Hollywoodschaukel: Der Star im Schrebergarten
Kaum ein Möbelstück steht so sehr für sommerliche Leichtigkeit, nostalgischen Glamour und einen Hauch Frivolität wie die Hollywoodschaukel. Einst Symbol des »American Way of Life« im Vorgarten, feiert sie heute ihr Comeback als Designobjekt – elegant, schwebend und verführerisch wie eh und je.
War es Alain Delon, der Romy Schneider auf der berühmten Gartenschaukel mit rotem Dach und weißen Fransen eine Liebeserklärung ins Ohr hauchte? Oder Richard Burton, der auf einer ebensolchen seiner Ex-Frau Liz Taylor den zweiten Heiratsantrag machte? Vermutlich beide. Denn wie etliche andere Filmstars der 1960er-Jahre sah man sie des Öfteren fröhlich turtelnd auf der damals neuesten Errungenschaft des glamourösen Lifestyles schwingen. So wie später Millionen andere Menschen in Europa, die es den -Celebritys aus Hollywood nachmachten. Die entsprechend titulierte »Hollywoodschaukel«, der zu Ehren Schlagersänger Bill Ramsey gar einen gleichnamigen Song zum Besten gab, eroberte fortan auch Österreichs Schrebergärten und Freizeitoasen. Nahezu alle Eltern, jede Tante und jeder Opa hatten so ein Ding im Garten stehen. Sogar der ehemalige Kanzler Bruno Kreisky ließ sich anno 1975 in seinem Wiener Domizil beim Gespräch mit den Politkollegen Willy Brandt und Olof Palme in schwungvollem Ambiente abbilden.
Luxus für alle
»Rund zwei Jahrzehnte lang gehörte die Hollywoodschaukel zur Standardausstattung eines Einfamilienhausgartens«, berichtet der österreichische Historiker und Stadtforscher Peter Payer, der sich als einer der wenigen mit dem schwingenden Phänomen wissenschaftlich beschäftigt hat. Meist in Rot, Blau, rot-blau-gelb-grün gestreift oder später auch mit üppigen Blumenmustern. »Im Sommer darauf zu sitzen oder zu liegen – wunderbarerweise war beides möglich – und entspannt vor sich hin zu schaukeln, versinnbildlichte das zunehmend unbeschwerte Lebensgefühl der späten -Nachkriegszeit. Hier konnte man die ›Swinging Sixties‹ wörtlich nehmen und sich modern und heutig fühlen«, so Payer.
Die Vorläufer der Hollywoodschaukel ortet er in zwei verschiedenen Richtungen: Da wäre einmal die »Porch Swing« in den USA, eine lang gestreckte Holzschaukel mit Lehne, auf den Veranden der bürgerlichen Einfamilienhäuser, die allerdings über kein eigenes Dach verfügte. In England hieß sie – und heißt noch – »Garden Swing«. Und dann das »Hängebett mit Dach«, das von europäischen Holzmöbelproduzenten bereits um 1900 hergestellt und angeboten wurde. Payer: »Es handelte sich um eine Hängematte, montiert zwischen zwei hölzernen Stehern, die mit einem Stoffdach überspannt war und im Freien aufgestellt werden konnte.« Gemeinsames Ziel beider Varianten war »die Entwicklung eines beweglichen Möbelstücks, das einen weitgehend wettergeschützten Aufenthalt an der frischen Luft ermöglichte«. Neben dem Vergnügen standen dabei -gesundheitliche und therapeutische Aspekte
im Vordergrund.
Spätestens Mitte der 1970er-Jahre hatte die Hollywoodschaukel ihre Nische in beinahe jedem heimischen Garten. »American Way of Life« in Rot-Weiß-Rot sozusagen. »Die Preise waren aufgrund der steigenden Nachfrage deutlich gesunken«, erzählt Payer, »das kuschelige ›Sommersofa‹ war endgültig zum Symbol des Wohlstands für alle geworden.« Davon zeugen bis heute die beliebten Heimatfilme, wie zum Beispiel »Wenn der Toni mit der Vroni«, in dem Peter Alexander seiner Angebeteten Waltraut Haas auf einer Hollywoodschaukel ein Ständchen singt. Oder populäre TV-Sendungen wie die ZDF-Fernsehreihe »V.I.P.-Schaukel«, in der bis in die 80er-Jahre High-Society-Prominenz rund um die Welt porträtiert wurde.
Tod und Revival einer Ikone
Doch nach und nach wurde es wieder still um das ikonische Gartenmöbel. Mitte der 1980er-Jahre verlor die Hollywoodschaukel an Anziehungskraft. »Ihr Glanz verblasste, sie geriet in den Verdacht der spießigen, allzu bornierten Gemütlichkeit«, so der Forscher. Das Freiluftmöbel galt zunehmend als unmodern, Gärten und Terrassen wurden wieder hollywoodschaukelfrei. Bis, ja bis die schwingende Gartenbank vor etwa zehn, 15 Jahren im Sog der kulturellen Retrowelle als Designobjekt wiederentdeckt wurde. Lässig wie früher, aber in moderner Optik aus Holz, Rattan, hochwertigem Kunststoff oder Edelstahl, mit schlichten, geradlinigen Formen und natürlichen Materialien. Die neuen Hollywoodschaukeln passen heute perfekt zu moderner Architektur und anspruchsvollem Wohnambiente – dafür sorgen renommierte Designer:innen wie Edward van Vliet, Francesco Rota, Patrick Norguet oder Yolanda Herraiz sowie Marken und Häuser wie Paola Lenti, Ethimo, Gandia Blasco, Loberon oder Casa Padrino. Wie anno dazumal propagieren sie die Schaukelbewegung als idealen Ausgleich für den hektischen Alltag. Modelle mit so bezeichnenden Namen wie »Grace Kelly« oder »Marilyn Monroe« garantieren von Haus aus Luxus-Feeling und Glamour-Charakter. Das alles gewürzt mit einem Schuss Frivolität, merkt Peter Payer an. »Denn zu jenen Orten, an denen man zumindest einmal im Leben Sex gehabt haben sollte, gehört – behauptet zumindest die Autorin und Erotikexpertin Charlotte Labouche – mittlerweile auch und unbedingt die Hollywoodschaukel.«