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(c) Luce di Carrara, Kairo Collection, Foto: Nicola Gnesi

Karim Rashid: »Gartenmöbel müssen menschlich sein«

Interior Design
Designer

Seine Produkte sind weltbekannt und oft aus Plastik. Wie die bunte »Garbo Can« oder der »Oh Chair«. Im Gespräch mit LIVING erzählt Karim Rashid, warum Innovationskraft zu einer Demokratisierung von Luxus-Interior führt und Gartenmöbel auch einmal aus Marmor sein dürfen.   

Titelbild: Der Kairo-Code: Die Doppelbogenform der Stühle wurden von königlicher Architektur Ägyptens un dem Monumentalismus Kairos inspiriert. lucedicarrara.it

Sein Markenzeichen ist buntes, organisches Interior aus Kunststoff. Sein Stil: elegant und minimalistisch, manchmal verspielt und sinnlich. Karim Rashid entwirft Interior für viele wichtige Hersteller, etwa Sony, Zanotta, Alessi, Audi, Artemide, aber auch massenproduzierte Möbel und Home-Accessoires. Er war Professor für Industriedesign, wurde mit zahlreichen renommierten Designpreisen gekürt und führt sein Designstudio in New York. Die Liste lässt sich fortführen: Rashid ist Ehrendoktor im Corcoran College of Art & Design, seine Arbeiten sind in den besten Museen der Welt zu finden, darunter natürlich im Museum of Modern Art in der Skyline-Metroplole. Für Luce di Carrara hat der in Kairo geborene Designer nun eine Outdoorkollektion aus Naturstein entworfen: ein schöner Anlass, den umtriebigen Gestalter zum Gespräch zu bitten.

LIVING Sie haben für die »Kairo Collection designed by Karim Rashid for Luce di Carrara« Marmor verwendet. Das ist überraschend, immerhin sind Sie eher für Ihre Arbeiten mit Kunststoff bekannt. Wie kam es dazu?

KARIM RASHID Ja, es scheint so, als wäre Kunststoff mein Lieblingsmaterial. Tatsächlich arbeite ich mit allen möglichen Materialien, Plastik hat einen Anteil von weniger als 20 Prozent. Marmor ist organisch, Tausende Jahre alt und wird, wie die Pyramiden und Skulpturen der Antike, ewig existieren. Marmor ist hart und imposant und trotzdem manchmal auch weich und sinnlich, das ist faszinierend.

Karim Rashid: Der Produktdesigner war Professor für Industriedesign, ist Ehrendoktor der OCAD in Toronto und des Corcoran College of Art & Design in Washington und werkt in seinem Studio in New York.

(c) Cida de Aragon

Marmormonolith: Armchair und Coffee Table eignen sich für in- wie outdoor und sind in fünf Farben erhältlich.

(c) Luce di Carrara, Kairo Collection, Foto: Nicola Gnesi

Sie haben 2009 den »Kairo«-Chair aus Zedernholz für Riva 1920 entworfen. Warum eignen sich Holz und Marmor gut für den Außenbereich?

Genau, ursprünglich aus einem Zedernholz-Monoblock gefertigt, wollte ich das Projekt neu interpretieren, um ein Möbel aus einem Marmormonolith zu machen. Der Thrill beim Entwerfen bestand darin, die Naturstein­kollektion zum Leben zu erwecken.

Haben Sie Monolithe gewählt, damit der Stuhl seinen festen Platz im Freien hat? Welche Idee steckt hinter den Blockformen?

Ich wollte, dass das Material mit der Natur kommuniziert. Aus gestalterischer Sicht sind Monoblock-Kunststoffstühle eine demo­kratische Befreiung. Sie haben eine nahtlose, organische Form, die mit keinem anderen Material hergestellt werden kann. Das ­Polycarbonat ermöglicht es, stabile und kostengünstige Stühle herzustellen. Ich liebe die skulpturale Qualität des Monoblock-Stuhls.

Warum haben Sie für Luce di Carrara die Farbe Dunkelbraun gewählt?

Ich glaube, Luce di Carrara hat den braunen Marmor selbst in den Gestaltungsprozess mit eingebracht. Ich liebe ja die Farbe Weiß, in- und outdoor. Weiß ist spirituell, zurückhaltend, kultiviert und rein. Ich möchte damit positive Energie in die Welt schicken. Weiß gibt mir ein optimistisches und aufgeschlossenes Gefühl. Weiß ist die Art und Weise, wie man Form und Konzept wirklich sieht, ohne von Farbe oder Muster abgelenkt zu werden. Deshalb versuche ich, meine Arbeiten immer erst in Weiß zu entwerfen, und füge bei Bedarf Texturen und Farbe hinzu. Die »Kairo«-Kollektion gibt es übrigens auch in weißem Marmor.

Was ist das Geheimnis guter Outdoormöbel?

Designer:innen müssen unsere physische und virtuelle Welt humanisieren. Gute Gartenmöbel sollten menschliche Eigenschaften wie Emotion, Humor, positive Energie, Erhabenheit und Benutzer:innenfreundlichkeit ausstrahlen.

Sind Marmor und Holz heute nachhaltiger als recycelter Kunststoff? Oder gelten sie als Luxus?

Luxus ist eine Möglichkeit, das eigene Leben durch Dinge, die wir lieben, zu bereichern, unsere Entscheidungen zu ändern und so den wichtigsten Luxus des 21. Jahrhunderts zu schaffen: die »Freizeit«. Der Luxusmarkt ist noch von Handarbeit geprägt. Innovation, Robotertechnologien und neue Produktions­methoden haben die Idee von Luxus aber neu definiert. Es geht nicht mehr nur um perfektes Handwerk oder Markenbekanntheit, sondern um Innovation. Dadurch wird Luxus demo­kratisiert. Heute kann eine preiswerte Flasche Spülmittel so schön sein wie eine teure Flasche Parfum, ein Stuhl aus Plastik so schön und hochwertig wirken wie Marmor.

Welcher Materialmix ist gut für Outdoormöbel geeignet?

Alle natürlichen Materialien altern gut in der Natur. Ich liebe Materialien, die leicht zu reinigen sind, schön altern und allen Elementen standhalten. Dazu gehört perforiertes Metall, da es Material spart und Regenwasser durchfließen lässt. Auch die Kombination Stuhl und Kunststoff ist gut, weil sie leicht und kostengünstig ist und schön altert. Oder auch Gummi, weil er kratz- und fleckenbeständig ist.

Woran arbeiten Sie gerade noch?

Ich entwerfe unter anderem Murano-­Kerzenleuchter und -luster, Massivholz­möbel für ein ungarisches Unternehmen, eine ­Interior-Kollektion für Kelebek und eine wetterfeste Möbelserie für Zachary A.

Und wovon lassen Sie sich beim Entwerfen inspirieren?

Sich inspirieren zu lassen, heißt, die Welt
so zu betrachten, als ob man nicht dazugehört. Man sollte sich nie von Bildern, sondern von Erlebnissen beflügeln lassen.

Der Kairo-Code: Die Doppelbogenformen der Stühle wurden von königlicher Architektur Ägyptens und dem Monumentalismus Kairos inspiriert. lucedicarrara.it

(c) Luce di Carrara, Kairo Collection, Foto: Nicola Gnesi

Erschienen in
LIVING 04/2024

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Florentina Welley
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