Immobilien-Trends 2025: Bauwirtschaft im Wandel – Energiewende, Nachverdichtung und neue Assetklassen
Die Energiewende bringt die Bauwirtschaft in Bewegung, die Sanierung des Bestands wird zum Normalfall, und bewährte Assetklassen werden neu kombiniert. Unsere Trendvorschau für 2025 verspricht neue Mischungen, neue Chancen und neue Herausforderungen.
Die Magnolie ist eine zarte Blüte. Doch ganz so fragil ist jenes weiße Gebilde, das in Wien-Penzing seine Balkone wie Blütenblätter von sich spreizt, nicht. »Magnolia«, einer der fünf Bauteile des BUWOG-Projekts »Kennedy Garden«, ist ganz schön wuchtig. Zehn Geschoße, sehr viel Masse. 512 Wohnungen wurden insgesamt auf dem Areal verteilt, während die Bauten im Penzinger Dorfkern direkt daneben noch wie aus dem 19. Jahrhundert wirken. Wien hat die Zwei-Millionen-Einwohner:innen-Grenze überschritten und wird allen Prognosen nach weiterwachsen. Da das Bauland begrenzt ist und Bodenversiegelung zunehmend kritisch gesehen wird, heißt die Lösung Nachverdichtung, wo es geht. Damit haben wir auch schon einen Trend, der uns sicher treu bleiben wird: Die bestehende Stadt wird dichter, voller, höher. Auch bislang als unattraktiv geltende Baulücken und Hinterhöfe werden dadurch interessant. Noch dazu müssen auch Kindergärten und Schulen für die schnell wachsende Bevölkerung nachgerüstet werden, das heißt: Erweiterung und Aufstockung.
Nachbarschaften ganz neuer Art
Aussagen in diese Richtung dürfte auch der sehnlich erwartete Wiener Stadtentwicklungsplan »STEP 2035« treffen, der 2025 veröffentlicht werden wird. Mehr Menschen, mehr Baumasse. Das sorgt nicht nur für enges Nebeneinander, sondern ermöglicht auch Nachbarschaften ganz neuer Art, nämlich Energiegemeinschaften. Denn das Thema Energie als Planungskriterium wird uns die nächsten Jahre und Jahrzehnte begleiten und einige neue Möglichkeiten eröffnen. Mit »Raus aus Gas« hat Wien den Weg zur Dekarbonisierung bis 2040 bereitet, an der es schon aufgrund von EU-Kriterien kein Vorbeikommen gibt.
Ein Pilotprojekt der Energiewende im Neubau ist das Village im Dritten in Wien-Landstraße, ein von der ARE Austrian Real Estate entwickelter Stadtteil mit 500 Erdwärmesonden, mit Photovoltaikanlagen und mit Anergienetzen. In der bestehenden Stadt werden Sanierungen immer öfter mit einer Umstellung der Energieversorgung gekoppelt, und das auch grundstücksübergreifend. Etwa der »Superklimablock« in der Simon-Denk-Gasse in Wien-Alsergrund, wo seit April 2024 unter Federführung der Sozialbau AG ein Nahwärmenetz realisiert wird und bei dieser Gelegenheit auch gleich Platz und Straße fußgänger:innenfreundlich umgebaut werden. »Beim Erwerb einer Eigentumswohnung ist es oft ein schmerzlicher Prozess, die anderen Eigentümer:innen als Nachbar:innen zu begreifen, mit denen man nur gemeinsam das Haus weiterentwickeln kann«, sagt Architekt Johannes Zeininger, der mit dem »Smart Block Geblergasse« in Kooperation mit Forscher:innen eine Altbau-Nachbarschaft dekarbonisiert hat. »Das ist besonders spürbar beim Umstieg auf nachhaltige Energiequellen, Nach einer neoliberalen Phase des uneingeschränkten Egos müssen wir angesichts der Herausforderungen die Techniken praktikabler Nachbarschaft neu lernen.«
Langsame Kehrtwende
Dazu passt der dritte Trend, der im Grunde eine langsame 180-Grad-Kehrtwende der gesamten Bauwirtschaft bedeutet: die Umstellung von Abriss und Neubau auf Sanierung und Umbau. Dies vor allem aus Gründen der CO2-Ersparnis, aber auch aus baukulturellen Gründen. Beispiele dafür gibt es bereits reichlich. Dazu zählen besondere denkmalgeschützte Objekte wie das 1954 erbaute »Gewerbehaus« in Wien, das von BWM Architekten mit viel Sinn fürs Detail ins Designhotel »The Hoxton« mit 196 Zimmern umgewandelt wurde.
