. Recycelte Stoffe, FSC-zertifizierte Hölzer und Systeme, die für Ressourcenschonung stehen. Nachhaltigkeit als Grundprinzip ist also gekommen, um zu bleiben, und reüssiert im Wohnbereich längst als Standard und neues Premium. Nicht verwunderlich: In unsicheren Zeiten suchen Menschen nach Rückzugsorten, die Balance und Natur­verbundenheit ausstrahlen.

V-ZUG
vermittelte Inspirationen durch eine Installation mit Performance-Einlagen, konzipiert von Elisa Ossino. »Banquet Echoes« vereint visuelle, haptische und kulinarische Elemente zu einem ganzheitlichen Erlebnis, das Kunst und Technologie verbindet.

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AUSLAGE MIT MEDITATIONSZONEN

Wir tummeln uns weiter auf der versatilen Spielwiese des Designs und treffen auf eines der heurigen Trendprodukte: Glas! Das ausdrucksstarke Material tritt 2025 in den Vordergrund, ist nicht mehr unsichtbar, sondern wird farbenfroh und um lebendige Oberflächen erweitert, wie bei Miniforms oder 6:AM Glassworks. Längst so wichtig wie der Salone del Mobile in seiner Pracht ist das facettenreiche Rahmen­programm, das in der City unter der Schirmherrschaft des Fuorisalone fungiert. Dazu gehörten neben vielen anderen Themen Präsentationen über die bewusste Verlang­samung des Raumerlebens.

Meditative Zonen, kombiniert mit Sounddesigns, Duft und haptischen Elementen, schufen Inseln der Achtsamkeit. Bei Moooi wurde mit der multisenso­rischen Performance »A Life Extra­ordinary« das Physische mit dem Digitalen verschmolzen und Produktdesign, Interior und Technologie wurden in ein neues Licht gerückt. Und es gab in der Tat einige Installationen, die unsere Aufmerksamkeit erregt haben: »The Opposites United: Eclipse of Perceptions«, eine Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit den Künstler:innen Philippe Parreno und A.A. Murakami für Kia Design kuratiert und im Museo della Permanente installiert wurde. Die Installation untersuchte die Designphilosophie von Kia durch vier sensorische Installationen: »Marquee«, »The Cave«, »Beyond the Horizon« und »The Eclipse«. Diese Werke spiegelten die Philosophie von Kia, »Opposites United«, wider und unterstrichen die Überschneidung kontrastreicher Elemente im zeitgenössischen Design. Ein weiteres Installations-must-see fand im Herzen der Pinacoteca di Brera statt: Dort kreierte die britische Künstlerin Es Devlin mit ihrer »Library of Light« eine 18 Meter breite, sich drehende Skulptur aus beleuchteten Bücherregalen mit über 2.000 Bänden und integrierten Spiegel­flächen, die tagsüber das Sonnenlicht über die Statuen des Hofes reflektierten. Als ebenso bemerkenswert erwies sich »glo for art Hyper Portal«: ein einzigartiges sensorisches Erlebnis der Kreativen Michela Picchi, bei dem Kunst, Technologie und Kreativität in einer außergewöhnlichen Reise miteinander verbunden wurden und das Thema des Fuorisalone 2025, »Connected Worlds«, perfekt interpretiert werden konnte.

DESIGN FÜR HEUTE UND MORGEN

Und was gab’s noch? Die legendäre Nilufar Gallery von Nina Yashar zum Beispiel, L’Appartamento von Artemest, etliche Fashionbrands von Louis Vuitton bis Gucci, die Instal­lationen präsentieren, oder der legendäre Schauplatz von Galerie-Ikone Rossana Orlandi, die Künstler:innen aus der Collectible-Design-Szene Raum für Ausstellungen gibt. Nicht zu vergessen die Nomad-Plattform Alcova, ein ­eigenes Universum für sich, das für Schönheit im städtischen Verfall plädiert. »Wir sehen Alcova nicht als Ausstellung, sondern als Momentaufnahme dessen, was Design heute ist«, konstatieren die Gründer. So darf man auf das Morgen gespannt sein.

Louis Vuitton im Palazzo Serbelloni
Die außergewöhnlichen Kreationen kreativ zur Schau gestellt: »Objets Nomades und Koffer« – ein Zusammenspiel von Innovation und Kunsthandwerk im modernen Leben.

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Nilufar Gallery
präsentierte »Repertorio«, eine immersive szenografische Ausstellung, die von der Vision von Nina Yashar geprägt ist und in der sich Design in einer theatralischen Komposition entfaltet.

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Erschienen in
LIVING 04/2025

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