Ein Stück Geschichte fürs Wohnzimmer – im Gespräch mit dem Team von Galerie »Traudes Kinder«
Drei junge Wiener:innen erzählen im Interview, wie sie unter dem Namen Galerie »Traudes Kinder« rare Jugendstil- und Bauhausmöbel kuratieren und wie sich diese in moderne Wohnräume integrieren lassen.
Die Galerie »Traudes Kinder« – das sind Katharina und Christian »Klaus« Ippisch sowie Laura Schoditsch. Drei junge Wiener:innen mit einer gemeinsamen Leidenschaft für Möbel, die mehr sind als bloße Einrichtung: Zeitzeugen, Kunstwerke, Statements. Was sie verbindet, ist nicht nur ihre Geschichte, sondern auch ein Gespür für Design mit Seele. In ihrer Wiener Galerie präsentieren sie eine kuratierte Auswahl seltener Originale aus der Zeit des Jugendstils und des Bauhauses.
Was als Leidenschaft im elterlichen Haus begann, ist heute ein eigenständiges, kuratorisches Konzept. Benannt nach ihrer Mutter Waltraud – genannt Traude – ist der Name eine liebevolle Hommage an die familiären Wurzeln und die klassischen Bezeichnungen von Reformhäusern und Familienunternehmen vergangener Zeiten. Doch bei aller Nostalgie ist die Ausrichtung von »Traudes Kinder« hochmodern: Nachhaltigkeit, zeitloses Design und der Anspruch, Geschichte lebendig und nutzbar zu machen, stehen im Zentrum.
Was »Traudes Kinder« besonders macht
Wer bei »Traudes Kinder« an klassische Vintage-Möbel denkt, liegt falsch. »Was wir machen, hat musealen Anspruch«, erklärt Klaus. Die Galerie hat sich auf seltene Originale mit dokumentierter Geschichte spezialisiert. Jedes Stück im Sortiment ist in der Fachliteratur oder in Ausstellungskatalogen dokumentiert, stammt aus der Zusammenarbeit zwischen renommierten Architekt:innen wie Prof. Josef Hoffmann, Koloman Moser, Otto Wagner (oder deren Schüler:innen) und führenden Wiener Werkstätten der Jahrhundertwende. Zudem wird großer Wert auf eine fachgerechte Restaurierung bzw. Konservierung gelegt. Auf die Frage, warum sie sich genau für diese Epochen entschieden haben, antwortet Klaus »Das sind die ältesten modernen Möbel, die man besitzen kann.«
Die Auswahl ist nicht nur fachlich fundiert, sondern auch subjektiv. »Wenn es uns nicht gefällt, kaufen wir es nicht, selbst wenn der Entwerfer berühmt ist«, erklärt Katharina. Sie sucht gezielt nach »kleinen Masterpieces«, die sich als Statement in moderne Räume einfügen lassen. So finden sich im Sortiment nur Möbel von denen das Team auch selbst hundertprozentig überzeugt ist.
Wie man historische Möbel modern inszeniert
Die drei legen besonderen Wert darauf, dass ihre Möbel nicht bloß als nostalgisches Dekor fungieren, sondern einen echten Platz im Zuhause finden. Dabei empfehlen sie, bewusst mit Kontrasten zu arbeiten: Ein einzeln gesetztes, ausdrucksstarkes Stück könne zum Mittelpunkt des Raumes werden, ob als dunkler Kasten in einer hellen Küche oder als bunt lackierter Frank-Sessel neben einem schlichten Sofa. Wichtig sei, so betonen sie, dass das Objekt Raum zum Wirken bekommt und mit Überzeugung platziert wird. Wer sich darauf einlasse, schaffe oft die spannendsten Kombinationen.
Möbel zum Leben
Die Stücke aus der Galerie »Traudes Kinder« mögen museal wirken, sind aber ausdrücklich für den Alltag gedacht. Die Gründer:innen sehen ihre Objekte nicht als fragile Schaustücke, sondern als funktionale Begleiter. In der Kindheit standen solche Möbel ganz selbstverständlich im Wohnzimmer der Familie, dort wurde gegessen, gelernt und gelebt. Genau diese Selbstverständlichkeit wollen sie weitergeben. Es gehe darum, die Möbel mit Respekt zu behandeln, ohne ihnen ihre Funktion zu nehmen. Wichtig sei dabei ein bewusster Umgang mit Materialien: Direkte Sonneneinstrahlung, Wasserränder oder Staunässe seien zu vermeiden, ebenso wie eine zu enge Platzierung an der Wand. Wer darauf achtet, hat lange Freude an den Möbeln und kann sie auch tatsächlich nutzen.
Klassiker im Trend
Die wachsende Beliebtheit historischer Einzelstücke ist längst auch bei einer jüngeren Zielgruppe angekommen, nicht nur aus ästhetischem Interesse, sondern als bewusste Gegenbewegung zur Wegwerfmentalität der Möbelindustrie. Besonders Bauhaus-Klassiker mit Stahlrohr und Freischwinger erleben ein Revival, weil sie sowohl formal als auch inhaltlich überzeugen. Für Laura liegt darin ein klarer Trend: »Wir sind eine Generation, die sich stark über Gestaltung ausdrückt, aber gleichzeitig wissen will, wo etwas herkommt und wohin es geht.«
Das Team von Traudes Kinder versteht Nachhaltigkeit dabei nicht als Trend, sondern als Selbstverständlichkeit. Restauriert wird mit traditionellen Techniken und Naturmaterialien. Die meisten Stücke stammen aus Wien oder Umgebung, werden lokal aufgearbeitet und behalten bewusst ihre Geschichte, wenn sie wieder weitergegeben werden. »Wir arbeiten mit dem, was schon da ist«, sagt Katharina. »Und das ist nicht nur ökologisch klug, sondern auch kulturell wertvoll.«
Ihre Lieblingsstücke
Und natürlich gibt es auch Lieblingsstücke, die den drei Kurator:innen ganz besonders ans Herz gewachsen sind. Katharina liebt die farbig lackierten Josef-Frank-Sessel mit Wiener Geflecht. Klaus hängt an einem Tischchen, das sich nach intensiver Recherche als Gemeinschaftsarbeit von Josef Hoffmann und Joseph Maria Olbrich herausstellte. Laura wiederum schwärmt für Kohn-Stühle, von denen sich auch zwei in ihrem Wohnzimmer befinden. Sie sind zwar nicht besonders bequem, dafür aber umso schöner anzusehen.