Er empfinde sich als „eine Art freundlicher Kulturpolizist, der den Weg weist und alles regelt“, sagte Dirigent Zubin Mehta einmal. Und es sind nun bereits rund 60 Jahre, in denen er die bedeutendsten Orchester der Welt leitet. Längst gehört Zubin Mehta zu den allergrößten seiner Zunft, er feiert demnach heuer nicht nur seinen 85. Geburtstag – den er am 29. April begeht -, sondern auch die 60-jährige Zusammenarbeit mit den Wiener und den Berliner Philharmonikern sowie dem Israel Phiharmonic Orchestra.

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Sein Weg war seit jüngster Kindheit, die er in Mumbai in Indien verbrachte, vorgezeichnet – fast. Als seine Familie ihn zu einem Medizinstudium bewegen wollte, willigte er kurzzeitig ein, sagte aber: „Wenn ihr wollt, studiere ich Medizin, aber es wird mir nicht gefallen. Ich muss Musiker werden.“

Mit 18 Jahren zog Zubin Mehta nach Wien

Bei seinem Vater stieß er dabei auf großes Verständnis, war dieser doch Konzertviolinist und Gründer des Bombay Symphony Orchestras. Zu Hause lagen nicht nur Partituren und Plattenaufnahmen herum, auch das Bombay String Quartett übte dort. Schon früh lernte der junge Zubin Partituren auswendig.

1954 zog er im Alter von 18 Jahren nach Wien, um Kontrabass und Dirigieren zu studieren. Seine Instrumentauswahl war pragmatisch: Er dachte, dies sei das Instrument, mit dem er es am schnellsten in ein Orchester schaffen würde, wie er in seiner Autobiografie „Die Partitur meines Lebens“ beschreibt. Darin skizziert er auch, welche Bedeutung es für ihn hatte, in Wien nun Musik live in Konzertsälen wie dem Goldenen Musikvereinssaal erleben zu können, nicht nur vom Plattenspieler: „Ich erlebte eine Art Kulturschock, weil natürlich vieles ganz anders klang, als ich es im Ohr hatte. Ich ging in Konzerte und meinte, die Stücke zu kennen. Aber meine Quellen, die väterlichen Schallplatten, konnten damals natürlich bloß ein Klangbild von höchst unzulänglicher und nur entfernt an die Wirklichkeit heranreichender Qualität erzeugen.“ Alles sei, so Zubin Mehta, meilenweit von dem entfernt gewesen, „was ich von den kratzigen Platten her kannte, dass ich es kaum fassen konnte.“

Dirigier-Unterricht bei Hans Swarowsky

Natürlich prägten ihn diese Konzerterlebnisse. Ebenso die unzähligen Besuche am Stehplatz der Wiener Staatsoper, die ihm ein ihm bisher fremdes Genre näher brachten. Eine gewichtige Rolle spielte auch der Dirigier-Unterricht bei Koryphäe Hans Swarowsky. Schon 1958 gewann er den Liverpool International Conducting Wettbewerb, 1960 debütierte er mit dem New York Philharmonic Orchestra und dem Philadelphia Orchestra. „The sky is the limit for this man“ hieß es damals in einer Kritik.

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Viele Jahre blieb er Klangkörpern in Nordamerika verbunden. Er war musikalischer Direktor des Montreal Symphony Orchestras und des Los Angeles Philharmonic Orchestras, später der New York Philharmonics. Zudem leitete er das Israel Philharmonic Orchestra viele Jahre, bis er, obwohl zum Musikdirektor auf Lebenszeit ernannt, 2019 auf eigenen Wunsch übergab. Von 2006 bis 2014 war er Präsident des Festivals del mediterrani in Valencia, wo er den Palau de les Arts Reina Sofia selbst eröffnete.

1963 debütierte Zubin Mehta als Operndirigent

Auch als Operndirigent war Zubin Mehta seit seinem Debüt 1963 in Montreal regelmäßig und höchst erfolgreich tätig. Auch an der Met, der Wiener Staatsoper, dem Royal Opera House in London, in Berlin, München - wo er 1998 bis 2006 musikalischer Direktor der Bayerischen Staatsoper war - Florenz und bei den Salzburger Festspielen stand er in den vergangenen Jahrzehnten regelmäßig am Pult. Dabei war sein Operndebüt in Europa 1964 ein durchaus „kühnes“ Unterfangen. Der Dirigent beschrieb es selbst einmal so: „Ein in Österreich ausgebildeter Dirigent, der aus Indien stammte und in Amerika Chef zweier Orchester war, sollte in Italien eine italienische Oper dirigieren! Man war einigermaßen zufrieden mit mir – und ich auch.“

Schon damals spielte er mit dem Maggio Musicale aus Florenz, das ihm später zu Heimat werden sollte. In dessen Nähe besitzt er eine wunderschöne, versteckt liegende Villa, in der ihn die Autorin dieser Zeilen einmal interviewen durfte. Heute ist das Maggio Musicale Fiorentio jenes Orchester, mit dem er die Welt bereist.

Bis heute vielbeschäftigt auf der ganzen Welt

Bei den Salzburger Pfingstfestspielen ist auch der nächste Auftritt des Dirigenten mit diesem Klangkörper geplant. Das Orchester sorgte erst kürzlich mit Streaming-Konzerten aus Mailand (mit dem Orchester der Scala) und Berlin (mit den Berliner Philharmonikern) für Aufsehen.

In Salzburg soll es Ende Mai Puccinis „Tosca“ in einer konzertanten Aufführung mit Anja Harteros, Jonas Kaufmann und Bryn Terfel geben. Mit dem Maggio Musicale Fiorentino ist im Juni auch eine Serie von Verdis „La Forza del Destino“ in Florenz geplant. Außerdem steht ein Konzert mit Werken von Brahms am Programm. Und im Juli plant man in München mit Zubin Mehta und seiner „Aida“ bei den Opernfestspielen der Bayerischen Staatsoper, die konzertant mit Anita Rachvelishvili und Krassimira Stoyanova aufgeführt werden soll.

Universalist vom Beichtvater bis zum musikalischen Ratgeber muss man eine Menge Rollen beherrschen."

Zubin Mehta über den Beruf des Dirigents

Bis heute ist Zubin Mehta das geblieben, als was er sich selbst in seiner Autobiografie beschreibt - „Universalist: vom Beichtvater bis zum musikalischen Ratgeber muss man eine Menge Rollen beherrschen. Ein solcher Universalist bin ich aber auch in meiner musikalischen Gewichtung. Ich habe mich nie auf eine bestimmte Musik spezialisieren wollen. Und das wäre auf dem Weg, den ich in meinem Beruf eingeschlagen habe, auch gar nicht möglich gewesen.“

Herzlichen Glückwunsch wünschen wir dem Universal-Kulturpolizisten!

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