Glücklich, geschafft. Alex Balga atmet tief durch. Die wichtigste Hürde, so der Regisseur, sei für ihn persönlich genommen. Und damit meint er weder die kreativen Wehen noch die intensiven Probenprozesse, sondern die Präsentation der Besetzung von „Maria Theresia – Das Musical“. Diese gleicht – noch lange vor der Premiere – einem komprimierten Höhepunkt, bei dem sich Presse und Fans einen ersten Eindruck verschaffen können. Und sie machen von dieser Möglichkeit auch vielzählig Gebrauch.

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Unmittelbar nach dem Bad in der Menge haben wir den renommierten Musiktheatermacher im Ronacher zum Interview getroffen. „Vor dem heutigen Tag hatte ich wirklich Lampenfieber“, bekennt er gleich zu Beginn, „denn ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt, aber bei einem solchen Termin muss man natürlich auch als Regisseur auf die Bühne, um das Projekt vorzustellen.“

Das überrascht umso mehr, als der gebürtige Mistelbacher seine Karriere als Musicaldarsteller begonnen hat.

„Ich bin mit meiner Großmutter in jedes Theater in Wien gegangen und habe sehr früh eine Begeisterung für die Bühne entwickelt. Als Kind habe ich Klavier gespielt, Bühnenbilder gebastelt und in einem A-cappella-Chor gesungen. Als wir in der Schule eine Musical-Show einstudiert haben, hat sich das Regie-Gen bereits bemerkbar gemacht, denn ich habe alle herumdirigiert“, erinnert er sich amüsiert.

Nach dem Gymnasium schaffte er die Aufnahmeprüfung am Konservatorium der Stadt Wien und absolvierte später auch die hausinterne Schauspielschule des Theaters an der Wien, die als Musical-Kaderschmiede galt. Sein professionelles Bühnendebüt gab er im Raimund Theater als Swing – so wird ein Darsteller bezeichnet, der bei Bedarf für verschiedene Parts einspringen kann – in „Grease“.

Maria Theresia erinnert mich in ihrern Entschlossenheit an meine Mutter.

Alex Balga, Regisseur
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Rasch wurden die Rollen größer, Alex Balga ging nach Deutschland, spielte u. a. in „Les Misérables“ und erhielt bei Mehr-Entertainment, heute ATG, in Düsseldorf die Chance, einen frei gewordenen Raum zu bespielen. „Dafür bin ich bis heute dankbar, denn das war der Startschuss für meinen Wechsel ins Regiefach. Die Produzenten haben mir vertraut, ich durfte in der Folge ‚Saturday Night Fever‘ inszenieren, konnte mit Regisseuren wie Michael Mayer in New York zusammen- arbeiten, habe es bis zum künstlerischen Leiter gebracht und bin dieser Firma viele Jahre lang treu geblieben.“

Zweieinhalb Jahrzehnte später klingt sein Regieschaffen wie ein Auszug aus dem Musical-Almanach. Seit 2019 ist er auch Intendant des Musicalsommers Amstetten, wo er im letzten Jahr „We Will Rock You“ realisierte.

Ultimative Kaiserin

Die Inszenierung der neuen VBW-Eigenproduktion stellt zweifellos einen weiteren Höhepunkt in Alex Balgas Karriere dar und ist für ihn auch nicht zuletzt deshalb besonders wichtig, als sie ihn an die Stätten seiner Anfänge zurückführt.

„Maria Theresia ist wohl für jeden Österreicher und jede Österreicherin allgegenwärtig und hat vieles bewegt, was unseren Alltag bis heute beeinflusst. Sie hat Legendenstatus, bleibt in vielem aber auch mysteriös, weil die historische Wucht alles überdeckt. Uns war es ein Anliegen, den Menschen sichtbar zu machen, denn diese Frau hatte natürlich auch Gefühle und war in diesen durchaus ambivalent. Sie selbst konnte ihre große Liebe heiraten, hat es ihrer Tochter aber verboten. Einerseits war sie ein absoluter Workaholic, andererseits ein Familienmensch. Sie musste Konventionen brechen, um sich in der erzkatholischen Männerwelt zu behaupten, und polarisierte mit vielen Entscheidungen auch. Nicht alles, was sie getan hat, war großartig. Genau das macht sie aber so spannend. Oft hat sie aus Überzeugung gehandelt, manchmal aber auch aus Kalkül. Und mitunter hat sie Fehler später erkannt und daraus gelernt. Wir zeigen nicht nur das Schöne, sondern schauen auch dorthin, wo es wehtut.“

Beleuchtet wird Maria Theresias Biografie von ihren Teenagerjahren bis zum Tod des geliebten Gatten Franz Stephan.