Aber auch größere Wagnisse wie der Umbau und die Aufstockung einer Schweizer Bankenzentrale als gemischt genutztes Haus mit rund 200 Wohnungen. Die hochkomplexe Baustelle ist derzeit am Aeschenplatz mitten in Basel zu besichtigen. Für Umbauprojekte, welche die Nutzung eines Gebäudes komplett auf den Kopf stellen, gibt es kaum Vorbilder, und es braucht mutige Architekt:innen und Investor:innen, die das Risiko eingehen. Für Architektin Astrid Staufer, deren Büro Staufer & Hasler gemeinsam mit Graser Troxler das Risiko in Basel eingeht, geht es hier nicht mehr darum, ein vorab bestimmtes Raumprogramm in Form eines Neubaus auf die grüne Wiese zu setzen, sondern darum, »ein bestehendes Haus mit der richtigen Nutzung glücklich zu machen.«
Schillernde Schwäne
Dadurch geraten auch Objekte ins Blickfeld, nach denen sich noch vor wenigen Jahren niemand umgedreht hätte. Etwa Industriebauten und Lagerhallen in Gewerbegebieten. Wie man diese »hässlichen Entlein« in schillernde Schwäne verwandelt, zeigen Pioniere wie smartvoll Architekten, die das Handelszentrum 16 in Salzburg mit unterschiedlich großen neuen Nutzungseinheiten anreicherten und grüne Tageslicht-Atrien in die fensterlose Halle hineinstanzten. Auch Wohnungen ließen sich in bestehende Gewerbeobjekte integrieren, idealerweise an Orten mit bestehenden Wohngebieten in der Nähe. »Leer stehende Gewerbehallen finden selten jemanden, der exakt dieses Objekt mit exakt dieser Fläche braucht«, sagt smartvoll-Architekt Christian Kircher. »Wenn man die Fläche jedoch filetiert, hat man sehr gute Chancen am Markt.« Die Herstellungskosten seien etwa halb so hoch wie für einen Neubau, auf den großen Dächern könnten Photovoltaik und Urban Gardening Platz finden.
Doch auch für jene Investor:innen, die lieber auf Nummer sicher gehen wollen, wird es 2025 und darüber hinaus noch reichlich Angebote geben. Studierendenwohnheime, die Rendite-Goldgrube der letzten Jahre, sind weiterhin stark im Kommen und werden den Prognosen nach zunehmend mit ähnlichen Nutzungen kombiniert werden. Der globale Immobiliendienstleister CBRE führte 2023 die neue Assetklasse »Modernes Wohnen« ein und fasst dafür studentisches Wohnen, Serviced Apartments, Co-Living, Micro-Living und Service-Wohnen für Senior:innen zusammen, da diese Segmente vor dem Hintergrund sich wandelnder Metropolen bei Nutzer:innen und bei Investor:innen auf zunehmendes Interesse stoßen. Sie weisen hinsichtlich ihrer Konzepte und Mietmodelle große Ähnlichkeiten auf, wenn auch mit unterschiedlichen zum Teil optional zubuchbaren Komponenten.
Interessante Zeiten
»Die Konzepte sind vielfältig und ergänzen zunehmend das Angebot des klassischen Wohnens für unterschiedliche Zielgruppen«, sagt Tim Schulte, Senior Director und Teamleiter des Operational-Real-Estate-Teams bei CBRE. »Das gilt vor allem vor dem Hintergrund einer zunehmenden Singularisierung der Gesellschaft, der steigenden Mobilität von Arbeitnehmer:innen, den angespannten Wohnungsmärkten und nicht zuletzt auch der alternden Bevölkerung.« Fügt man all diese Trends zusammen, ergibt sich ein Bild, das auf eine spannende Zukunft hindeutet: Aufbau, Zubau und Umbau nebeneinander, neue Nachbarschaften und weitere Vereinzelung zugleich, eine große Energiewende und eine große Bauwende. Interessante Zeiten.