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Kinderstube: Designbrands fürs Kinderzimmer

Interior Design
Familie
Kinder

Matching Thonet-»Freischwinger« für Papa und Sohn, der »Up Chair« von B&B Italia geschrumpft – Designklassiker sind längst im Kinderzimmer angekommen. Aber welche Brands sollte man noch kennen? Das sind die Next Generation Gems!   

Titelbild: Magic exists: Heißluftballon, Hasenohren, -Candy-Farben – die Wohnwelten des portugiesischen Herstellers Circu sind schlichtweg fantastisch. circu.net

Kommt ein Kind auf die Welt, verändert sich bekanntlich alles – und »alles« meint auch das Interieur. Eine Wickelkommode muss her, ein Stubenwagen, und nicht wenige Mamas träumen vom Schaukelstuhl, in dem man mit dem Baby kuschelt. Wer Instagram als Inspirationsquelle nutzt, wird schnell feststellen: Es herrscht eine Art »Good Taste Mainstream« vor, die Babyzimmer sind fast immer in neutralen oder zumindest soften Farben gestaltet, es gibt viel Rattan, an der Wand Makramee, Vintage Art oder ein Typo-Poster, am Boden einen – waschbaren – Lorena-Canals-Teppich und gerne auch ein Tipi, selbst wenn das Kleine noch sehr klein ist. Im Tipi drinnen: das Bauhaus-Bilderbuch. Und was im Wohnzimmer die Tom-Dixon-Leuchte, ist im Kinderzimmer das Statement-Mobile. Beispiel: das »Plywood Mobile« von Ray and Charles Eames.

Good Taste Mainstream im Kinderzimmer

Wer es überdrüber mag, sollte die portugiesische Marke Circu kennen. Ein Heißluftballon als Lounge oder ein Bett, dessen Headboard in Form von überdimensionalen Hasenohren daherkommt – »magisch« nennen das die Macher. Und tatsächlich gibt es wohl kaum ein Kind, das zur »Bubble Gum Leseecke« – eingebaut in einem wandfüllenden Bücherregal – »Neeeeeeein« sagen würde. Weiche, ja plüschige Materialien, organische Formen, Candy-Farben und ein Hoch auf die Fantasie machen die handgefertigten Produkte von Circu einmalig am Markt. So wirklich zum Rest des Interieurs wird Circu vermutlich nicht passen und das ist fast schon ungewöhnlich, scheint doch der korrelierende Stil das Um und Auf zu sein. So laufen viele Brands auch als Family und nicht als Kids Brands, Beispiel Nobodinoz aus Frankreich. Man braucht es nicht groß erklären, es geht natürlich ums Vermeiden von Stilbrüchen. Gerne mit Twist. Die Gründer Murielle and Roman Bressan:
»Uns geht es um Einzigartiges und Überraschendes. Der Markt ist gesättigt von erdfarbenen und grauen Produkten, wir glauben an Farben und Muster! Und eine mediterrane Lebendigkeit.« Das schafft die aktuelle Kollektion »Landscape« spielend. Ob stilisierter »Blue Canyon« auf dem Quilt oder blitzblauer Bean Bag – die Bressans sprechen davon, »eine Umgebung zu schaffen, in der sich Kinder glücklich, sicher, wohlig und auch unabhängig fühlen können«. Ähnlich charmant: das lettische Label Wigiwama, das insbesondere für seine originellen Sitzgelegenheiten bekannt ist. Baltische Herkunft trifft Scandi-Chick: Die Designer nennen den Style »Wigi«. Neu: der »Moon Chair« in drei Modulen – zum Sitzen, Liegen oder Was-auch-immer-Bauen. Sessel sind ja sowieso die Königsklasse im Design – auch bei den Minis. Ob Carl Hansen, Thonet oder der Sessel »Mini Bold« der französischen Brand Moustache, bei Möbeln dürfen es auch gerne kleine Klone sein.

