Da fallen mir richtig viele Dinge ein. Im Grunde war das Kosmos Theater schon vor der Eröffnung meiner ersten Saison als künstlerische Leiterin eine große Bereicherung, weil ich ansonsten vermutlich nie so tief in feministische Theorien und die feministische Literatur eingetaucht wäre.

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Auch auf privater Ebene hat mir diese intensive Auseinandersetzung das eine oder andere Erweckungserlebnis beschert. Damals wusste ich noch nicht, dass wir fünf Jahre später an einem Punkt sein würden, an dem Feminismus viel weiter und intersektionaler gedacht wird, an dem es viel mehr um den Gedanken geht, gemeinsam für Gerechtigkeit und Fairness zu kämpfen, anstatt zu überlegen, wer Täter und wer Opfer ist.

Diese Entwicklungen spiegeln sich in unseren Stücken, aber auch in unserem Publikum wider, das heute viel durchmischter ist als 2018. Mit ‚Einfach das Ende der Welt‘ eröffnen wir die kommende Spielzeit auch mit einem Stück eines männlich gelesenen Autors. Das ändert jedoch nichts daran, dass wir uns weiterhin als feministisches Haus begreifen.

Eine weitere schöne Entwicklung ist, dass wir heute weitaus weniger tief graben müssen, um zeitgenössische Theatertexte zu finden, die von weiblich gelesenen Personen geschrieben wurden. Durch #MeToo und die Quotenregelung beim Berliner Theatertreffen hat sich in dieser Hinsicht viel getan. Das merke ich auch daran, dass ich immer wieder angerufen und gefragt werde, ob ich Regisseurinnen und Autorinnen empfehlen kann. Was ich natürlich gerne mache. (Lacht.)

Geht es um konkrete Höhepunkte, fällt mir unter anderem die Eröffnungsinszenierung ein. Für die Produktion ‚Mütter‘ haben wir ein riesengroßes Loch in den heiligen Bühnenboden gerissen. Diese erste Arbeit zu stemmen war bis zuletzt ein immenser Nervenkitzel. Noch viel größer war jedoch die Freude darüber, dass in einer der Rezensionen stand, dass das Kosmos Theater damit im Feminismus der Gegenwart angekommen ist – denn genau das wollten wir.

Zu den schönsten Momenten meiner bisherigen Leitung gehört aber auch jener, als mich das Deutsche Theater in Berlin anrief, um mir zu sagen, dass wir mit ‚Koralli Korallo‘ bei den Autor*innentheatertagen gastieren dürfen. Ich würde mal sagen, dass das unserem Publikum ziemlich wurscht ist, aber für uns war es toll. Unser Publikum war es im Übrigen auch, das während der Zeit der Corona-Auflagen regelmäßig dafür gesorgt hat, dass ich Tränen in den Augen hatte.

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Wenn ich an diese Monate zurückdenke, kann ich immer noch nicht glauben, wie viel diese Leute auf sich genommen haben, um zu uns zu kommen. Und zu guter Letzt: Als wir Elfriede Jelinek eine Aufnahme unserer Inszenierung von ‚Das Werk‘ geschickt haben, hat sie sich mit einer Lobeshymne zurückgemeldet.

Zur Person: Veronika Steinböck, Künstlerische Leiterin

Studierte Schauspiel am Max Reinhardt Seminar und leitet seit fünf Jahren das Kosmos Theater, das sie mit einem Fokus auf zeitgenössisches Sprechtheater neu ausrichtete. Sie hat ein Händchen für kluge, gut geschriebene, witzige Texte mit feministischem Anspruch.