Detox: frei von der Leber
Als größtes Organ unseres Körpers fristet die Leber ein Schattendasein, das diesem Stoffwechselkraftwerk wenig gerecht wird. Sie hält uns gesund und schlank, verstoffwechselt Gift- wie Nährstoffe – und lässt sich durch gezielte Ernährung und achtsamen Umgang leicht regenerieren.
Stellen Sie sich vor, Sie haben da diesen einen Freund. Sehr gutmütig und stets zur Stelle. Er bügelt viel für Sie aus und schluckt so einiges. Nie meckert er und meist merken Sie gar nicht, was er alles für Sie tut. Bis ihm etwas über die Leber läuft – und die Freundschaft aus dem Ruder.
So mag es auch Ihrer Leber ganz wortwörtlich mit Ihnen gehen. Das besagte Sprichwort kommt nämlich nicht von ungefähr: Denn wie den eingangs erwähnten Freund behandeln die meisten von uns ihre Leber. Wir verschwenden kaum Gedanken an ein Organ, welches da wirklich ganz Großartiges für uns leistet! Beachtung schenken wir ihm erst, wenn es zickt und sich die ersten Probleme einstellen. Die reichen von Abgeschlagenheit über Gewichtszunahme bis zu Gelbsucht. Falls Sie diese Symptome verspüren sollten: Damit sind Sie nicht alleine. Diese kennen, tragischerweise, die meisten von uns: Eine Fettleber, also der krankhafte Zustand der Leber, wenn sie einen erhöhten Fettgehalt hat, trägt jede:r dritte Mitteleuropäer:in heutzutage mit sich herum. Diese hohe Zahl sollte aber nicht für einen lockeren Umgang sorgen, im Gegenteil: Es schmälert kaum die Tatsache, dass eine unkontrollierte Fettleber irgendwann in einer tödlichen Leberzirrhose enden kann. So ist die Fettleber zwar eine typische Wohlstandserkrankung, aber ähnlich wie mit Übergewicht ist mit ihr nicht zu spaßen. Beides bedingt sich übrigens meist gegenseitig. Ein Umstand, den Internist:innen nicht müde werden zu erklären, und der dennoch gerne vergessen wird. Gesamtgesellschaftlich wie individuell nimmt nach wie vor das Thema Herzgesundheit in der Medizin den ersten Platz ein. Zeit, dies zu ändern. Während dem Muskel Herz überproportional viel Aufmerksamkeit zuteilwird, fristet die Drüse Leber ein Schattendasein. Dabei sprechen die Fakten für sie: Als unser wichtigstes Stoffwechselorgan bringt der »Alltagsheld Leber« ungefähr das fünffache Gewicht des Herzens auf die Waage. Als Schwergewicht hat es auch Erstaunliches zu leisten: Es verstoffwechselt, kontrolliert, entgiftet und scheidet aus. Dafür werden täglich 2000 Liter Blut durch die Leber gepumpt.
Auch interessant: Beim Kohlenhydratstoffwechsel sorgt unter anderem die Leber dafür, dass der Zuckerspiegel im Blut – Stichwort Blutglukose – konstant bleibt. Steigt der Zuckerspiegel im Blut, beispielsweise nach einer Mahlzeit, nimmt die Leber den Zucker über die Pfortader auf und speichert ihn als Glykogen. Soll der Blutzuckerspiegel erhöht werden, baut die Leber Glykogen ab und gibt den Zucker an das Blut ab. Die Leber hat also ganz schön viel zu tun – und nicht nur das: Sie speichert neben Zucker auch Vitamine und Mineralien wie Eisen und Kupfer und gibt sie bei Bedarf an das Blut ab. Giftige Stoffe hingegen wandelt sie in ungiftige um und sorgt dafür, dass sie wieder ausgeschieden werden.
Zeit für Veränderung
Viele Fakten zu unserer Leber kennen wir nicht und obwohl es massiven Aufholbedarf gibt, ist die mitunter wichtigste Tatsache folgende: Unsere Leber kann sich auch wieder erholen. Es ist ein ganz erstaunliches Organ, das sich zwar durch konstante Ignoranz beleidigen lässt, aber diese Beziehung lässt sich auch wieder kitten. Mit Fürsorge und der richtigen Diät. Oder nennen wir es anders: mit der ihr gebührenden Aufmerksamkeit. Der erste Schritt in die richtige Richtung ist ein umsichtiger Umgang mit Alkohol. Männer verstoffwechseln Alkohol etwas besser als Frauen, da Frauen das entsprechende Enzym fehlt. Das bedeutet im Klartext: Praktisch veranlagte Ärzt:innen raten zu einem strukturierten Umgang, der schon viel bewirken kann. Wer im Jahr einen Monat auf Alkohol verzichtet, im Monat auf eine Woche und in der Woche auf einen Tag, gönnt seiner Leber wichtige Erholungspausen, die sie braucht, um sich um alles andere zu kümmern. Zum Beispiel um Medikamente, die wir nehmen, aber auch um Nikotin, Fast Food und Süßes.
Diese Pausen lassen sich auch auf die Nahrung übertragen: Intervallfasten lässt nicht nur die Kilos purzeln, sondern auch die Leber aufatmen. Diese wichtigen Atempausen helfen dem Stoffwechselkraftwerk und machen sich schnell bemerkbar: Energie und Konzentration steigen, Rücken- und Kopfschmerzen klingen ab und selbst die Verdauung funktioniert wieder besser. Alles geht miteinander Hand in Hand. Deshalb ist es auch kaum erstaunlich, dass Internist:innen »Hafertage« fix auf ihrem Medikationsplan haben, denn diese können wahre Wunder wirken. Hafertage, einmal wöchentlich in den Speiseplan integriert, tragen massiv zur Heilung einer Fettleber bei. Dabei dürfen morgens, mittags und abends nur Haferflocken mit minimaler geschmacklicher Beigabe gegessen werden.
Gesunde lösliche Ballaststoffe finden sich in Schwarzwurzel, Topinambur, Artischocke, Chicorée und Pastinake. Aber auch Hülsenfrüchte, Zitrusfrüchte und Beeren tragen zu einer gesunden Leberfunktion bei. Ist die Leberfunktion erst mal wieder gestärkt, hat dies auch positive Auswirkungen auf Darmflora und Blutfette. Eine bewusste Ernährung, die vielfältig, unverarbeitet, biologisch und heimisch ist, entstresst also nicht nur die Leber, sondern auch den gesamten Alltag. In diesem Sinne: Machen Sie Ihre Leber glücklich, der Rest folgt (fast) von alleine!