Aus Lettland: Der neueste Sessel von Wigiwama – der »Moon Chair« – besteht aus mehreren Modulen und kann munter umgebaut werden. wigiwama.com

Kleiner Klon: Das Schweizer Designkollektiv Big-Game gestaltete Kindermöbel für Hay und Magis. Den »Bold«-Chair für Moustache gibt es für Groß und Klein. moustache.fr

Verwandlungskünstler im Kinderzimmer

Bei vielen Eltern erhöht sich allerdings der Puls, wenn sie an »noch was zum Sitzen« denken – oder die Wickelkommode, die in Schönheit zwar nicht verendet, aber verstaubt, weil man dem Baby ständig irgendwo anders die Windeln wechselt. Hier kommt Sima Niroumand von Habitiny ins Spiel. Die Kölnerin erspart vielen Familien den Umzug dank maßgeschneiderter Raumplanung. Hier ein Bett fürs Geschwisterchen unter der Stiege, dort eine aushängbare Rutsche. Beispiel Wickeltisch: »Wir gestalten ihn so clever, dass er später problemlos eine andere Funktion übernehmen kann.« Niroumand, die natürlich viel mit Tischler:innen kooperiert, ist überzeugt davon, dass »flexible und modulare Möbel unverzichtbar sind«. Zu Beginn brauche es »recht wenig«. Aber: »Mit zunehmendem Alter gewinnen Stauräume, Rückzugsorte und Bereiche zum Kreativ-Werden an Bedeutung. Oder Bewegungs-elemente.« Und nochmal später, »ist ein schallisoliertes Zimmer von Vorteil – oder ausreichend Sitzgelegenheiten für Freunde«. Das Portfolio von Habitiny wird von viel kräftiger Farbe getragen, man setze, so Niroumand, »auf lebensfrohe Nuancen, die sowohl auffällig als auch subtil sein können«. Familien bekommen zwei bis drei Farbsets zur Wahl und entscheiden – so ist es zumindest gedacht – gemeinsam. Merke: Farbe ist nicht gleich­bedeutend mit bunt, bewusst eingesetzt, schafft sie einen emotionalen Zugang zu den Dingen. Sie kann stimulieren oder entspannen, gerade in Kinderzimmern sollte Platz für alle Lebens- und Gefühlswelten sein.

Fixe Größe: Die Betten von Flexa aus Dänemark sind seit -Jahrzehnten beliebt. flexaworld.com

Starkes Statement: Dieses Bett von Rafa-kids aus Rotterdam ist was für Teenies.rafa-kids.com

Kinderzimmer im Wandel: Von Wohlfühlwelt bis Raum für Statements

Dass modulare Möbel im Kinderzimmer Sinn machen, steht außer Frage: gerade höhenverstellbare (Spiel-)Tische oder ausklappbare Sofas. Die geradlinigen Betten der dänischen Marke Flexa gelten für viele Eltern zum Beispiel als Nonplusultra. Es hat aber schon auch einen Grund, dass etliche Brands – Beispiel Nobodinoz – ihre Kernzielgruppe bis sechs Jahre definieren. Man könne zwar, so die Gründer schmunzelnd, den blauen Beanbag mit einem Frozen-Kissen kombinieren, aber Fakt ist: Das Schulalter ist eine Zäsur und spätestens ab dem Teenager­alter geht es um »starke Statements«, wie Agata Seredyn betont. Gemeinsam mit ihrem Mann hat die niederländische Architektin das Label Rafa-kids gegründet. Sie weiß unter anderem von ihren eigenen Söhnen: »Betten sollten altersentsprechend designt werden.« Der Rafa-Bestseller: ein pechschwarzes Stockbett – das »F bunk bed« mit »R toddler bed« darunter. Nicht nur der Farbton ist besonders: Das untere Bett steht im 90-Grad-Winkel zum oberen. Ein modernes Stockbett, wie man es sonst nur von Oeuf NYC kennt. Noch so eine Marke, die man sich unbedingt anschauen sollte. Hat ja auch keiner behauptet, es sei wenig Arbeit, Kinder großzuziehen.

Made in Europe: Nobodinoz (tolle Sitzsäcke!) fertigt in Frankreich und Spanien. nobodinoz.com

Erschienen in
LIVING 04/2024

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Nicola Afchar-Negad
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