„Die Herausforderung besteht selbstverständlich auch darin, diese unvorstellbare Vita in zwei Stunden Unterhaltung zu verpacken.“

Maria Theresia
Musikalischer Vorgeschmack. Fabio Diso, Nienke Latten und Aeneas Hollweg (von links) sangen bei der Präsentation im Ronacher die Ballade „Was du damit tust“.

Foto: Andreas Jakwerth

Moderner Fokus

Alex Balga hat sein Engagement an die Bedingung geknüpft, einen zeitgenössischen Ansatz wählen zu können und mit heutigem Blick auf die royale Figur und den Menschen zu schauen.

„Ich möchte Historie und Moderne fusionieren, um die Statue, als die man Maria Theresia oft wahrnimmt, zu entstauben. Es wird cineastisch, es wird schnell, es wird fokussiert. Wir werden mit Konzertlicht arbeiten und einen filmmusikalischen Sound entfalten. Laut und intensiv. Ich habe immer gesagt, es muss sich so anhören, als würde man das Radio aufdrehen, und es läuft ein Hit nach dem anderen. Pop, Rock, Hip-Hop. Dazwischen aber auch Cembaloklänge. Ein Reifrock kann ruhig auch aus Jeansstoff sein und so unsere Gegenwart widerspiegeln. Das Bühnenbild wird nicht nur barock sein, sondern auch Stahlelemente und Neonröhren implizieren. Tänzerisch werden wir sogar Parkour erleben, bei dem sich die Akteure frei über diverse Objekte bewegen. Das Stück muss zuerst in den Bauch gehen und von dort in den Kopf.“

Es sei ihm auch wichtig gewesen, dass die Besetzung unsere aktuelle Gesellschaft abbilde. „Das Publikum soll auf der Bühne Menschen sehen, die ihm auch auf den Straßen begegnen.“

Als Inspiration für die Figur der Kaiserin diente Alex Balga übrigens ein besonderer Mensch in seinem Leben: „Maria Theresia erinnert mich in ihrer Entschlossenheit an meine Mutter, zu der ich eine sehr gute Beziehung pflege. Auch sie ist eine starke Frau und hat trotz vieler Hindernisse eine Firma geführt und mich allein großgezogen. ‚Maria Theresia‘ erzählt keine Leidensgeschichte, sondern weist in die Zukunft und stellt die Frage, wie weit wir mit Gleichberechtigung und Selbstverwirklichung heute tatsächlich sind. Die Botschaft des Stücks ist klar: Wenn man einen starken Willen hat und Brücken baut, lässt sich vieles erreichen.“

Alex Balga
Alex Balga wuchs in Mistelbach auf, studierte Schauspiel, Gesang und Tanz in Wien, war als Musicaldarsteller erfolgreich und begann schon früh, auch Regie zu führen. Er inszenierte u. a. „Cabaret“, „Hair“, „Saturday Night Fever“, „The Rocky Horror Show“, „Jesus Christ Superstar“ und die Uraufführung von Hape Kerkelings „Kein Pardon – Das Musical“, war bei „Miami Nights“ auch Co-Autor und fungierte in seiner Laufbahn zudem als künstlerischer Leiter und Stückeentwickler. Seit 2019 leitet er den Musicalsommer Amstetten, wo er heuer „Augustin“ mit Musik von Wolfgang Ambros inszenierte.

Foto: Andreas Jakwerth

Unbedingter Teamplayer

„Wenn ich Regie führe, integriere ich alle im Raum“, erklärt Alex Balga seinen Zugang.

„Man muss Weitblick bewahren und versuchen, eine kreative Atmosphäre zu schaffen, bei der sich jeder einbringen kann. Nur so gelingt es auch, das Beste aus jedem herauszuholen. Ich arbeite sehr genau mit den Darstellerinnen und Darstellern, damit sie ihre eigenen Emotionen in der jeweiligen Rolle finden können. Eigentlich lege ich es an wie ein Schauspielstück, bei dem es zunächst nur um den Text und seine Bedeutung geht.“

Was die Frage aufwirft, warum er ausschließlich Musical inszeniert? „Ich habe damit begonnen und bin dabeigeblieben, obwohl ich immer gerne auch Operette und Schauspiel gemacht hätte. Aber hoffentlich kommt das noch. Ein Musical ist dann gut, wenn der Übergang vom Sprechen in den Gesang und den Tanz fließend ist. Das beste Beispiel dafür ist Fred Astaire. Wenn das gelingt, ist Musical hohe Kunst. Und das zu erreichen, ist jedes Mal mein Ziel.“

Hier zu den Spielterminen von Maria Theresia im Ronacher!